Unfallprävention Unfallquellen ermitteln und richtig vorbeugen
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Arbeitsschutz darf kein notwendiges Übel sein. Für einen nachhaltigen Erfolg von Arbeitsschutzmaßnahmen müssen diese von oben nach unten vorgelebt und gefördert werden.

Im Jahr 2020 wurden laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung 760.492 meldepflichtige Arbeitsunfälle verzeichnet, bei denen es zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen kam. 399 Beschäftigte starben sogar an den Folgen eines Arbeitsunfalls. Auch, wenn die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind, was zum Teil auf die Pandemie zurückzuführen ist, ist jeder Arbeitsunfall einer zu viel. Unternehmen müssen handeln, bestehende Maßnahmen durchdenken und eine neue Kultur von Sicherheit gestalten. Doch wie gelingt das?
Warum die aktuellen Maßnahmen im Arbeitsschutz nicht mehr ausreichen
Kurzarbeit und Arbeit im Home-Office führten dazu, dass die Arbeitsunfälle im Jahr 2020 drastisch gesunken sind. Doch über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet ist zu erkennen, dass die Zahl der Arbeitsunfälle mit Ausnahme der Pandemie seit 2012 stagniert. Doch warum ist das so? „Das Thema Arbeitsschutz ist in vielen Unternehmen immer noch ausschließlich technisch geprägt. Genauso die Ausbildungen zu Sicherheitsingenieuren und Fachkräften für Arbeitssicherheit“, erklärt Arbeitsschutzexperte Stefan Ganzke. „Ein wertvolles und rechtlich gefordertes Mittel, um Unfallquellen im Voraus festzustellen, sind Gefährdungsbeurteilungen. Hieraus ergibt sich jedoch oftmals nur der TOP-Ansatz. TOP steht dabei für technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen.“
Seit seiner Einführung im Jahr 1990 hat der TOP-Ansatz dazu geführt, dass die Unfallzahlen insgesamt gesunken sind – die Entwicklung zeigt jedoch, dass die Herangehensweisen noch nicht ausreichend sind. Ein weiterer Blick in die Statistik zeigt zudem, dass nur sehr wenige Arbeitsunfälle noch durch Maschinen verursacht werden – bis zu 90 Prozent jedoch durch menschliche Entscheidungen: Eine Maschine kann sicher umzäunt und die Tür zum Gefahrenbereich mit elektrisch abgefragt werden. Wenn dann aber beispielsweise ein Wartungsmitarbeiter den Gefahrenbereich betritt und sich dort verletzt, sind die technischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Das Gleiche gilt für Mitarbeiter, die zwar komfortable Schutzhandschuhe haben, sie aber bei fehlender Aufsicht nicht tragen. Schutzmaßnahmen müssen daher bereits im Kopf ansetzen.
Wie Arbeitsschutz neu gedacht werden kann
Bis zu 95 Prozent menschlicher Gedanken und Entscheidungen laufen unterbewusst ab. „Wir müssen daher am Bewusstsein arbeiten und die Menschen wirklich mitnehmen“, erklärt Ganzke. Als Sicherheitsingenieur, der selbst jahrelang den TOP-Ansatz verfolgt hat, weiß er, wie Arbeitsschutz neu gedacht werden kann. „Ein erster Schritt ist die verstärkte Sensibilisierung der Führungskräfte für das Thema. Es darf nicht als lästiges Übel angesehen werden. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen ein Selbstverständnis für Arbeitsschutz entwickeln und die Vorteile des sicheren Arbeitens erkennen.“ Ganzke selbst nimmt die Rolle als Coach ein – keinesfalls soll der Eindruck einer „Arbeitsschutzpolizei“ entstehen. Für einen nachhaltigen Erfolg müssen die Maßnahmen von oben nach unten vorgelebt und gefördert werden.
Führungskräfte müssen die Sprache der Mitarbeiter sprechen, um gezielt mit ihnen zu kommunizieren. Nur wer versteht, aus welchen Gründen ein Mitarbeiter unsicher arbeitet, kann Einwände auch lösen. Diese Erkenntnis hilft auch bei Unterweisungen, bei denen möglichst alle Mitarbeiter dafür sensibilisiert werden sollten, dem Thema Sicherheit einen höheren Stellenwert zu geben. Zudem führt eine offene Fehlerkultur dazu, dass sich Mitarbeiter trauen, Beinaheunfälle zu melden, wodurch Schutzmaßnahmen erarbeitet werden können, die mögliche Arbeitsunfälle verhindern. Aber: „Führungskräfte brauchen an dieser Stelle Unterstützung. Ein Seminar zu rechtlichen Pflichten und persönlicher Haftung reicht hier nicht aus. Es braucht ein Arbeitsschutz-Onboarding, bei dem Führungskräfte über ein paar Monate hinweg von einer Art Sparringpartner begleitet werden“, weiß Ganzke.
Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg
Sind die ersten Schritte getan, ist es Zeit, die nachweislich beste Methode für Arbeitsschutz einzuführen: „Behavior Based Safety“, also verhaltensbasierte Sicherheit. Dabei werden Mitarbeiter zu Beobachtern trainiert, indem sie sicheres Verhalten loben und unsicheres offen und freundlich ansprechen. So können Unfälle um bis zu 80 Prozent reduziert werden.
Arbeitsunfälle zu vermeiden bedeutet, dass Führungskräfte und Mitarbeiter ihre Einstellung gegenüber dem Arbeitsschutz verändern. Das ist jedoch ein langfristiger Prozess, der in den meisten Fällen der Unterstützung von externen Sicherheitskultur-Experten, wie zum Beispiel Stefan Ganzke, bedarf. n
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