Portrait Maschinenbau statt Museum
Früher oder später steht jeder Unternehmer vor der unbequemen Frage: Wer kommt nach mir? Dina Reit hat ihrem Vater mit einem klaren „Ich“ geantwortet. Doch der Weg dahin ist lang.
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Eigentlich wollte sie im Museum arbeiten. Und mit einem Job im Frankfurter Städel war sie auf dem besten Weg dahin. Heute ist Dina Reit 29 Jahre und will 2025 die Nachfolge ihres Vaters Christoph Kollbach antreten. Er hatte 2005 SK Laser gegründet. Das Wiesbadener Unternehmen ist auf Lasersysteme fürs Gravieren, Abtragen und Schneiden spezialisiert.
Eine krasse Kehrtwende, so scheint es. Doch nur auf den ersten Blick. Schaut man genauer hin, fällt es einem schwer, sich die junge energiegeladene Frau im beschaulichen Museumsbetrieb vorzustellen. „Das war nicht mein Menschenschlag“, gibt Dina Reit unumwunden zu. Sie war anderes gewohnt. Als ihr Vater das Unternehmen gründete, war sie 13 und immer mit dabei – seien es kleinere Bürojobs oder Messebesuche. „Ich habe also sehr früh gelernt, wie die Menschen im Maschinenbau ticken. Die Mentalität ist da mehr Hands on“, erklärt Reit.
Diese Mentalität, dieses Anpacken und Gestalten, liegt Dina Reit quasi im Blut. Großvater, Vater, Onkel – sie alle sind Unternehmer. 2016 fiel dann die Entscheidung: „Ich habe deutlich gemerkt, dass ich auch Unternehmerin sein möchte“, sagt Reit. Sie wollte ihre eigene Firma. Doch wie? Eine eigene gründen oder in das Unternehmen des Vaters einsteigen? Beides hat sein Für und Wider. Auch für Dina Reit.
Aus Gesprächen weiß die junge Frau um die Herausforderungen bei einer Nachfolge: Wenn ein Unternehmer über Jahre hinweg die Verantwortung für das Unternehmen trägt und die Zügel stets fest in der Hand hat, ist es nicht leicht diese in andere Hände zu legen. Nicht selten prallen unterschiedliche Erwartungen und Herangehensweisen aufeinander und führen zu Konflikten. „Beide müssen on one page sein“, betont Dina Reit.
Die Nachfolge hat aber auch entscheidende Vorteile: Dina Reit kennt SK Laser sehr gut. Zudem startet sie nicht bei null. Es gibt das Unternehmen mit einem Produkt und Kunden. Auch Kapital ist vorhanden. Das Risiko und die Belastung ein Unternehmen neu aufzubauen, fällt weg.
Nachfolge mit Plan
„Das Unternehmen meines Vaters übernehmen zu können, empfinde ich als eine riesige Chance“, betont Dina Reit. Von dem Moment als sie entschieden hatte, Unternehmerin zu werden, hat sie alles an diesem Ziel ausgerichtet: Es folgte ein Masterstudium Management an der EBS Universität in Wiesbaden und der Emlyon Business School. 2019 starte sie dann direkt bei SK Laser durch. Mit viel Elan und großen Ambitionen. Doch den Jobeinstieg zu meistern und gleichzeitig als Nachfolgerin bestehen zu wollen, war dann doch zu viel. „Nach zwei Monaten saß ich bei meinem Vater im Büro und habe ihm gesagt, dass ich das so nicht will“, berichtet Reit. Ein Plan musste her, wie sie Stück für Stück in die Rolle als Unternehmenslenkerin reinwachsen kann.
Ein wichtiger Schritt war eine Art Praktikumsphase: „Ich habe mit jedem Mitarbeiter zusammengearbeitet. Nicht nur in der Buchhaltung, sondern auch in der Produktion und Konstruktion. Ich habe gesägt, gebohrt und geschraubt.“ In all diesen Prozessschritten haben die Fachkräfte die junge Frau angelernt. Und so wurde der Grundstein für gegenseitiges Verständnis und Vertrauen gelegt: „Wenn heute ein Mitarbeiter zu mir kommt, sprechen wir eine Sprache“, beton Reit. Ein enormer Vorteil: Während viele Nachfolgekandidaten mit starkem Gegenwind zu kämpfen haben, hat Dina Reit viel Unterstützung erfahren.
Weiterer wichtiger Baustein war Expertise hinzuzuziehen: „Wir haben eine Beraterin an Bord geholt. Mit ihr haben wir einen Meilenstein-Plan aufgestellt, wie wir die Nachfolge regeln wollen.“ Mit ihrer Hilfe haben sie analysiert, welche Aufgaben bisher der Vater erledigt hat und welche dieser Aufgaben künftig bei Dina Reit und welche bei anderen Mitarbeitern im Unternehmen liegen sollen. Am Ende stand ein konkreter Ablaufplan.
„Wir müssen die Firma so umstrukturieren, dass mein Vater überflüssig wird“, beschreibt Reit, was bis zum Ausstieg des Vaters noch zu tun ist. Keine leichte Aufgabe. Denn wie in vielen Familienunternehmen sind die Prozesse und Entscheidungswege vor allem auf den Firmenlenker ausgerichtet. „Wir besetzen beispielsweise Positionen, die Doppelfunktionen hatten, neu. Das braucht Zeit und geht nur Schritt für Schritt.“
Auch ist Dina Reit schon heute in viele Prozesse und Funktionen eingebunden – etwa bei Kundenterminen. „Die Kunden bekommen somit nicht nur die Erfahrung durch meinen Vater, sondern auch die Zukunftsperspektive durch mich.“
Frischer Wind mit Social Media
Trotz der großen Verantwortung, die Dina Reit schultern muss, genießt sie es auch, Unternehmerin zu sein: „Ich kann meine eigenen Ideen umsetzen und Sachen ausprobieren, ohne dass ich das vorher absprechen muss. Zum Beispiel alles, was ich bei Linkedin mache.“ Und der Erfolg gibt ihr recht.
So unterhaltsam viele ihrer Posts auch sind, so folgen sie doch einem unternehmerischen Interesse: Wie für viele Maschinenbauer waren Messen für SK Laser ein wichtiger Kontakt- und Vertriebskanal. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang 2020 fielen diese auf unbestimmte Zeit weg. „Auch wenn wir zum Glück etwas Vorlauf hatten, war klar: Wir brauchen eine neue Lösung“, erinnert sich Dina Reit. Wie sich später zeigte, lag diese in Social Media.
2020 fing Dina Reit an, hin und wieder auf Linkedin zu posten und Dinge auszuprobieren. „Aber da hat natürlich noch keiner darauf reagiert und geschrieben, dass er die Maschine, die das kann, auch unbedingt haben möchte“, versichert Reit.
Aber sie ist drangeblieben und hat viel Zeit investiert. Zunächst war es ein Post alle zwei Wochen. „Irgendwann habe ich beschlossen, dass ich mindestens einmal die Woche poste“, erzählt Reit. Bald schon hat sie sich mit dem Algorithmus von Linkedin beschäftigt. Während sich unsereins abends die Lieblingsserie angeschaut hat, wollte sie verstehen, wann es am besten ist, einen Linkedin Post zu setzen.
Ich kann meine eigenen Ideen umsetzen und Sachen ausprobieren, ohne dass ich das vorher absprechen muss.
Ihr Ehrgeiz hat sich schließlich ausgezahlt: Im Februar 2021 ging ein Post viral. „Von da an hatten wir die Möglichkeiten, viel mehr Leute zu erreichen. Mit unseren Fotos, Videos und Texten“, freut sie sich. Diese Chance wollte Dina Reit nutzen. Und so investierte SK Laser in Equipment – Lichter, Mikrophon und Filmtechnik. Nun geht ihr auch eine Mitarbeiterin zur Hand und macht etwa die Fotos und Videos oder kümmert sich um den Schnitt und das Hochladen. Die Kreativarbeit leistet weiterhin Dina Reit.
Und das ist auch gut so. Denn der Erfolg auf Linkedin basiert zum Großteil auf ihrer Person – ihren Erfahrungen, ihren Einschätzungen, ihren Geschichten. „Menschen folgen gerne Menschen und nicht Firmen“, ist Reit überzeugt. Das zeigt sich auch in den Profilen. Während Dina Reit rund 15.000 Nutzer folgen, vereint das Unternehmensprofil nur rund 1.000 Follower hinter sich.
Aber auch das Thema Laser kommt bei ihr nicht zu kurz. Statt einfach nur die neuste Maschine abzufilmen, zeigt sie die Laser gerne in Aktion. Da wird auch mal ein Produkt aus dem Netzwerk vor laufender Kamera gelasert. Und die Community darf fleißig kommentieren. Dazu zählen viele Leute aus dem Maschinenbau oder aus der Kunststoffbranche. Also tatsächliche und potentielle Kunden. Aber über Linkedin hat sie auch schon neue Mitarbeiter oder Lieferanten kennengelernt.
Der Jugend stehen viele Wege offen. Einer dieser Wege hätte Dina Reit fast ins Museum geführt. Sie stand mit einem Fuß sogar schon drin. Doch statt Sammlungen zu pflegen und zu erweitern, wird sie künftig die Geschicke des Lasermaschinenbaues SK Laser lenken. Und das nicht aus einer Laune heraus, sondern nach reiflicher Überlegung und mit einem klaren Plan.
* Die Autorin arbeitet als Fachredakteurin „Management“ für die Vogel Communications Group.
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