Nano-Beschichtungen Neue Supraleiter: Dünn und biegsam wie Frischhaltefolie

Redakteur: Rebecca Vogt

An der Universität des Saarlandes haben Physiker eine hauchdünne Supraleiterfolie entwickelt. Der Nanostoff soll neuartige Beschichtungen ermöglichen – etwa in den Bereichen Raumfahrt und Medizintechnik.

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Supraleiterfolie: Die Saarbrücker Forscher haben Fasern mit supraleitenden Nanodrähten zu einem Stoff verwebt, der hauchfein, biegsam und flexibel wie Frischhaltefolie ist.
Supraleiterfolie: Die Saarbrücker Forscher haben Fasern mit supraleitenden Nanodrähten zu einem Stoff verwebt, der hauchfein, biegsam und flexibel wie Frischhaltefolie ist.
(Bild: Oliver Dietze)

Heute übliche Supraleiter sind starr, spröde und – aufgrund ihrer hohen Dichte – schwer. Mit einem dünnen Nanostoff, der supraleitende Eigenschaften hat, haben Experimentalphysiker aus dem Forscherteam um Professor Uwe Hartmann an der Universität des Saarlandes eine neue Klasse von Supraleitern entwickelt. Den Forschern gelang es, die supraleitenden Eigenschaften in eine dünne, anschmiegsame Folie zu packen.

Formbarer und anpassungsfähiger Supraleiter

Der Stoff ist ein Gewebe aus Kunststofffasern und Hochtemperatur-supraleitenden Nanodrähten. „Das macht ihn formbar und anpassungsfähig wie Frischhaltefolie. Theoretisch könnte er in jeder Größe hergestellt werden. Hierzu benötigen wir weniger Ressourcen als die üblicherweise für Supraleiter verwendeten Keramiken, was das Geflecht auch günstiger macht“, erklärt Uwe Hartmann, Professor für Nanostrukturforschung und Nanotechnologie.

Auf den ersten Blick sieht es recht unspektakulär aus, was die Experimentalphysiker der Saar-Uni entwickelt haben. Wie ein verkokeltes schwarzes Stück Papier. Aber das unscheinbare Blatt, ein Supraleiter, hat es in sich. Ab etwa -200 °C transportiert der Nanostoff elektrischen Strom verlustfrei, lässt Magnete schweben und schirmt Magnetfelder ab.

Einsatz bei Minusgraden und mit Magneten

Supraleiter dürfen sich nur Materialien nennen, die eine außergewöhnliche Fähigkeit besitzen: Bei hohen Minusgraden leiten sie elektrischen Strom widerstandslos und verlustfrei. Mangels Widerstandes überträgt sich auch das Feld eines Magneten wie ein Spiegelbild auf die frostigen Materialien. Bringt man Supraleiter und Magnet zusammen und kühlt alles mit flüssigem Stickstoff, stoßen sie sich ab: Der Magnet schwebt über dem Supraleiter.

Einsatz in der Medizin oder im Weltraum

Vor allem das geringe Gewicht der neu entwickelten Folie sei ein Vorteil. „Mit einer Dichte von 0,05 g/cm³ ist der Stoff sehr leicht, das ist etwa ein Hundertstel eines herkömmlichen Supraleiters. Damit ist er interessant überall dort, wo es auf Gewicht ankommt. Zum Beispiel in der Weltraumtechnik. Auch in der Medizintechnik könnte er zum Einsatz kommen“, erklärt Hartmann. Als neuartige Beschichtung könne der Nanostoff bei niedrigen Temperaturen elektromagnetische Felder abschirmen, in flexiblen Kabeln zum Einsatz kommen oder für reibungsfreies Gleiten sorgen.

Nanofäden: Tausendmal dünner als ein Haar

Mikroskopische Aufnahme der Nanodrähte, die von den Forschern durch Elektrospinnen erzeugt wurden.
Mikroskopische Aufnahme der Nanodrähte, die von den Forschern durch Elektrospinnen erzeugt wurden.
(Bild: Arbeitsgruppe Uwe Hartmann)

Um den neuartigen Stoff zu weben, haben die Experimentalphysiker ein Verfahren genutzt, das sich Elektrospinnen nennt und üblicherweise für Kunststoffe (Polymere) zum Einsatz kommt. „Wir pressen dabei einen flüssigen Ausgangsstoff durch eine sehr feine Düse, die unter elektrischer Spannung steht. Heraus kommen Nanodrahtfäden, die tausendmal dünner sind als ein Haar - etwa 300 nm und weniger. Danach erhitzen wir das Geflecht so, dass Supraleiter in der richtigen Zusammensetzung entstehen. Sie bestehen aus Yttrium-Barium-Kupfer-Oxid oder aus ähnlichen Verbindungen“, erläutert Dr. Michael Koblischka, Wissenschaftler in Hartmanns Arbeitsgruppe.

Doppelt gefördert

Die Volkswagen-Stiftung förderte die Forschung der Experimentalphysiker im Rahmen von „Experiment!“ mit 100.000 Euro. Es handelt sich um eine Initiative, die Forschungsideen mit ungewissem Ausgang und hohem Forschungsrisiko unterstützt. Ein Konzept, das im Falle der Saarbrücker Physiker aufging. Seit September 2016 fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein Projekt, bei dem die Forscher die Eigenschaften der Nanodrähte näher untersuchen, für drei Jahre mit rund 425.000 Euro.

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