Servoantrieb Risikobehaftete Vertikalachsen: Sicherheit steckt im Antrieb

Autor / Redakteur: Karl Pickan / Stefanie Michel

Lasten, die auf vertikalem Weg transportiert und positioniert werden, sind ein Sicherheitsrisiko für Mensch und Maschine – und eine Herausforderung für die Konstruktion. Eine kostengünstige Lösung bieten Antriebsregler, die die im Antrieb integrierten Federkraftbremsen steuern und überwachen.

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Solche schweren Lasten an Vertikalachsen sind ein Sicherheitsrisiko. Neue Servoumrichter stellen Sicherheitsfunktionen zur Verfügung, die die Bremsen zuverlässig überwachen.
Solche schweren Lasten an Vertikalachsen sind ein Sicherheitsrisiko. Neue Servoumrichter stellen Sicherheitsfunktionen zur Verfügung, die die Bremsen zuverlässig überwachen.
(Bild: © StudioLaMagica - Fotolia.com)

Risikobehaftete Vertikalachsen sind bei vielen Maschinen zu finden. Doch die traditionelle Lösung einer sicheren Bremsenansteuerung gestaltet sich aufgrund neuer Sicherheitsnormen problematisch, weil die ausreichende Funktion der Motorbremse periodisch zu testen ist. Dazu kommt auch noch, dass die Einbettung der Testfunktion in die Standardsteuerung im Konflikt steht zu den Anforderungen der Sicherheitsnorm ISO 13849-1. Was ist zu tun? Die Antwort von Kollmorgen ist deshalb einfach, weil sie auf der antriebsbasierenden Sicherheitstechnik beruht – in Form der Sicherheitsfunktion „Safe Brake Control“ mit integriertem Bremsentest.

Die neue Servoumrichtergeneration AKD2G von Kollmorgen ist ein Beispiel dafür, wie sich mit mehr Sicherheit ein Mehr im Maschinen- und Anlagenbau erreichen lässt. Die Geräte stellen mit Safe Brake Control (SBC) und Safe Brake Test (SBT) reglerseitig wichtige Sicherheitsfunktionen zur Verfügung. Die Idee, Sicherheitsfunktionen mit der im Antriebsmotor integrierten Haltebremse zu realisieren, setzt vor allem in Einsatzbereichen an, bei denen redundante, zweikanalige Sicherheitsbremsen zu kompliziert oder zu teuer sind. Gerade diese Einsatzgebiete werden nicht zuletzt durch kollaborierende Produktionen immer häufiger anzutreffen sein. Der Mensch rückt dichter an die Fabrikautomation heran – sei es im Einrichtbetrieb, bei der Bestückung oder bei Wartungen. Solche Tätigkeiten mit einer engen Beziehung zwischen Mensch und Maschine sind nur dann möglich, wenn das Miteinander sicher ist.

Sichere Bremsenüberwachung

Welche Rückschlüsse lassen sich daraus für vertikale Lasten ziehen? Generell gilt, dass die im Antriebsmotor eingebaute Haltebremse so konzipiert sein muss, dass sie die vertikal auf eine Achse wirkende Last sicher halten kann. Daraus folgen in der Umsetzung zwei Effekte: eine ausreichende Dimensionierung der Haltebremse mit einem Drehmomentüberschuss von 30 % zur Maximallast und eine sichere Erkennung von Fehler oder Verschleiß, die zu einem Unterschreiten des ermittelten Bremsmoments führen. Würde dieser Fall eintreten, wäre der Schutz von Personen nicht mehr gewährleistet, weil das Risiko stiege, dass Lasten durchrutschen. Damit auf diese Weise ein Verschleiß sicher erkennbar ist, brachte Kollmorgen mit „Safe Brake Test“ eine wirksame Sicherheitsfunktion in die Antriebsregler der Reihe S700 sowie in die Reihe AKD2G.

Die Safety-Funktion „Safe Brake Test“ (SBT) hat die Aufgabe, die in den Servomotoren der Kollmorgen-Reihen AKM und AKM2G eingebauten Federkraftbremsen regelmäßig zu testen. Das sich aus der Applikation ableitende geforderte Bremsmoment wird in vorgegebenen Intervallen automatisch von der Sicherheitstechnik im Antriebsregler überprüft und die sicherheitsrelevante Funktion damit sichergestellt.

Schrittweise Abfall des Bremsmoments überwachen

Verluste des Nennbremsmoments einer Federkraftbremse können mehrere Ursachen haben. Typisch sind verglaste oder abgenutzte Reibbeläge, Ölrückstände sowie der Bruch von Federn. Brechen Federn aufgrund von Materialermüdung, kann die Federkraftbremse nicht mehr ihr volles Bremsmoment erreichen. Weil davon auszugehen ist, dass nicht alle Federn gleichzeitig brechen, lässt sich also von einem schrittweisen Abfall des Bremsmomentes ausgehen. Und dsa lässt sich mit SBT überwachen. Je nach Risikobeurteilung einer Anwendung erfolgen solche Tests im Minimum ein Mal pro Schicht.

Weil für den SBT Drehmomente aufzubringen sind, ist die Integration dieser Safety-Testfunktion in die Antriebsregler der einzige Weg, denn die Regler müssen dieses Moment erzeugen. Vergleichbare Testfunktionen, die in der Vergangenheit von der Anlagen-SPS unternommen wurden, sind in der aktuellen Normenwelt problematisch. Hier greift speziell die ISO 13849 (Gestaltung und Integration sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen). Diese sieht vor, dass die Parameter zum Bremsentest sicher konfiguriert sein müssen. Weil eine externe Safety-SPS aber keine Drehmomente aufbringen kann, bietet es sich an, den SBT in die Kollmorgen-Servoregler zu integrieren und damit im Zusammenspiel mit der Safe Brake Control (SBC) den Performance Level d zu erreichen.

Schlanker Aufbau der Sicherheitstechnik

Für den laufenden Betrieb bringt Kollmorgen mit Safe Brake Control eine weitere Sicherheitsfunktion in die Antriebsebene. Diese lässt sich über die grafische Nutzeroberfläche der Kollmorgen Workbench komfortabel konfigurieren – und dieses ohne eine weitere Applikationssoftware für die Sicherheitstechnik. Weil eine sichere Bewegungsführung auch sinnvollerweiser eine sichere Kommunikation benötigt, nutzt die neue Gerätefamilie AKD2G dafür FSoE – das Sicherheitsprotokoll für Ethercat. Die Kommunikation für die Sicherheitstechnik fließt somit in die vorhandene Echtzeitkommunikation der Maschine ein. Damit entfällt eine zusätzliche sichere Verdrahtung samt der sicheren E/A-Module zur Ansteuerung der Safe-Motion-Funktionen. Die Vorteile: rund 15 % Platzersparnis im Schaltschrank bei gleichzeitig bis zu 20 % geringeren Kosten für die Sicherheitstechnik. Zudem steigt die Verfügbarkeit, weil weniger Komponenten und Kabel die Ausfallsicherheit verbessern.

Kollmorgen flankiert diesen schlanken Ansatz, antriebsbasierte Sicherheitslösungen für vertikale Lasten zu realisieren, mit einer sicheren Stromabsenkung der Motorbremse. Zum Hintergrund: Für das Lüften einer Federkraftbremse kommt eine Magnetspule zum Einsatz. Weil für das Lüften ein höherer Strom notwendig ist als für das Halten im gelüfteten Zustand, lohnt es sich, den Strom entsprechend zu reduzieren. Damit verbunden sind zwei Vorteile: Zum einen sinkt der Energieverbrauch während des Maschinenbetriebs und zum anderen erhöht sich die Motorleistung, weil sich weniger Wärme im Inneren des Motors ausbreitet.

Fazit: Kostengünstige Lösung erreicht Performance Level d

Die ursprüngliche Aufgabe von Federkraftbremsen in Servomotoren besteht darin, Lasten zu halten oder während eines Notstopps unmittelbar zuzugreifen. Diese Komponenten sind von ihrer Konzeption keine Sicherheitsbauteile und verfügen deshalb auch nicht über eigene PL oder PFH-Werte. Indem aber die Antriebsregler in die Lage versetzt werden, Federkraftbremsen sicher zu steuern und vor allem auch sicher zu überwachen, lässt sich auf einfache und kostengünstige Weise ein Performance Level d erreichen – mit einer zweiten externen Bremse auch PLe.

* Karl Pickan ist Produktmanager Sicherheitstechnik bei der Kollmorgen Europe GmbH in 40880 Ratingen

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