Beschichten Effiziente Abscheidung von Chemisch-Nickel-Überzügen

Autor / Redakteur: Klaus Jopp / Stéphane Itasse

Chemisch-Nickel-Oberflächen kommen überall dort zum Einsatz, wo höchste Maßhaltigkeit in Kombination mit Verschleißschutz und hoher Korrosionsbeständigkeit gefordert ist. Die Hauptmärkte sind der Maschinenbau, der Geräte- und Apparatebau, die Luft- und Raumfahrttechnik, die chemische Industrie, die Medizintechnik, die Automobilindustrie und der Offshorebereich. Weitere Anwendungen sind Elektrotechnik, die optische und die Lebensmittelindustrie.

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Glänzend und korrosionsbeständig: Maschinenbauteile, die mit chemisch Nickel beschichtet wurden.
Glänzend und korrosionsbeständig: Maschinenbauteile, die mit chemisch Nickel beschichtet wurden.
(Bild: Surface Technology Germany)

Gründe für diese breite Einsatzpalette liegen im Eigenschaftsprofil. Dazu gehören insbesondere der gute Korrosionsschutz und die gleichmäßige Schichtdickenverteilung, hohe Verschleißbeständigkeit und Schichthärte, gute elektrische Leitfähigkeit sowie die Möglichkeit, magnetische bis nichtmagnetische Schichten herzustellen. Um den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, sind in der Praxis Primärverfahren im Einsatz, mit denen sich entweder mittelphosphorhaltige Nickel-Phosphor-Schichten (Mid-Phos, 6 bis 9 % Phosphorgehalt) oder hochphosphorhaltige Nickel-Phosphor-Schichten (High-Phos, 10 bis 13 % Phosphorgehalt) abscheiden lassen.

Die Elektrolyte zur Schichtabscheidung sind komplexe Systeme, die eine ganze Reihe von unterschiedlichen Bestandteilen enthalten. Dazu gehören neben Nickel in Form von Nickelsulfat, -chlorid oder -acetat, Reduktionsmittel und Komplexbildner, Puffer, Stabilisatoren, Beschleuniger, Glanzbildner und Tenside.

Die Nickelkonzentration liegt bei Mid- und High-Phos bei 5 bis 7 g/l, auch der Gehalt der organischen Säuren ist mit 30 bis 60 g/l identisch.

Reduktionsmittelgehalt macht den Unterschied

Unterschiede gibt es dagegen bei der Konzentration des Reduktionsmittels Natriumhypophosphit, das in Mid-Phos- bei 25 bis 35, in High-Phos-Elektrolyten bei 30 bis 40 g/l liegt. Auch die Temperaturen variieren von 85 bis 93 °C (Mid-Phos) beziehungsweise 83 bis 91 °C (High-Phos) genauso ein wenig wie die pH-Werte 4,5 bis 5,3 zu 4,4 bis 5,1. Diese Prozesse unterscheiden sich vom chemischen Aufbau her in erster Linie also durch den unterschiedlichen Reduktionsmittelgehalt, aber auch durch unterschiedliche Stabilisatoren und Beschleuniger beziehungsweise deren Konzentrationen. Die Eigenschaften der aus diesen Systemen abgeschiedenen Schichten (Härte, Korrosionsverhalten, Lötbarkeit und die Dehnbarkeit der Überzüge) unterscheiden sich hingegen deutlich, weshalb auf keinen der Prozesstypen verzichtet werden kann.

Neuartige Stabilisatoren verbessern den Prozess

Mit einer Vielzahl an herkömmlichen High-Phos-Prozessen ist es möglich, Nickel-Phosphor-Schichten mit 7 bis 9 % Phosphor abzuscheiden. Hierbei bewegt man sich allerdings beim pH-Wert und der Arbeitstemperatur oft im oberen Grenzbereich. „Das kann zu Instabilitäten wie Wildabscheidung oder Zersetzung führen“, erklärt Mathias Bien, Key Account Manager bei der Chemopur H. Brand GmbH. Aus klassischen Mittelphosphor-Prozessen ist es dagegen sehr schwierig, Schichten mit einer Phosphoreinbaurate von mindestens 10 % abzuscheiden, da in der Regel die Komplexbildner-Verhältnisse sowie die Konzentration an Hypophosphit nicht passen. Als Komplexbildner werden insbesondere Carbonsäuren, aber auch Ammoniak, Aminoverbindungen sowie Sulfon- und Phosphonsäuren verwendet. In der Regel werden mehrere Carbonsäuren in einem Prozess genutzt, was zu einer Verbesserung der Badstabilität und Kontrolle des Phosphoreinbaus führt.

Durch den Einsatz neuer moderner Stabilisatoren und Beschleuniger konnte jetzt ein besseres Anspringverhalten, eine schnellere Abscheidung und eine bessere Badstabilität erreicht werden. Dabei zeigen viele organische Additive in Kombination synergetische Wirkungen. Dadurch ist es gelungen, die Prozesstemperatur zu verringern und deutliche Energieeinsparungen zu erzielen. Zudem lässt sich die Phosphoreinbaurate für mittlere bis hohe Gehalte prozesssicher steuern.

Verschiedene Überzüge mit einem Elektrolyten

Dank dieser Innovation ist es nun möglich, sowohl Mid-Phos-Überzüge mit 6 bis 9 % Phosphorgehalt als auch High-Phos-Überzüge mit 10 bis 13 % Phosphorgehalt aus einem Elektrolyten abzuscheiden, ohne dessen Zusammensetzung zu verändern. So können die besonderen Eigenschaften beider Systeme besonders wirtschaftlich genutzt werden. Schichthärte, Korrosionsverhalten sowie die Schichtstruktur entsprechen neben der Phosphoreinbaurate den klassischen Systemen. „Dank der neuen Systeme können die Anforderungen der Märkte in Bezug auf Variabilität und höchste Effizienz erfüllt werden“, fasst Bien den Fortschritt zusammen.

Messetipp: Mehr über chemisch Nickel live erfahren

Die Messe Surface Technology Germany zeigt vom 27. bis 29. Oktober 2020 in Stuttgart das ganze Spektrum der Oberflächentechnik – von der Galvanotechnik über industrielle Plasma- und Oberflächentechnik bis hin zu Mikromaterialbearbeitung. Mit Beschichtungsverfahren für Metall, Kunststoff, Holz, Glas oder Keramik richtet sich die internationale Fachmesse für Oberflächentechnik an alle industriellen Anwenderbranchen. Die Messe hätte eigentlich im Juni stattgefunden, musste jedoch aufgrund der Coronapandemie verschoben werden. Die internationale Fachmesse für Oberflächentechnik wird mit dem neuen Termin parallel zur Parts2clean auf dem Stuttgarter Messegelände ausgerichtet – die Surface Technology Germany in den Hallen 5 und 7, die Parts2clean in den Hallen 7 und 9.

* Klaus Jopp ist freier Journalist, Pressebüro Wiwitech in 22337 Hamburg. Weitere Informationen: Olaf Daebler, Global Director Surface Technology bei der Deutschen Messe AG in 30521 Hannover

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