Bildverarbeitung Inhaltsstoffe per Handy messen

Redakteur: Beate Christmann

Mit der neuen App Hawk-Spex mobile vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF soll es möglich werden, nur mit dem Smartphone und dessen Kompaktkamera in Objekte hineinzuschauen und sich deren Inhaltsstoffe anzeigen zu lassen. Die App soll durch die Nutzer erweiterbar sein und Ende 2017 auf den Markt kommen.

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Mit dem Smartphone den Apfel auf Pestizidrückstände untersuchen: Mit der neuen Fraunhofer-App Hawk-Spex mobile soll es ab Ende 2017 möglich werden, sich die Inhaltsstoffe von Objekten anzeigen zu lassen – nur mithilfe der integrierten Kompaktkamera und ohne zusätzliche Messgeräte.
Mit dem Smartphone den Apfel auf Pestizidrückstände untersuchen: Mit der neuen Fraunhofer-App Hawk-Spex mobile soll es ab Ende 2017 möglich werden, sich die Inhaltsstoffe von Objekten anzeigen zu lassen – nur mithilfe der integrierten Kompaktkamera und ohne zusätzliche Messgeräte.
(Bild: Fraunhofer-IFF)

Ist wirklich das drin, was drauf steht? – Diese Frage stellen sich Konsumenten heute bei allen möglich Produkten. Denn dass Werbung lange nicht das hält, was sie in großen und bunten Lettern verspricht, ist keine Neuigkeit mehr. Eine App des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg soll ab Ende 2017 Licht ins Dunkel bringen.

Hawk-Spex mobile heißt die Neuentwicklung. Ist die App erst auf dem Smartphone installiert, soll es nur mithilfe der integrierten Kompaktkamera möglich werden, praktisch ins Innere von Objekten zu blicken und sich spezielle Inhaltsstoffe anzeigen zu lassen – so beispielsweise Pestizidrückstände auf einem Apfel. Zwar gibt es bereits Systeme, mit denen sich solche Messungen durchführen lassen. Allerdings muss der Nutzer hierfür üblicherweise zusätzliche Teile, zum Beispiel ein Prisma, vor die integrierte Kamera klemmen – was teuer und unpraktisch ist und zudem das Design des Smartphones stört.

Keine Hyperspektralkamera notwendig

Üblicherweise braucht man für solche Messungen eine spezielle Hyperspektralkamera: Sie justiert jeweils auf verschiedenfarbiges Licht und ermittelt, wie viel Licht dieser Farbe das Objekt zurückwirft. So erstellt sie einen gesamten spektralen Fingerabdruck des Gegenstands. Aus diesem können die Forscher über ein mathematisches Modell beinahe beliebige Informationen über das Objekt extrahieren, etwa die Inhaltsstoffe.

„Da im Smartphone keine derartige Hyperspektralkamera integriert ist, haben wir dieses Prinzip einfach umgedreht“, erläutert Prof. Udo Seiffert, Kompetenzfeldleiter am Fraunhofer-IFF. Der Wissenschaftler fährt fort: „Wir haben mit der Kamera einen breitbandigen dreikanaligen Sensor – also einen, der alle Wellenlängen misst – und beleuchten den Gegenstand mit Licht unterschiedlicher Farbe.“

Das heißt: Nicht die Kamera misst die Lichtintensität in den verschiedenen Farben, sondern das Display beleuchtet das Objekt nacheinander in Sekundenbruchteilen in einer Reihe von unterschiedlichen Farben. Wirft das Display also nur rotes Licht auf das Objekt, kann es auch nur rotes Licht reflektieren – und die Kamera auch nur dieses messen. Intelligente Auswertealgorithmen sorgen dafür, dass die App mit der begrenzten Rechenleistung eines Smartphones auskommt und die eingeschränkten Leistungen von Kamera und Display kompensiert.

Ist das Fahrzeug wirklich unfallfrei?

Die erste Laborversion der auch zum Patent angemeldeten App ist fertig. Bevor sie jedoch für den privaten Nutzer veröffentlicht werden kann, entwickeln die Forscher verschiedene erste Anwendungen. Denn um analysieren zu können, ob sich Pestizide im Apfel befinden, muss das System zunächst über Vergleichsmessungen angelernt werden – auch, wenn diese nicht immer nötig sind: Bei einigen Fragen geht es nicht um die Angabe einzelner Inhaltsstoffe, sondern nur um die Messung unterschiedlicher Verteilungen von Stoffen oder Materialien. Etwa beim Autokauf: Hier vergleicht die App, ob der Lack an allen Stellen exakt die gleiche Farbe hat – oder ob nachlackiert wurde.

Die Forscher setzen auf einen Ansatz, der dem Onlinelexikon Wikipedia nachempfunden ist. „Wenn die App Ende 2017 auf den Markt kommt, können engagierte Nutzer zum großen Ganzen beitragen und neue Anwendungen, zum Beispiel die Beurteilung der Belastung von Salatköpfen mit Pflanzenschutzmitteln, kreieren, indem sie das System für eine solche Fragestellung anlernen“, sagt Seiffert. Das heißt: Sie vermessen etwa behandelte und unbehandelte Salatköpfe verschiedener Sorten mit der App und schicken die Daten zum Fraunhofer-IFF. Forscher prüfen die Messungen und schalten die Anwendung für alle Nutzer frei.

Auch im kommerziellen Bereich ist der Einsatz der App denkbar. So könnten sich mit ihr Bereiche erschließen lassen, bei denen sich ein Präzisionsmessgerät nicht lohnen würde. Beispiele sind die Qualitätskontrolle von Lebensmitteln, die Wirksamkeit von Kosmetikprodukten oder auch die Landwirtschaft: Der Landwirt könnte beispielsweise Aussagen dazu erhalten, ob seine Pflanzen ausreichend mit Nährstoffen versorgt sind oder ob er zum Dünger greifen sollte.

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