Aluminiumverarbeitung Italienischer Alu-Gießer sichert mit Zerspanung die Zukunft

Von Nikolaus Fecht

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Während im Lockdown in Italien viele Unternehmen verzweifelten, nutzte eine Traditionsgießerei in der Lombardei die Zwangspause zum Aufbau einer mechanischen Fertigung. Mit Erfolg!

Ein italienisches Gießerei-Unternehmen sichert die Zukunft. Sekundäraluminium hat hier die zum Druckguss nötigen 700 °C erreicht. Die Gussteile werden aber jetzt im Haus zerspant. Starrag unterstützte.
Ein italienisches Gießerei-Unternehmen sichert die Zukunft. Sekundäraluminium hat hier die zum Druckguss nötigen 700 °C erreicht. Die Gussteile werden aber jetzt im Haus zerspant. Starrag unterstützte.
(Bild: Starrag / R. Baumgarten)

Denn die rohen Gussteile verlassen künftig zur Endbearbeitung nicht mehr das Werk, sondern bekommen den letzten Schliff direkt von zwei Heckert-Bearbeitungszentren verpasst. Der Einstieg zum Aufstieg zum Systemlieferant gelang dank intensivem Starrag-Support trotz Pandemie ohne nennenswerte Verzögerung.

Bilder spiegeln oft die Seele eines Unternehmens: So auch in Bedizzole, unweit vom Gardasee. Im Konferenzraum von Industria Metalli blickt man auf ein Bild mit dem Titel „Obiettivi“ (Ziele). Es ist das Foto einer Wanderin, die von einem Berggipfel auf einen weit entfernten Gebirgszug schaut. Spannend klingt die Bildunterschrift: „Schaue erst weit und dann blicke noch weiter in die Ferne.“

Während Wanderer den Ausblick genießen, ist Weitblick für Firmen wie Industria Metalli überlebenswichtig, denn ihre Kunden stammen aus der Fahrzeugindustrie, einer der anspruchsvollsten Branchen. Spezialisiert ist das Unternehmen auf Fahrzeugkomponenten – von Stützen und Halterungen bis hin zu Gehäusen aller Art. In hoher Fertigungstiefe entstehen in der Fabrik pro Jahr aus 8000 t Sekundäraluminium über fünf Millionen Aluminium-Gussteile für 160 Kunden auf der ganzen Welt. Der Mittelständler aus der Lombardei macht seinen Umsatz zu 40 % mit der Automobilindustrie sowie zu jeweils rund 30 % mit Nutzfahrzeugherstellern und Agrartechnik-Unternehmen.

Vorbild Automobilindustrie

Beim Rundgang auf dem großen Fabrikgelände erklärt uns Fausto Becchetti, Geschäftsführer und Mitinhaber, dass er viel von seiner früheren Arbeit als ABB-Manager von der Fahrzeugbranche und deren prozessorientierter Denkweise gelernt hat: Die in drei Fertigungsinseln gegliederte Fabrik folgt ähnlichen Prinzipien. Verbunden sind alle Fertigungsbereiche digital über ein Manufacturing Execution System, das den gesamten Herstellungsprozess in Echtzeit regelt. Alle Produktionsschritte geschehen nach dem Poka-Yoke-Prinzip von Toyota, das Fehler aufdeckt und verhindert. Unterstützt wird es von einem fertigungsnahen und lückenlosen Qualitätssicherungssystem, das sich an den strengen Vorgaben der IATF 16949 (International Automotive Task Force) orientiert.

In der Fabrik weist der ehemalige ABB-Manager in der ersten Fertigungsinsel stolz auf einen der vier gasbetriebenen Schmelzöfen hin. „Gleich erreicht das Aluminium die ideale Weiterverarbeitungstemperatur von 700 °C, bei der es flüssig wird“, erklärt Becchetti. „Danach folgen Entgasen und Transport.“ Das Manufacturing Execution System hat inzwischen vollautomatisch den Just-in-time-Transport organisiert und über das digitale Netzwerk einen Fahrer bestellt. Direkt in der Nähe steht sein Stapler, auf dem ein Tablet den Fahrer informiert, von welchem Ofen er den Schmelztiegel abholen soll und welche der insgesamt 16 roboterunterstützten Hochdruckguss-Pressen in der zweiten Fertigungsinsel bereits auf das flüssige Aluminium wartet.

Outsourcing ist eine Materialflussbremse

Wie die meisten Firmen der Branche setzte das Unternehmen bisher auf Outsourcing: Die Bauteile besitzen nach dem Druckgießen Near-net-shape-Qualität und müssen daher in einem benachbarten Job-Shop den letzten Schliff erhalten. Die Folgen des Outsourcings: Der Logistikaufwand und die Kosten steigen, während die Qualität sinkt. So fallen kleinere Lufteinschlüsse in Gussteilen, sogenannte Lunker, oft nicht beim Röntgen, sondern erst beim abschließenden Zerspanen auf. Das späte Entdecken der Lunker in einem externen Betrieb verzögert und verteuert den Produktionsprozess enorm: Es fehlt der unmittelbare Qualitätscheck nach dem Hochdruckguss auf der Werkzeugmaschine. Die Folge: Die Prozesskette wird langsamer, das Teil muss erneut eingeschmolzen und neu gegossen werden. Diese Engpässe waren dem ehemaligen Manager ein Dorn im Auge.

Die Wende kam mit dem neuen Projektmanager, einem Spezialisten für Zerspanung aus der Fahrzeugindustrie, der für den Einstieg in die mechanische Fertigung den Kauf einer fünfachsigen Heckert X40 und einer vierachsigen Heckert H40 empfahl. „Bestellt hatten wir die beiden Bearbeitungszentren im Herbst 2019“, blickt Fausto Becchetti zurück. „Doch trotz des Lockdowns beschlossen wir, den Einstieg in die mechanische Fertigung durchzuführen, denn es ist eine Investition in die Zukunft – obwohl es im Frühjahr keinen Markt für unsere Produkte gab.“

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