Elektromechanischer Antrieb Antriebssystem für die nächste Generation

Autor / Redakteur: Jennifer Heringhaus / Stefanie Michel

Durch die Digitalisierung, Flexibilisierung und Individualisierung der Industrie werden sich die heutigen Produktionsprozesse grundlegend verändern. Die Smart Factory von morgen ist flexibel, modular und mobil. Ein omnidirektionales Antriebssystem macht Roboter fit für diese Herausforderungen.

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Antriebseinheit mit Mecanum-Rad: Dank ihrer besonderen Konstruktionsweise können sich Mecanum-Räder ohne Wendekreis frei in alle Richtungen bewegen und eignen sich für mobile Anwendungen in einer Fabrik.
Antriebseinheit mit Mecanum-Rad: Dank ihrer besonderen Konstruktionsweise können sich Mecanum-Räder ohne Wendekreis frei in alle Richtungen bewegen und eignen sich für mobile Anwendungen in einer Fabrik.
(Bild: Nabtesco)

Als Henry Ford Anfang des 20. Jahrhunderts im Automobilbau die Fließbandfertigung einführte, revolutionierte er mit seinem Konzept von Arbeitsteilung und Standardisierung nicht nur die Fahrzeugbranche, sondern die gesamte industrielle Produktion. Bald hielt die neue Art der Produktion auch in anderen Wirtschaftszweigen Einzug und wurde schnell zum Erfolgsmodell. Auch heute, gut 100 Jahre später, gilt das Fließband noch immer als Inbegriff von industriellem Fortschritt, Automatisierung, Optimierung und Effizienz. Doch auch wenn standardisierte Massenfertigungsprozesse noch immer vielerorts die Fabrikhallen prägen: die Tage des Fließbands sind längst gezählt. Denn in der flexiblen, intelligenten Produktion der Fabrik der Zukunft hat der einstige Erfolgsgarant keinen Platz mehr. Fertigungsstraßen, wie wir sie heute kennen – mit der immer gleichen Abfolge und Anordnung von hintereinandergeschalteten Produktionsschritten –, wird es in der Smart Factory von morgen nicht mehr geben.

Von der Standardisierung zur Individualisierung

An die Stelle starrer Fertigungslinien mit Montagebändern und Volumenproduktion treten Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Selbstständigkeit. Die Vision: eine wandlungsfähige, modulare und sich selbst optimierende Fertigung. „Die Smart Factory der Zukunft organisiert sich quasi selbst“, so Daniel Obladen, Head of Sales General Industries bei der Nabtesco Precision Europe GmbH. „Standardisierte, vorgefertigte Abläufe wird es nicht mehr geben. Stattdessen bewegen sich Roboter, fahrerlose Transportsysteme (FTS) oder auch das Werkstück selbst frei in der Werkhalle und fahren je nach Bedarf und Verfügbarkeit eigenständig die benötigten Bearbeitungsstationen an.“ Dabei agiert zwar jeder autonom, aber nicht ohne System. Denn alle sind untereinander vernetzt und „wissen“, welches Werkstück welche Arbeitsschritte benötigt, wo gerade ein Platz frei ist oder wie die Arbeitsprozesse am besten zu regeln sind, damit die Produktion nicht ins Stocken kommt. Treiber dieser Entwicklung sind unter anderem die Digitalisierung und der Trend hin zu mehr Individualisierung, Variantenvielfalt und Losgröße 1.

Flexibilität durch Mobilität von Roboter und Peripherie

Die Smart Factory der Industrie 4.0 erfordert maximale Flexibilität. Das bedeutet aber auch maximale Mobilität von Roboter und Peripherie. Die technische Entwicklung schreitet dabei mit großen Schritten voran. Noch sind Roboter meist eher statisch und auf das Ausführen sich wiederholender Bewegungsabläufe programmiert. Doch die nächste Generation steht schon in den Startlöchern, betont Daniel Obladen: „Der Roboter von morgen ist mobil. Er navigiert autonom und bewegt sich frei im Raum – ohne Schienen oder vorgegebene Wege.“ Dabei sind die autonomen, mobilen Roboter nicht nur in der Lage, sich in bekanntem Milieu zurechtzufinden, sondern können sich auch auf unbekanntem Terrain orientieren.

Obladen muss es wissen. denn Nabtesco ist mit einem Marktanteil von 60 % unangefochtener Weltmarktführer für Robotergetriebe. Ob besonders klein und leicht, unglaublich kraftvoll, extrem schnell oder äußerst flexibel – viele Getriebetypen sind speziell für die Bedürfnisse der Robotikbranche optimiert. Eine besondere Stärke liegt dabei im Customising: Gemeinsam mit dem Kunden entwickelt Nabtesco individuelle Antriebslösungen, die perfekt an die jeweiligen Anforderungen angepasst sind.

Elektromechanisches Antriebssystem mit Mecanum-Rad

In den vergangenen Jahren hat sich die europäische Tochterfirma Nabtesco Precision Europe des japanischen Mutterkonzerns Nabtesco Corporation vom einfachen Getriebelieferanten zum Systemanbieter kompletter Antriebslösungen entwickelt und die elektrische und steuerungstechnische Expertise des Teams am Firmensitz in Düsseldorf kontinuierlich ausgebaut. Längst werden die präzisen und zuverlässigen Exzentergetriebe nicht nur in den „Gelenken“ von Robotern eingesetzt, sondern auch in der Peripherie und weiteren Branchenlösungen. So entwickelt Nabtesco aktuell ein elektromechanisches Antriebskonzept, das der Produktion der Zukunft die benötigte uneingeschränkte Mobilität verschafft: eine Antriebseinheit mit Mecanum-Rad.

Anders als bei herkömmlichen Rädern sind bei Mecanum-Rädern auf einer Felge mehrere drehbar gelagerte tonnenförmige Rollen angebracht, meist im Winkel von 45° zur Achse des gesamten Rades. Diese spezielle Konstruktionsweise ermöglicht eine omnidirektionale Mobilität. Ob Drehen auf der Stelle, Kurven in beliebigem Radius oder Manövrieren auf engstem Raum – Mecanum-Räder erlauben es fahrerlosen Transportfahrzeugen, Förderfahrzeugen oder mobilen Robotern, sich frei wie ein Luftkissenboot in alle Richtungen fortzubewegen und zu drehen. Ganz ohne Rangieren oder Wendekreis. Gerade bei beengten Raumverhältnissen bietet dies große Vorteile. Daniel Obladen: „Wir sind stark in der Robotik, was die Herstellung von Präzisionsgetrieben für Roboterachsen angeht, und nutzen das Wissen und die Erfahrung jetzt, um den nächsten Schritt zu tun. Für uns steht im Fokus, den hohen Qualitätsansprüchen unserer Kunden gerecht zu werden und zudem durch permanente Weiterentwicklung neue Lösungswege anbieten zu können.“

Radantrieb für Highspeed auf geringerem Bauraum

Bei dem voll integrierten und dezentralen Antriebskonzept von Nabtesco sind alle erforderlichen Komponenten in der Radeinheit untergebracht. Das bietet dem Anwender maximale Gestaltungsfreiheit bei der Konstruktion von FTS-Lösungen. Dank der verwendeten Zykloidgetriebe arbeitet das kompakte und äußerst robuste Antriebskonzept zudem völlig wartungsfrei. „Unsere Getriebe besitzen neben der Präzision noch weitere Attribute, die für den Einsatz in FTS-Radantrieben entscheidend sind“, erläutert Obladen. „Nabtesco-Getriebe sind extrem robust, zuverlässig und bekannt für ihre Langlebigkeit. Durch ihre kompakte Bauweise, ihre integrierte Hauptlagerung, welche Radial- und Axialkräfte aufnehmen kann, eignen sich diese ideal für Mecanum-Räder.“ Für seine neue Antriebseinheit verwendet Nabtesco ein Sondergetriebe, das auf dem RF-P-Vollwelleneinbausatz mit optimierter Lagerung basiert. Die RF-P-Serie wurde speziell für Anwendungen konzipiert, die schnelle Taktzeiten und hohe Abtriebsgeschwindigkeiten voraussetzen, bei denen das vorhandene Platzangebot jedoch stark begrenzt ist. Damit sind die kompakten RF-P-Einbausätze wie geschaffen für den Einsatz in FTS-Radantrieben.

Transportfahrzeuge und Roboter erhalten omnidirektionale Mobilität

Auch wenn die Industrie zum Großteil noch nach den altbewährten Fertigungsmustern arbeitet – die Zukunft der Produktion hat längst begonnen. Mit dem omnidirektionalen Antriebssystem mit Mecanum-Rad liefert Nabtesco eine Technologie für die mobile Robotergeneration und die flexible, modulare Fertigung von morgen.

* Jennifer Heringhaus ist Expert Internal Sales & Marketing General Industries bei der Nabtesco Precision Europe GmbH in 40472 Düsseldorf

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