Electrosuisse-Tagung zu Produktkonformität Product Compliance – oder welchen „Reisepass“ braucht mein Produkt?
Nicht nur Menschen, sondern auch Handelsgüter müssen sich „ausweisen“, wenn sie in einem neuen Land Fuß fassen wollen. Doch welcher Ausweis gilt für welches Produkt? Und wer stellt die nötigen Papiere aus? Antworten auf diese und viele andere Konformitätsfragen gab es an der Electrosuisse-Tagung „Product Compliance“ am 26./27. Oktober in Bern.
Anbieter zum Thema

Sichere, leistungsstarke Geräte und einen fairen Wettbewerb – das wollen alle. Die damit einhergehenden Vorschriften, Richtlinien und Normen bringen Hersteller, Importeure und Händler allerdings schon mal an ihre Grenzen: Ist mein Produkt nun eine Maschine, ein Gerät oder dank Internetzugang gar eine Funkanlage? Darf ich die Konformitätsprüfung selbst durchführen oder muss ich mich an eine Prüfstelle wenden? Und wenn ja, was dann?
Die Flut von immer neuen Gesetzen, Vorschriften und Bestimmungen ist überwältigend. Also Augen zu und durch – und hoffen, dass es schon gut gehen wird? Oder nichts dem Zufall überlassen und jeden Spezialfall absichern?
An der „Product Compliance“-Tagung von Electrosuisse und Globalnorm GmbH Berlin lernten die zahlreich erschienenen Teilnehmenden differenziertere Wege im Umgang mit dem komplexen Thema kennen. Gastgeber Jürg Rellstab, Leiter Zertifizierung Produkte bei Electrosuisse, führte durch ein Tagungsprogramm, das nicht nur technische, sondern auch politische, rechtliche und organisatorische Aspekte der Product Compliance beleuchtete. Einige Highlights der modular aufgebauten Veranstaltung seien hier hervorgehoben.
Eintrittsticket für den EU-Markt
Die Europäische Union ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz. 60 Prozent der Exporte gehen in den europäischen Wirtschaftsraum. Viele Handelshemmnisse konnten in den letzten Jahren durch bilaterale Verträge abgebaut werden. Im Gegenzug verpflichtete sich die Schweiz, die europäischen CE-Richtlinien zu übernehmen. Was EU-Neulinge (und Konsumenten!) oft nicht wissen: Die Hersteller bringen die CE-Kennzeichnung selbst auf ihren Produkten an. Sie bezeugen damit, dass sie die Richtlinien und Verordnungen der EU „in gutem Treu und Glauben“ einhalten. Die CE-Kennzeichnung ist also kein neutrales Prüf- oder Qualitätslabel.
Wer jedoch für Stichproben der Marktaufsichtsbehörden oder für eine allfällige Haftungsklage gewappnet sein will, muss dafür sorgen, dass, wo CE draufsteht, auch CE drin ist. Dazu gehört selbstverständlich mehr als ein korrekt angebrachter CE-Kleber. Welche Produkte unter die CE-Kennzeichnungspflicht fallen, wo Information und Unterstützung zu den betreffenden Richtlinien und Verordnungen zu finden sind und wie sich Konformitätsprojekte effektiv abwickeln lassen, erfuhren die Teilnehmenden im Basis-Seminar CE-Richtlinien.
Nichttarifäre Handelshemmnisse – ein Thema mit Zukunft
Aus der Perspektive der Politik und der Behörden beleuchtete Christophe Perritaz, Leiter „nichttarifarische Maßnahmen“ beim Staatssekretariat für Wirtschaft
(SECO), den internationalen Marktzugang.Da die technischen Vorschriften mit der EU weitestgehend harmonisiert sind, konnte im MRA (Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen) der Marktzutritt für 20 Produktbereiche erheblich vereinfacht werden. Doch eine so weitgehende Harmonisierung ist nicht mit mehreren Partnern möglich. Mit den außereuropäischen Handelspartnern wird die regulatorische Zusammenarbeit deshalb zum Beispiel durch Freihandelsabkommen gefördert. Ziel dieser Abkommen ist die gegenseitige Anerkennung spezifischer Sektoren sowie langfristig eine größere Konvergenz der gesamten technischen Gesetzgebung. Allerdings sorgen die rasch zunehmende Produktvielfalt, sowie die Tendenz vieler Märkte „sich nach innen zu wenden“ laufend für neue Vorschriften. Das Thema „technische Handelshemmnisse“ wird deshalb trotz aller Verhandlungserfolge auch in Zukunft aktuell bleiben.
(ID:44498207)