Führungskräfte schulen Persönlichkeit – das größte ungenutzte Potenzial

Autor / Redakteur: Cornelia Weber-Fürst / Andrea Gillhuber |

In Fortbildungen erlernt eine Führungskraft Management Skills. Ob sie das Know-how zielführend anwenden kann, entscheidet ihre Persönlichkeitsstruktur. Doch wie lässt sich die Persönlichkeit entwickeln?

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Wie erfolgreich eine Führungskraft ist, entscheidet ihre Persönlichkeit. Diese lässt sich entwickeln.
Wie erfolgreich eine Führungskraft ist, entscheidet ihre Persönlichkeit. Diese lässt sich entwickeln.
(Bild: © pathdoc - Fotolia.com)

Die Persönlichkeit ist der wichtigste Erfolgsfaktor in der Führungsfunktion und gleichzeitig das größte ungenutzte Potenzial in Unternehmen. Wir investieren viel in die Fortbildung von Führungskräften, aber hier geht es meist um den Erwerb von technischem Know-how, von Management Skills und von Führungsverhalten. Dabei ignorieren wir, dass die Persönlichkeitsstruktur nicht nur dieses Know-how und diese Skills völlig wirkungslos werden lassen kann, sondern weit mehr ungenutzte Potenziale beinhaltet als unbekanntes Wissen.

Warum arbeiten wir so wenig mit der Persönlichkeit unserer Führungskräfte?

Wie in vielen anderen Bereichen des Lebens auch, versuchen wir das auszublenden, was wir nicht verstehen. Persönlichkeit scheint für viele der Bereich über sich selbst zu sein, der unbewusst und unergründlich ist und vermeintlich unangenehme Aspekte beinhalten könnte. Er wird deswegen gerne mit der Haltung „So bin ich halt“ ignoriert. Ein weiterer Grund könnte darin liegen, dass es nicht so einfach ist, Persönlichkeit zu trainieren. Da bleiben viele Trainer lieber mit theoretischen Modellen und Übungen auf der Verhaltensebene.

Kurzer Einblick in das Thema Persönlichkeit

Persönlichkeit ist der Teil von uns, der geworden ist, unsere Prägung (Charakter = griech. das Geprägte). Die Persönlichkeit besteht damit immer aus Strukturen, die sich auf das beziehen, was gewesen ist. Damit ist Persönlichkeit immer vergangenheitsorientiert. Wer beispielsweise zu Micromanagement neigt, immer alles kontrollieren will, tut das aus einem Sicherheitsbedürfnis, das einer frühen Lebenserfahrung entstammt, nicht aus dem unvoreingenommenen Abschätzen der aktuellen Situation. Wer sich selbst nicht erlauben kann, etwas nicht zu wissen, reagiert damit heute noch auf einen Fokus der Eltern oder eine peinliche Situation von früher und erlebt inneren Stress in all den Situationen, die neu und herausfordernd sind. Dies führt dazu, dass er sofort vorhandene, meist veraltete Lösungsmuster anwendet, anstatt neu nachzudenken.

Bestandteile der Persönlichkeitsstruktur sind unter anderem eine Definition, wie ich wäre, wenn ich mich sein ließe, eine Definition, wie ich eigentlich sein sollte, ein Regelwerk, das ich befolgen muss, um okay oder sicher zu sein, eine Definition davon, wie die Welt ist und worum es im Leben geht, und eine Definition mit emotionalem Inhalt dazu, wie das Zwischenmenschliche abläuft. Alle diese Definitionen sind Interpretationen und Reaktionen auf frühere Erlebnisse. Sie haben eine Psycho-Logik. Wir brauchen sie nicht zu verurteilen, um sie ablegen zu können. Wir brauchen sie nur zu erkennen. Wir brauchen auch uns selbst dafür nicht verurteilen – wir haben sie selbst nicht bewusst ausgewählt.

Die meisten dieser Prägungen schränken uns als Erwachsene in unseren Möglichkeiten und Fähigkeiten ein. Sie sind für andere deutlicher erkennbar als für einen selbst. Sie sind oft die Eigenschaften, die uns an anderen nerven.

Wie funktioniert Persönlichkeitsentwicklung?

Persönlichkeitsentwicklung ist die Befreiung aus diesen Einschränkungen und ein innerlicher Schritt ins zweite Erwachsenwerden. Diese Arbeit läuft über das Erlangen von Bewusstheit über die eigenen Prägungen und Strukturen. Je mehr wir unsere Prägungen sehen und verstehen, umso mehr können wir die Möglichkeiten dahinter erkennen und haben unsere Sinne frei für die Wahrnehmung dessen, was aktuell wirklich ist und was wir alles mehr sind, als wir bisher dachten. Wir erreichen dadurch innere Autonomie und Authentizität.

Vorteil für Unternehmen

Wer mit Mustern und Prägungen unterwegs ist, braucht durchschnittlich 70 % seiner Aufmerksamkeit für sein Ego und kann schwer Neues generieren. In der komplexen, immer schneller werdenden Wirtschaftswelt brauchen wir alle unsere Kapazitäten zur wachen Wahrnehmung sowie zu einer autonomen Sicht und Entscheidungsfindung. Erst wer aus sich selbst heraus statt aus Mustern, Prägungen und Ego-Bedürfnissen handelt, kann Mitarbeiter mit einer Qualität von Wahrhaftigkeit und Wesentlichkeit führen, Sinn stiften, inspirieren, Kreativität fördern und ihr Engagement erhalten.

* Cornelia Weber-Fürst ist Führungstrainerin und -coach sowie Master Certified Coach (MCC) des Internationalen Coaching-Verbands (ICF), info@weber-fuerst.com, Tel. (0 89) 17 11 78 50, www.weber-fuerst.com, www.coachfederation.de

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