Recruiting Azubi-Bewerber haben die Standardfragen satt

Autor Melanie Krauß |

Auszubildende sind zunehmend genervt von Allerweltsfragen in Bewerbungsgesprächen und wünschen sich mehr Interesse an der eigenen Person. Für Unternehmen bedeutet das, dass deutlich mehr Kreativität im Bewerbungsprozess gefordert ist.

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Einstellungtests sollten einen Bezug zum späteren Ausbildungsberuf haben. Für Bewerber ist das eine gute Gelegenheit, schon mal einen realistischen Einblick zu erhalten.
Einstellungtests sollten einen Bezug zum späteren Ausbildungsberuf haben. Für Bewerber ist das eine gute Gelegenheit, schon mal einen realistischen Einblick zu erhalten.
(Bild: Adobe Stock)

Im Durchschnitt bekommt ein Bewerber in der Maschinen- und Anlagenbaubranche 2,09 Ausbildungsplätze angeboten. 19 % der Bewerber erhalten sogar 3 Angebote und immerhin 5 % können zwischen mehr als 5 Ausbildungsplätzen wählen. Das ergab die Studie Azubi-Recruiting Trends 2018 der U-form Testsysteme GmbH & Co. KG. Befragt wurden hierbei 409 Bewerber und Auszubildende und 182 Ausbildungsverantwortliche aus der verarbeitenden beziehungsweise fertigenden Industrie/dem Maschinenbau.

In Zeiten von Fachkräftemangel müssen Unternehmen genau überlegen, was sie für ihre Nachwuchssicherung tun können. Ein wesentlicher Faktor, der Einfluss auf die Entscheidung potenzieller Ausbildungskandidaten haben kann, ist der Ablauf des Bewerbungsverfahrens. Beginnend mit den Stellenanzeigen ergeben sich über den gesamten Prozess hinweg immer wieder Differenzen zwischen den Vorstellungen der zukünftigen Auszubildenden und denen der Ausbildungsverantwortlichen.

So wünschen sich 78 % der Bewerber deutlich mehr Informationen über berufliche Möglichkeiten nach Abschluss der Ausbildung in der Stellenanzeige, aber nur 39 % der Ausbildungsverantwortlichen räumen diesem Aspekt eine hohe oder eher hohe Priorität ein. Ein Viertel der Verantwortlichen misst dem Thema sogar nur niedrige oder eher niedrige Priorität bei.

Den Bewerbern langfristige Berufsperspektiven schmackhaft machen

Dabei liegen gerade hier auch Chancen für die Unternehmen. Verlässt ein Kandidat den Betrieb unmittelbar nach der Ausbildung wieder, kann das insbesondere in Anbetracht der hohen Ausbildungskosten als Fehlinvestition gelten. Ziel sollte also sein, den Auszubildenden nicht nur für die Dauer der Ausbildung, sondern möglichst langfristig an das Unternehmen zu binden. Statt den Schwerpunkt in der Stellenanzeige bei den Anforderungen zu setzen, bietet es sich an, den Platz zu nutzen, um den Bewerbern eine Berufsperspektive schmackhaft zu machen.

Beim Lebenslauf sind sich alle einig: Er ist ein wichtiger Bestandteil der Bewerbungsmappe.
Beim Lebenslauf sind sich alle einig: Er ist ein wichtiger Bestandteil der Bewerbungsmappe.
(Bild: Adobe Stock)

Was die Bestandteile der Bewerbungsunterlagen angeht, sind sich beide Seiten laut Studie relativ einig: Sowohl Anschreiben als auch Lebenslauf werden für sehr wichtig oder eher wichtig gehalten. Eine unterschiedliche Gewichtung erhalten hingegen Schulzeugnisse. Während 78 % der befragten Ausbildungsverantwortlichen noch immer großen Wert darauf legen, sind nur 60 % der Bewerber und Auszubildenden der Meinung, dass sie ein wichtiger Bestandteil der Bewerbung sind.

Gibt es einen Einstellungstest, sollte dieser möglichst einen Bezug zum späteren Ausbildungsberuf haben. 49 % der Auszubildenden halten das für sehr wichtig und 34 % für eher wichtig. Lediglich knapp 1 % der Bewerber gab an, dass der Berufsbezug im Einstellungstest für sie gar nicht wichtig sei. Dabei können sich mehr als ein Drittel (37 %) der Bewerber gut vorstellen, zur Prüfung der Eignung einen Onlinetest im Unternehmen durchzuführen. Allerdings wird diese Art von Test nur von 13 % der Unternehmen genutzt. Die Mehrheit (69 %) greift bei Einstellungstests noch immer auf die klassische Variante mit Stift und Papier zurück.

Den Ausbildungsverantwortlichen zufolge werden die Tests vor allem genutzt, um Leistungsmerkmale wie Rechenfähigkeit oder Sprachverständnis (89 %), Wissen (74 %) und Intelligenz (49 %) abzuprüfen. Bewerber wünschen sich jedoch eine stärkere Orientierung hin zu einer Kombination aus Leistungsmerkmalen und Persönlichkeit (44 %). Diese Kombination wird bisher nur von 24 % der Tests erfasst.

Weg von Standardfragen – hin zu mehr Kreativität im Bewerbungsgespräch

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Bewerbungsgesprächen. Noch immer werden häufig Allerweltsfragen gestellt, die kaum Bezug zu konkreten Aufgaben haben. Nach Wahrnehmung von 89 % der befragten Auszubildenden wird die Selbstbeweihräucherungsfrage „Warum haben Sie sich ausgerechnet bei uns beworben?“ in der einen oder anderen Form sehr häufig oder häufig von Betrieben in ihren Vorstellungsgesprächen gestellt. Die für die Altersgruppe weniger passende Frage, wo sich der Bewerber in drei, fünf oder zehn Jahren sehen würde, hört immerhin noch über die Hälfte (51%) der Befragten sehr häufig oder häufig.

Dabei macht für knapp 62 % der Bewerber das Interesse an der Person ein gutes Vorstellungsgespräch aus. Fast 55 % der Bewerber würden gerne häufiger gefragt werden, wie ihr Arbeitsumfeld gestaltet sein muss, damit ihnen die Arbeit Spaß macht, 45 % möchten darüber sprechen, wie sie persönliche Interessen mit dem Beruf vereinbaren können, und 39 % würden gerne außerschulische Aktivitäten und Hobbys stärker thematisieren. Noch wichtiger für die Auszubildenden in der Maschinenbaubranche sind Nettigkeit und Sympathie auf Seiten der Gesprächspartner (69 %).

Das Ziel, das die Ausbildungsbetriebe in erster Linie bei einem Bewerbungsgespräch verfolgen, ist, möglichst viel über den Bewerber zu erfahren (52 %). Interesse an der Person zu zeigen (28 %) und einen sympathischen Eindruck zu hinterlassen (13 %), spielt nur eine untergeordnete Rolle für die Unternehmen. Dabei wünschen sich Bewerber eher Gespräche anstatt Bewerbungstribunale, die stark auf Selektion ausgelegt sind und den Bewerber mehr prüfen als überzeugen sollen.

Mehr Kreativität ist gefragt. Statt auf die Allerweltsklassiker wie Fragen nach Stärken und Schwächen zurückzugreifen, sollte das Gespräch stärker auf die Persönlichkeit des Kandidaten abzielen. Auch berufliche Möglichkeiten im Unternehmen nach Abschluss der Ausbildung können hier thematisiert werden. Damit werden gleich zwei Aspekte abgedeckt, die Bewerbern besonders wichtig sind, und im besten Fall lässt sich dadurch auch noch ein sympathischer Eindruck vermitteln.

* Weitere Informationen: U-form Testsysteme GmbH & Co. KG in 42651 Solingen, Tel. (02 12) 2 60 49 80, uform@uforme.de, www.testsysteme.de

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