Spritzgießen Duroplaste eignen ebenso gut für die Kolbenfertigung wie Stahl

Autor / Redakteur: Josef Kraus / Josef-Martin Kraus

Automatische Fertigungszellen sorgen bei der Herstellung duroplastischer Präzisionsteile auf Spritzgießmaschinen für hohe Wirtschaftlichkeit und Qualität. Das wird anhand eines Duroplastkolbens für ein Kupplungssystem deutlich, der nach dem Spritzgießen mechanisch bearbeitet und gereinigt wird. Zum Schluss erfolgt eine optische Qualitätskontrolle. Der Duroplastkolben ist aufgrund eines im Kupplungssystem integrierten Magnetsensors erforderlich – und ersetzt einen konventionellen Stahlkolben.

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Die zunehmende Elektronifizierung mechanischer Antriebskomponenten setzt nicht nur miniaturisierte, elektrische oder elektromagnetische Bauteile voraus, auch kann ein Werkstoffwechsel innerhalb der Komponenten erforderlich sein. Das war zum Beispiel bei einem Kupplungssystem für ZF Sachs der Fall, das die Kunststoff- und Elektrotechnik GmbH (KE) in Mönchweiler für den Antriebs- und Fahrwerks-Spezialisten fertigt.

Dieses mechanische System zur Verbindung zweier beweglicher Teile ist mit einem Magnetsensor für die exakte Positionserfassung ausgestattet. Folglich war es vorteilhaft, den konventionellen Stahl- durch einen Duroplastkolben zu ersetzen. Umfangreiche Tests zeigten, dass sich ein duroplastischer Kunststoff genauso gut wie Stahl oder Aluminium für die Kolbenfertigung verwenden lässt (Bild 1).

Duroplastkolben erreicht höheren Wirkungsgrad

Im direkten Vergleich hat der Duroplastkolben sogar Vorteile: Er erreicht einen höheren Wirkungsgrad, zudem ist der Werkstoff leichter und reduziert somit das Gewicht der gesamten Baugruppe. Darüber hinaus sind eine hohe Maßhaltigkeit und eine glatte, hochglanzpolierte Oberfläche sichergestellt. Dazu trägt wesentlich der Formenbau der Kunststoff- und Elektrotechnik GmbH.

Jedoch ist aufgrund des Werkstoffs eine Formteilveredelung erforderlich, um Überspritzungen und Grate zu entfernen. Um dennoch eine hohe Wirtschaftlichkeit zur erreichen, wurde die Kolbenfertigung komplett automatisiert. Das Ergebnis ist eine Fertigungszelle, bei der die Serienfertigung auf und rund um die Spritzgießmaschine Allrounder 420 C 1000-250 des Schwarzwälder Maschinenbauers Arburg geschieht (Bild 2).

Aufgrund der Oberflächenqualität, Maßhaltigkeit und Langlebigkeit des Kolbens ist auf der Maschine eine hohe Verdichtung der Duroplastmasse beim Einspritzen des Kunststoffs erforderlich. Durch präzises Überspritzen wird eine gezielte Entlüftung sichergestellt. Diese Arbeitsweise der Spritzgießmaschine macht eine Weiterbearbeitung des Duroplastteils notwendig. Sie beginnt nach der Teileentnahme: mit dem Abtrennen der Angüsse, dem Anbringen einer Fase und dem Abtragen der Überspritzung. Danach wird der Grat am Innengewinde entfernt und schließlich der Kolben gereinigt.

Hohe Drehmomente bei der Nachbearbeitung

Bei der Nachbearbeitung wirken hohe Drehmomente auf den Kolben, die mit entsprechenden Haltekräften ausgeglichen werden. Dabei darf der Greifer des Handlingsystems jedoch das Formteil nur in einer genau definierten Randzone fassen, um eine Beschädigung der zylindrischen Außenfläche zu vermeiden (Bild 3). Arburg hat außer der Spritzgießmaschine und dem Handlingsystem Multilift V mit entsprechender Greifergeometrie auch alle Stationen zur Nachbearbeitung in die Fertigungszelle integriert. Die Kunststoff- und Elektrotechnik GmbH steuerte das Vierfach-Werkzeug, die optische Prüfstation und die Magazinierung zur Gesamtkon?guration bei. In einem Spritzgießzyklus werden vier Duroplastkolben hergestellt.

Die Spritzgießmaschine der Bauart Allrounder 420 C arbeitet mit zwei Hydraulikpumpen. Das sorgt für geregelte Maschinenabläufe. Außerdem verfügt sie über eine Säulenverlängerung, einen Plastifizier- und Mischzylinder zur Duroplastverarbeitung, einen auf 2500 bar erhöhten Einspritzdruck, eine Ausblaseinrichtung, eine Zusatzausstattung zum Spritzprägen und Entlüften sowie einen von Arburg entwickelten Kernzug für Innengewinde. Das Handlingsystem – in Portalbauweise ausgeführt – kann im Queraufbau eine maximale Last von 15 kg tragen.

Die Nachbearbeitung des Kolbens gestaltet sich folgendermaßen (Bild 4): Der Greifer entnimmt die vier Duroplastkolben aus dem Mehrfach-Werkzeug. Während des Entformens greift ein Picker den Anguss und lässt ihn in einen Behälter fallen. Außerdem werden die Werkzeughälften mit Hilfe mehrerer Düsen am Greifer ausgeblasen, noch bevor der Entformvorgang abgeschlossen ist.

Fasen und Abtragen der Überspritzung an der Frässtation

An der Frässtation erfolgt das Fasen und Abtragen der Überspritzung. Dazu gelangen die Teile nacheinander in die Bearbeitungsstation und werden durch Aufnahmen ausgerichtet. Der Elektromotor des Fräskopfs läuft im Dauerbetrieb, ein angeschlossener Industriesauger entfernt den anfallenden Frässtaub. Anschließend wird der Grat am Innengewinde der vier Duroplastteile entfernt. Auch dazu ist eine Zentrierung erforderlich, so dass vier pneumatisch angetriebene Schleifköpfe vor der Kolbenreinigung den Grat am Innengewinde der Teile abarbeiten können.

Zur Reinigung ist eine Blasstation in die Fertigungszelle integriert. Dort werden die Kolben innen mittels Druckluft ausgeblasen und die Bearbeitungsrückstände wieder von einem Industriesauger entsorgt. Die Hubplatte des Greifers ermöglicht dabei erneut eine genaue Kolbenpositionierung – diesmal zu den Blasdornen.

Auf der nächsten Station werden die Teile nochmals gereinigt: mit rotierenden Filzstreifen als Vorbereitung für die abschließende optische Qualitätsprüfung. Das Handlingsystem übergibt danach die Fertigteile an die Prüfstation, auf der eine Kamera diese in Gut- und Schlechteile trennt. Die Gutteile werden wieder vom Handlingsystem aufgenommen und für den Weitertransport – nach Kavitäten getrennt – in Röhren fallen gelassen. Erkannte Schlechtteile werden zuvor separiert.

Bei KE sind fünf Fertigungszellen für Duroplastkolben in Betrieb

Derzeit hat die Kunststoff- und Elektrotechnik GmbH (KE) fünf Fertigungszellen für Duroplastkolben in Betrieb. Insgesamt umfasst der Maschinenpark des Kunststoffverarbeiters 34 Spritzgießmaschinen, davon acht zur Duroplastverarbeitung. Auf diesen Maschinen werden technische Teile aus Thermo- und Duroplast spritzgegossen – und bei Anforderung in Systemkomponenten oder Baugruppen integriert.

Das ist unter anderem beim Kupplungssystem für ZF Sachs der Fall. Die technischen Teile, Systemkomponenten oder fertigen Baugruppen des Herstellers KE finden Anwendung in der Elektrotechnik, dem Automotive-Bereich, der Halbleiterindustrie, der Medizin- und Dentaltechnik sowie bei alltäglichen Gebrauchsgütern.

Weitere Informationen: Arnold Klausmann, Geschäftsführer der Kunststoff- und Elektrotechnik GmbH (KE), 78087 Mönchweiler, Tel. (07721) 7509-0, Fax (07721) 7509-49, info@ke-technik.de

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