Kundendienst Warum eine globale Service-Strategie ein Fehler ist

Ein Gastbeitrag von Dr. Frank Bünting

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Kunden in verschiedenen Ländern haben unterschiedliche Erwartungen. Und auch der Wettbewerb ist nicht überall gleich. Eine Studie des VDMA zeigt, in welchen Ländern Serviceleistungen für Anbieter besonders vielversprechend sind.

Wer international Geschäfte macht, sollte seine Service-Strategie auf das jeweilige Land abstimmen.
Wer international Geschäfte macht, sollte seine Service-Strategie auf das jeweilige Land abstimmen.
(Bild: Nassorn - stock.adobe.com)

Deutsche Maschinenbauer verkaufen ihre Produkte weltweit. Was liegt da näher, als mit einer globalen Service-Strategie und standardisierten Service-Angeboten an die Märkte zu gehen? Die Ergebnisse der aktuellen VDMA-Studie „Global Service 2021“ zeigen, dass genau das nicht funktioniert.

Woran liegt das? Eine Kundendienstleistung, die in einem Land gut ankommt, zum Beispiel weil dort die Nachfrage der Kunden vorhanden ist und die Wettbewerber nicht besonders stark sind, kann in einem anderen Markt schon nicht mehr funktionieren. Die Anforderungen und Erwartungen an Serviceprodukte unterscheiden sich stark. Versuchen Unternehmen also, alle Märkte gleich zu bedienen, führt das letztlich dazu, dass sie keinem der Märkte richtig gerecht werden.

Info

In der Studie „Global Service 2021“ wurden die wichtigsten Service-Märkte für den deutschen Maschinenbau untersucht. Neben der DACH-Region sind das England, Frankreich, Italien, China, Indien, Brasilien und die USA. Das sind die umsatzstärksten Länder mit der höchsten installierten Basis an Maschinen. Pro Land bildet die Studie die Erwartungen und die Leistungserfüllung der Serviceleistungen im Wettbewerbsumfeld ab. Die ergänzenden Einschätzungen zu den globalen und lokalen Service-Trends runden die Studie ab.

Zur Studie

Beispiel: Störfallmanagement

Die Tabelle zeigt die unterschiedlich Bedeutung von Serviceleistungen in den verschiedenen Ländern.
Die Tabelle zeigt die unterschiedlich Bedeutung von Serviceleistungen in den verschiedenen Ländern.
(Bild: VDMA)

Ein Beispiel, an dem sich das wunderbar zeigen lässt, ist der After-Sales-Baustein „Störfallmanagement“. Auf der einen Seite zeigt sich hier ein deutlicher globaler Trend: Störfallmanagement ist erkennbar wichtiger geworden und das weltweit. Je nach Ländern treten allerdings gravierende Unterschiede auf.

  • DACH-Region: Kunden aus der DACH-Region setzen Störfallmanagement als Leistung voraus. Hier kommt es zu einer Diskrepanz mit japanischen, italienischen und amerikanischen Unternehmen. Denn aktuell gelingt es diesen nicht, die Erwartungen der DACH-Kunden zu deren Zufriedenheit zu erfüllen. Den deutschen Maschinenbauern gelingt dies zwar. Ein tatsächlicher Wettbewerbsvorteil wird daraus jedoch nicht, da das Störfallmanagement als Leistung von den DACH-Kunden schlicht vorausgesetzt wird.
  • USA: Der Blick in die USA zeigt ein anderes Bild. Weder die deutschen noch die amerikanischen Hersteller schaffen es derzeit, die Erwartungen der amerikanischen Kunden zu erfüllen. Die Nase vorn haben stattdessen japanische Anbieter.
  • China: In China wiederum übertreffen die deutschen Hersteller die Erwartungen deutlich. Daher kann das Störfallmanagement ein Wettbewerbsvorteil sein gegenüber den japanischen, amerikanischen und chinesischen Anbietern.

Zusammenfassend zeigt das, dass sich die Maschinenbauer in drei unterschiedlichen Situationen befinden: Einmal müssen sie ihre Position verteidigen (DACH-Region). Einmal müssen sie sich aggressiv gegen einen starken Marktbegleiter positionieren (USA). Und einmal sind sie marktdominierend und damit in einer komfortablen Situation (China). Mit nur einer globalen Service-Strategie auf diese Herausforderungen zu reagieren, würde in keinem Land zum gewünschten Erfolg führen.

Folgerichtig müssen die Maschinenbauer ihre Service-Strategien und ihr Service-Leistungsangebot wie bereits eingangs erwähnt an die jeweiligen Länder und deren Wettbewerbsumfeld anpassen. Genau hier bieten die Ergebnisse der Studie wertvolle Hilfestellungen. Denn die Studie gibt zum einen einen Überblick darüber, welche Erwartungen Kunden in verschiedenen Ländern bezüglich der Service-Leistungen haben. Zum anderen stellt sie dar, inwieweit diese Erwartungen durch die Hersteller aus den Wettbewerbsländern bereits erfüllt werden.

So können unter anderem Rückschlüsse auf die Stärken und Schwächen auf den jeweiligen Märkten gezogen werden. Darüberhinaus lassen sich mithilfe der ergänzenden Service-Trendabschätzungen für die einzelnen Länder mögliche Chancen und Risiken identifizieren. Damit ist die Basis für eine marktspezifische SWOT-Analyse vorhanden. Diese ist wiederum die Basis für eine länderspezifische Ausrichtung der Service-Strategie.

Beispiel: SWOT-Analyse für US-amerikanischen Markt

Für den US-amerikanischen Markt bietet Condition Monitoring aktuell besonders große Chancen.
Für den US-amerikanischen Markt bietet Condition Monitoring aktuell besonders große Chancen.
(Bild: VDMA)

Wie genau kann eine solche marktspezifische SWOT-Analyse aussehen? Nehmen wir als Beispiel den US-Markt. Hier zeigt die Analyse, dass deutsche Unternehmen ihren amerikanischen und japanischen Wettbewerbern im Bereich der „Smart Services“ klar überlegen sind. Gleichzeitig besteht eine große Marktchance durch die Digitalisierung des Serviceumfelds in den USA.

Sieht man sich die Ergebnisse im Detail an, zeigt sich, dass das Leistungsangebot mit dem größten Hebel auf dem amerikanischen Markt derzeit „condition monitoring“ ist. Denn die Konzepte für Smart Services sind heute zwar deutlich weiter – eine ausreichende Marktdurchdringung mit dem Leistungsangebot „condition monitoring“ hat jedoch noch nicht stattgefunden. Die Strategie muss also sein, dieses Angebot auszubauen.

Fazit

Wie zufrieden sind die Kunden aus verschiedenen Ländern mit den Service-Leistungen der Hersteller aus verschiedenen Ländern?
Wie zufrieden sind die Kunden aus verschiedenen Ländern mit den Service-Leistungen der Hersteller aus verschiedenen Ländern?
(Bild: VDMA)

Insgesamt lässt sich zunächst einmal sagen: Die Beschwerde über die sogenannte „Service-Wüste Deutschland“ gilt nicht für industrielle Dienstleistungen. Denn im weltweiten Vergleich werden die Service-Dienstleistungen von deutschen Maschinenherstellern weiterhin sehr hoch von den Kunden eingeschätzt. Die hartnäckigste Konkurrenz im weltweiten Service-Wettbewerb sind dabei die japanischen Hersteller. Aber auch Anbieter aus den USA holen deutlich auf. Für die deutschen Maschinenbauer heißt das, dass es umso wichtiger wird, Entwicklungschancen zu identifizieren und umzusetzen. Die Ergebnisse aus der aktuellen VDMA-Studie können dabei einen ersten Ansatzpunkt liefern.

* Dr. Frank Bünting ist stellvertretender Abteilungsleiter Business Advisory beim VDMA

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