Schweißen Schweißverfahren Time-Twin Digital bietet Vorteile beim Verbinden und Plattieren

Autor / Redakteur: Ingo Pfeiffer / Rüdiger Kroh

Jährlich entstehen allein in Deutschland Milliardenschäden durch Korrosion und Abrasionsverschleiß an Maschinen- und Anlagenteilen. Besonders Rohre in der Prozessindustrie müssen gegen

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Jährlich entstehen allein in Deutschland Milliardenschäden durch Korrosion und Abrasionsverschleiß an Maschinen- und Anlagenteilen. Besonders Rohre in der Prozessindustrie müssen gegen Chemikalien oder aggressive Medien beständig sein.

Schweißplattieren erhöht Lebensdauer von Rohren

Das Schweißplattieren metallischer Bauteile bietet eine wirtschaftliche Methode, deren Lebensdauer zu erhöhen. Die Uhlig Rohrbogen GmbH aus Langelsheim bei Goslar setzt dabei auf die Schweißtechnik von Fronius. Die dort gefertigten Bauteile kommen in Wärmetauscher und Membranwände für Müllheizkraftwerke sowie Prozessanlagen.

Diese Anwendungen erfordern hochlegierte, widerstandsfähige Metalle, deren Verarbeitung viel Fachwissen und schweißtechnische Erfahrung voraussetzt. Das Schweißplattieren (Cladding) erweitert den konstruktiven Spielraum für Anlagenbauer.

Preiswerter Stahl statt teurer Speziallegierungen

Statt Rohre aus teuren Speziallegierungen zu verwenden, besteht der Rohrkörper aus relativ preiswertem Stahl oder aus einem anderen Basiswerkstoff. Auf den medienberührten Flächen erhalten die Teile eine Schutzbeschichtung aus verschleiß- und korrosionsbeständigen Legierungen. Diese lassen sich beim Fertigen aufbringen oder als Instandsetzungs-Plattieren bei Reparaturarbeiten vor Ort auftragen.

Als Verschleißschutz von Heizflächen in Müllheizkraftwerken haben sich Legierungen wie Inconel 625 bewährt. Uhlig Rohrbogen hat bisher für mehr als 60 Abfallverbrennungsanlagen Rohrwände schweißplattiert und über 400 000 kg Schweißzusatzwerkstoffe verarbeitet. Die Spanne der eingesetzten Schweißverfahren reicht vom WIG-Schweißen über das MIG/MAG-Verfahren bis hin zum UP-Schweißen.

Schweißplattieren auch für komplexe Bauteile geeignet

Das Schweißplattieren als Fertigungsverfahren lässt sich auch für komplexe Bauteile anwenden. Ein vollständig schweißplattierter Sammler mit zahlreichen Anschlüssen und angeschweißten, gebogenen Paneelwänden für eine Biomasseanlage (Bild 2) demonstriert die Vielfalt der Verfahren, Werkstoffe und Bauteile. Der Durchmesser des Grundrohres beträgt 273 mm.

Weitere Beispiele sind komplett vorgefertigte, schweißplattierte Kesselwände inklusive Einstiegsöffnungen, Eindüsungen sowie im Außenbereich vormontierte Bandagen und Kästen. Besonders beim Aufbau vor Ort unter oft unkalkulierbaren, schwierigen Bedingungen bringen die montagefertigen Bauteile ihren Nutzen. Der Kunde gewinnt so mehr Planungssicherheit sowie die Vorteile der Just-in-time-Lieferung und der kürzeren Installationszeit.

4000 bis 5000 m2 Wandplattierungen pro Jahr

Die Wandplattierungen belaufen sich auf etwa 4000 bis 5000 m2 pro Jahr. Zur Zeit sind sechs Einzelrohrplattieranlagen und neun Plattieranlagen für Membranwände in Betrieb. Dabei arbeitet Uhlig mit unterschiedlichen Verfahren und Systemen von Fronius (Bilder 3 und 4), darunter auch dem Time-Twin-Digital-Verfahren (Tandemdraht-Lichtbogenschweißen) und dem CMT-Prozess (Cold Metal Transfer).

Ausgangsmaterial für Rohrbögen und andere Formteile sind Stahlplatinen. Nach den mechanischen Arbeitsschritten Zuschnitt, Glühen, Pressen und Formen (Brennschnitt, Walzen) folgt das Schweißen der Längsnähte und Kalibrieren der Rohre sowie optional das Schweißplattieren. Eine weitere mechanische Bearbeitung und die abschließende Oberflächenbehandlung stehen am Schluss der Prozesskette.

Große Bandbreite an Werkstoffen Herausforderung für Schweißverfahren

Die breite Werkstoffpalette von Baustählen nach EN 10025, Feinkornbaustählen gemäß DIN/EN 1002 und warmfesten Stählen (EN 10028) über hochhitzebeständige und nichtrostende Stähle bis hin zu ASTM- und Sonderwerkstoffen verlangt leistungsstarke Schweißverfahren. Für besonders hochwertige Arbeiten sowie das Schweißen von Wurzellagen bei kritischen Werkstoffen stellte Uhlig im Rahmen von Prozessoptimierungen vom WIG-Schweißen auf das Time-Twin-Digital-Verfahren um, einen Metall-Schutzgas-Prozess. Der Hauptvorteil des Verfahrens ist die zwei- bis über zweieinhalbfach höhere Abschmelzrate und die dadurch erreichte Zeiteinsparung.

Die Fachleute von Uhlig haben das Verfahren mit einer speziellen Schweißstation optimiert, bei der die Time-Twin-Anlage auf einem Automatenträger zwischen zwei Drehtellern hin und her fahren kann. Das ermöglicht Rüstarbeiten auf einem der Drehteller und parallel dazu das Schweißen auf dem anderen.

Time-Twin-Anlage schweißt jeweils drei Rohrbögen

Die Time-Twin-Anlage schweißt jeweils drei auf einen Drehteller gespannte und geheftete Rohrbögen von 500 bis 1200 mm Durchmesser und 6 bis 20 mm Wanddicke. Kupferschienen als Wurzelschutz sorgen für sehr gleichmäßige und ohne großen Überhang ausgeformte Wurzeln.

Das Besondere an Time-Twin Digital sind die beiden elektrisch voneinander isolierten Drahtelektroden in einem gemeinsamen Düsenkopf und die digitale Regelung des Schweißprozesses. Dazu verfügen die Time-Twin-Digital-4000/5000-Systeme über zwei Stromquellen und zwei Drahtvorschubeinheiten sowie je einen digitalen Signalprozessor (DSP).

Digitaler Signalprozessor gleicht Schweißstrom und Schweißspannung stets an

Die am Lichtbogen erfassten Analogwerte von Schweißspannung und Schweißstrom wandelt ein Analog-Digital-Wandler in digitale Signale für den DSP um. Dieser gleicht die Istwerte des Schweißprozesses an die Sollwerte an und optimiert für jeden der beiden Lichtbögen den Drahtvorschub, die Lichtbogenlänge sowie den Schweißstromverlauf. Das führt zu zwei sehr stabilen Lichtbögen mit optimierter Tropfenablösung und einem höheren Energieeintrag. Damit einher geht eine deutliche Steigerung der Schweißgeschwindigkeit um den Faktor 2 bis 2,5 im Vergleich zu Eindrahtprozessen.

An den beiden elektrisch voneinander isolierten Elektroden lassen sich Standard- oder Impulslichtbogen separat einstellen. Von den vier möglichen Kombinationen sind aber nur drei von technischer Bedeutung. Die maximale Schweißgeschwindigkeit und Spaltüberbrückung liefern ein Impulslichtbogen an der führenden und ein Standardlichtbogen an der nachlaufenden Elektrode. Eine umgekehrte Anordnung der Lichtbogenarten führt zu einem besonders tiefen Einbrand. Die häufigste Einstellung ist jedoch ein Impulslichtbogen an beiden Elektroden – mit um 180° phasenverschobenen Werkstoff-übergängen.

Reversierende Drahtbewegung durch entkoppelte Antriebe

Der kalte Metalltransfer beim CMT-Verfahren ist das Ergebnis eines digital kontrollierten Kurzlichtbogens und einer reversierenden Drahtbewegung. Letztere erreichen zwei voneinander entkoppelte Antriebssysteme mit zwischengeschaltetem Drahtpuffer. Der hintere Antrieb am Inverter sorgt für den kontinuierlichen Drahtvorschub, der vordere im Schweißkopf für eine prozessgesteuerte Rückzugsbewegung in der Frequenz bis über 70 Hz.

Erkennt die digitale Steuerung der Stromquelle den Beginn einer Kurzschlussphase, reduziert sie automatisch den Schweißstrom, bis der Lichtbogen erlischt. Dabei erfolgt ein kurzzeitiger Rückzug des Schweißdrahtes. Dieses pulsartige Reversieren unterstützt den Tropfenübergang. Nach der Tropfenablöse erhöht das Steuerprogramm den Strom und transportiert den Draht wieder nach vorne. Der Lichtbogen baut sich erneut auf und der Zyklus beginnt von vorn.

Dieser Wechsel, ausgelöst durch Absenken des Stromes und Zurückziehen des Schweißdrahtes, vermindert gravierend den Gesamtwärmeeintrag. Weitere Effekte sind eine deutlich bessere Spaltüberbrückung, eine höhere Arbeitsgeschwindigkeit sowie ein vollkommen spritzerfreies Schweißen.

Der klassische CMT-Einsatz ist das Verbindungsschweißen im Dünnblechbereich bis 3 mm. Das im Vergleich zum konventionellen MAG-Schweißen deutlich kältere Verfahren bringt beim Auftragschweißen interessante Vorteile. So kommt es bei Uhlig darauf an, wenig Energie in das Werkstück einzubringen und eine möglichst geringe Aufmischung des Schweißzusatzwerkstoffes mit dem Grundwerkstoff zu realisieren. Dank des reduzierten Wärmeeintrags kommt es darüber hinaus zu deutlich weniger Verzug. Das verringert den Aufwand für nachträgliche Richtarbeiten an den schweißplattierten Membranwänden. MM

Ingo Pfeiffer ist Anwendungstechniker für den Bereich Hochleistungsschweißen bei der Fronius Deutschland GmbH, 36119 Neuhof-Dorfborn

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