Energietechnik DC-Strom vom Dach direkt in die Dose
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Viele Unternehmen produzieren schon eigenen Strom aus erneuerbaren Quellen. DC-Netze gewinnen gerade an Popularität. Wir haben uns für Sie schlau gemacht, wann die Kombination von beidem Sinn hat.

Das LCD-Display an der Wand des Technikraums zeigt 0,10 kW an. So viel Energie produziert die Photovoltaikanlage gerade. Viel ist es nicht, aber angesichts des wolkenverhangenen Himmels über Stuttgart an diesem Donnerstagmorgen ist der Wert kaum verwunderlich. Wichtig ist hier eigentlich auch nicht die Zahl an sich, sondern dass der von der PV-Anlage erzeugte Gleichstrom direkt genutzt wird, ohne umgewandelt zu werden.
Bei der Bachmann GmbH, in deren Technikraum wir uns gerade befinden, wird DC Strom aus eigener Produktion verwendet, um eines der beiden Rechenzentren am Standort in Stuttgart zu versorgen. Das Elektronikunternehmen speist Gleichstrom nicht nur in die Server, sondern zum Beispiel auch in die Deckenlichter im Rechenzentrum. Was bei Bachmann bereits vor fünf Jahren umgesetzt wurde und im Rahmen des Projekts DC-Industrie gerade erforscht wird, könnte in einigen Jahren in vielen Industrieunternehmen gängige Praxis sein. Wer mit dem Gedanken spielt eine Photovoltaikanlage auf seiner Gewerbefläche zu bauen, sollte auch ein DC-Netz in Betracht ziehen.
Ganz ohne Wandler geht es auch im DC-Netz nicht
Eine Solaranlage produziert DC-Strom. Normalerweise muss dann ein Wechselrichter nachgeschaltet werden, um den Strom für AC-Anwendungen nutzbar zu machen. Dieser Transformationsprozess fällt weg, wenn die Energie in ein DC-Netz eingespeist wird. So wird Verlustleistung reduziert und der Wechselrichter eingespart. Ganz ohne Wandler kommt man aber doch nicht aus. Die PV-Anlage produziert den Strom immer mit der gleichen Spannung. Die Geräte und Systeme einer Fabrik funktionieren aber auf unterschiedlichsten Spannungsniveaus. Man braucht also einen DC-DC-Wandler. Laut Prof. Alexander Sauer, Institutsleiter vom Institut für Energieeffizienz in der Produktion EEP, ist die benötigte Infrastruktur trotzdem preiswerter und der Energiefluss effizienter.
Unternehmen aus dem Maschinenbau und der Elektronikbranche können auch indirekt von den Vorteilen profitieren. Erneuerbare Energien sollen bis 2030 65 % des Stromverbrauchs abdecken, 2050 sollen sie die Energielast ganz tragen. Es müssen also in den nächsten Jahren zwangsläufig mehr PV-, Windenergie- und Kraft-Wärme-Anlagen gebaut werden. Für Unternehmen lohnt sich, gerade bei mittleren Solaranlagen bis 500 kW Leistung, ein Eigenverbrauch der erzeugten Energie. Das könnte einen Boom beim Ausbau firmeneigener DC-Netze nach sich ziehen.
Noch gibt es aber kaum standardisierte Teile für diese Systeme, die man einfach kaufen kann. „Die Erneuerungszyklen liegen bei produzierenden Betrieben bei fünf bis sieben Jahren. Ich rechne damit, dass in etwa zwei dieser Zyklen eine sichtbare Marktdurchdringung an DC-Netzen im Maschinenbau erreicht ist“, sagt Prof. Holger Borcherding, Fachgebiet Leistungselektronik und Elektrische Antriebe an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Firmen, die im Bereich Leistungselektronik und Energiemanagement Expertise besitzen, werden mit ihren Kunden mehr und mehr das Gespräch suchen, um ihre aktuellen und zukünftigen Produktentwicklungen für DC auszurichten. Für die Automobilproduktion läuft dieser Prozess bereits..
Aktuell nur ein gewisses Maß an Autarkie möglich
Wie bei den meisten Trends gibt es aber auch Herausforderungen und Einschränkungen. Je nach Art der Anwendung und Größe der Photovoltaikanlage ist ein autarker Betrieb unter Umständen möglich, aber nicht empfehlenswert. Erneuerbare Energie aus eigener Produktion eignet sich am besten als Ergänzung. Man kann damit ein gewisses Maß an Autonomie erreichen, aber gerade für energieintensive Anwendungen oder einen konstanten Verbrauch, sind sie zu unsicher. An einem regnerischen Tag würde die Produktion stillstehen. Natürlich lässt sich über Speicher einiges kompensieren, aber auch die stoßen an ihre Grenzen. Außerdem können sie nur Ausfälle kompensieren, wenn irgendwann eine Überproduktion möglich war.
Gut geeignet ist ein durch erneuerbare Energien betriebenes DC-Netz für Geräte, die nicht konstant benötigt werden. Ein Beispiel wäre die Haustechnik. Lüftungen und Lichter müssen nicht immer an sein. Sie verbrauchen im Vergleich zu Maschinen in der Produktion meistens weniger Strom. Über Speicher kann man auch Redundanzen herstellen, falls kein Strom produziert wird. So könnte man einen ganzen Unternehmensbereich emissionsfrei versorgen. Das kommt auch der Nachhaltigkeit des gesamten Betriebs zu Gute. Sollte doch mal kein Strom erzeugt werden, und auch der Speicher ausfallen, kommt es nicht direkt zu kostenintensiven Produktionsausfällen. DC-Strom kann überbrückungsweise auch über einen Generator oder aus externen Quellen eingespeist werden.
Es blinkt, die Lüfter dröhnen und die Kühlung bläst eine Brise durch den Serverraum. Das hier alles zuverlässig läuft und der Datenfluss nicht zusammenbricht, dabei hilft auch die Solaranlage auf dem Dach, da diese direkt in die beiden Gleichstrom Kreisläufe der unterbrechungsfreien Stromversorgung eingespeist werden und so selbst bei einem Netzausfall noch Energie liefern könnten. Alleine würde die PV-Anlage nicht reichen und ausfallsicher genug wäre sie auch nicht.
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