Industrielle Kennzeichnung Beschaffungorganisation lässt sich oft optimieren
Die Bedeutung industrieller Kennzeichnungen wird oft unterschätzt. Obwohl ein systematisches Vorgehen in diesem Bereich spürbare Kostensenkungen möglich macht.
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Industrielle Kennzeichnungen werden oft als lästiges Nebenbei wahrgenommen und finden im Management deshalb nur selten Beachtung. Dabei gehören Kabel- und Typenschilder, Frontblenden, Gefahrenschilder und weitere Kennzeichnungen als Kommunikationsmittel zur Industrieproduktion unverzichtbar dazu. Sie dienen als Informationsbrücken zwischen Maschine und Mensch, unter den Vorzeichen von Industrie 4.0 in hohem Maße auch zwischen Maschine und Maschine. Ohne Kennzeichnungen wäre jede Produktion chaotisch.
Es gibt klare Normen, wann, wo und wie ein Unternehmen Sicherheitszeichen und Verbotszeichen oder Rettungszeichen einzusetzen hat. Weiterhin ermöglichen Kennzeichnungen die Bedienbarkeit von Maschinen, die Wartung und Nachverfolgung sowie den Schutz vor Plagiaten. Zu den wichtigen Kennzeichnungsfunktionen gehören auch die Normierungen. Wegen der Kennzeichnung von Normteilen werden Serien- und Massenfertigung sowie Automatisierung erst möglich. Mit den gestiegenen Anforderungen an die Kennzeichnungsfunktionen verbinden sich logischerweise auch gestiegene Anforderungen an die Darstellungsqualität und die Beständigkeit des Kennzeichnungsdrucks. Wenn Codes auch auf Klein- und Kleinstformaten von Maschinen ausgelesen werden sollen, sind sehr gute Kontraste im Druckbild unerlässlich. Und wo in der Produktion oder im Maschineneinsatz besondere Strapazen auf Kennzeichen einwirken – physikalisch, chemisch, thermisch – ist eine hohe Beständigkeit erforderlich.
Richtet man den Blick auf die Angebotsseite von Kennzeichnungen, ist auch hier ein deutlicher Wandlungsprozess festzustellen: Die angestammte Dominanz der Gravur wird durch neuere, digitaldruckbasierte Verfahren angegriffen.
Kostensenkung geht nicht ohne Kostentransparenz
Welcher Arbeits- und Kostenaufwand sich für Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau mit dem Organisieren, Herstellen und der Montage von Kennzeichnungen verbindet, wird im Detail nur in den wenigsten Fällen erfasst. Zahlen, die sich auf Stückpreise zugekaufter Kennzeichen beziehen, greifen diesbezüglich deutlich zu kurz. Sie lassen Bestell- und Abrechnungskosten ebenso außer acht wie Kosten für die Montage der Kennzeichen. Dazu kommen regelmäßig anfallende Zusatz- und Verzugskosten, wenn kurz vor Projektübergaben die Änderung technischer Elemente einer kurzfristigen Änderung der Kennzeichnung bedarf.
Auch bei der Eigenproduktion benötigter Kennzeichnungen werden die Komplettkosten selten genau erfasst. Erfahrungsgemäß bewegen sich die Jahreskosten für die Kennzeichnungsaufgaben eines mittelständischen Maschinenbauers oft im höheren fünfstelligen Bereich (70.000/ 80.000 Euro), während Anlagenbauer häufig Jahreskosten im sechsstelligen Bereich aufweisen [1].
Oft gibt es in den Unternehmen gar keine umfassenden und detaillierten Kostenübersichten zum Thema „Kennzeichnung“. Dies wäre aber der erste notwendige Schritt, um bei möglichen Änderungen hinsichtlich der Kennzeichnungsbeschaffung oder des Kennzeichnungsmanagements über eine Vergleichsreferenz zu verfügen und feststellen zu können, welche Stellschrauben sich in diesem Zusammenhang für Optimierungsansätze anbieten.
Abteilungen sollten sich abstimmen
Nur wenige Unternehmen haben die Beschaffung benötigter Kennzeichnungen zentral geregelt und bis hin zu den konkreten Bedarfsstellen durchorganisiert. Einige Automobilkonzerne formulieren Standardisierungsprogramme, in denen sie bestimmte Verfahren der Kennzeichnungsherstellung freigeben. Diese Freigaben geben dem Einkauf verbindliche Selektionskriterien an die Hand. Darüber hinaus haben solche Freigaben aber keine organisatorische Wirksamkeit. Ähnlich verhält es sich, wenn zentral freigegebene Kennzeichnungsverfahren in die Betriebsmittelvorschriften aufgenommen werden.
In der Regel ist die Kennzeichnungsbeschaffung in großen Unternehmen mit mehreren Produktionszweigen und Standorten kleinteilig organisiert. Auf dezentralen Ebenen wird dann entschieden, ob Kennzeichen für einzelne Werke und Bereiche über Dienstleister bezogen oder selbst gefertigt werden.
Paralleles Agieren ist dann keine Seltenheit, etwa nach folgendem Muster: Sicherheitsbeauftragte planen und bestellen die im Werk eingesetzten Sicherheitskennzeichen. Logistikexperten kümmern sich um Hinweisschilder und Lagerkennzeichnungen. Konstrukteure planen Maschinenkennzeichnungen und verabreden sich mit den Einkaufsabteilungen ihrer Unternehmen. Die Beschaffungsorganisation orientiert sich dabei zumeist an den Bedarfspunkten. Die Folgen davon heißen „hoher Parallelaufwand“, „verschenkte Synergien“ und „Brüche in der Homogenität der beschafften Qualitäten“.
Beispiele für gesamtbetriebliche Lösungen
Einige Praxisbeispiele zeigen, dass Unternehmen gelegentlich auf die beschriebenen Organisationsdefizite aufmerksam werden und sich in unterschiedlicher Weise um eine stärkere Systematisierung der Kennzeichnungsbeschaffung kümmern. So schildert es Florian Drützler für die Maschinenfabrik Gustav Eirich. Der dortige Abteilungsleiter für Steuerungsbau berichtet: „Als im Jahr 2006 die Maschinenrichtlinie 42/EC auch für Kennzeichnungen höhere Sicherheitsstandards schuf, stellten wir die gesamte Werkskennzeichnung auf den Prüfstand.
Für den Anteil der inhouse herzustellenden Kennzeichen wurde eine bis dahin genutzte Graviermaschine durch das Digitaldruckverfahren von Printolux ersetzt. Außerdem haben wir den Prozess der Kennzeichnungsbeschaffung zentralisiert und stimmen seither alle entsprechenden Fragen in einem Kreis aus Konstrukteuren, technischer Redaktion und Werkstatt ab, was deutliche wirtschaftliche Vorteile ergeben hat.“ Ähnliche Vorteile einer gesamtbetrieblichen Regulierung des Kennzeichnungsthemas erlebt man bei MAG IAS, einem international aktiven Hersteller von Werkzeugmaschinen und Fertigungsmaschinen. Dazu István Kovács, Betriebsleiter von MAG Hungary Kft.: „Bis vor zwei Jahren gab es bei uns konzernweit ein unübersichtliches Nebeneinander von Beschaffungswegen.
Deutlich kostensenkend wirkte sich die Maßnahme aus, allen Konstrukteuren ins Pflichtenheft zu schreiben, benötigte Kennzeichnungen einzuplanen, Bedarfsanforderungen festzuhalten und bei zentral festgelegten Dienstleistern zu bestellen. Dies geschieht auf der Basis einer E-Plan-Software. Die fertigen Kennzeichen werden dann direkt in die Lager und/oder die Produktion geliefert.
Als „Harmonisierung der Kennzeichnungsbeschaffung“ bezeichnet Kerstin Sexlinger den Prozess, der bei Frimo in Freilassing stattgefunden hat. Der Komplettanbieter von Fertigungssystemen für Kunststoffkomponenten stellt in seinem Stammwerk Freilassing circa 60 % der benötigten Kennzeichen selbst her und bezieht die anderen 40 % über Dienstleister. Dabei kommt Sexlinger die Aufgabe zu, den gesamten Kennzeichnungsbedarf im Werk zu ermitteln und zu analysieren. Die Abteilung Technik-Engineering prüft sodann, welche Bedarfsanteile besser und günstiger selbst herzustellen sind und welche Anteile an Dienstleister zu vergeben sind.
Sparpotenzial im fünfstelligen Bereich
Dass es beim Kennzeichnungsmanagement um erhebliche Kosten geht, zeigen die Autoren eines Ende 2018 erschienenen Fachbuches [1] zum industriellen Kennzeichnen. Und in einem aktuellen Fachbeitrag [2] beziffern sie den Kostenaufwand eines mittelständischen Automotive-Unternehmens für die Beschaffung benötigter Kennzeichnungen im Jahr 2017 mit knapp 74.000 Euro. Nach der Sondierung alternativer Dienstleister habe das Unternehmen im Jahr 2018 für die gleiche Menge an Kennzeichnungen bei gleicher Qualität nur noch 22.500 Euro bezahlt. MM
Literatur
[1] Oberhollenzer, Hermann u.a. (Hrsg.) (2018): Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung. Heidelberg: Springer
[2] Oberhollenzer, Hermann: „Richtiges Kennzeichnen ergibt wirtschaftliche Vorteile“. In: Produktion (2019), Nr. 23, Seite 38
* Dr. Helmuth Bischoff ist Presseverantwortlicher bei der Printolux GmbH in 67227 Frankenthal, Tel. (0 62 33) 60 00-9 25, h.bischoff@printolux.com
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