China Market Insider Chinas Hersteller erobern den Markt für „Soft Robotics“

Von Henrik Bork

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Japan und Europa sind den Chinesen bei der Entwicklung flexibler, „weicher“ Roboter noch weit voraus, während China allerdings der größte Absatzmarkt ist. Doch junge chinesische Robotik-Unternehmen sind bereit, die Lücke zu füllen und den heimischen Markt zu erobern.

Unter dem Titel „China Market Insider“ berichtet der MM Maschinenmarkt ab jetzt regelmäßig aus dem chinesischen Markt.
Unter dem Titel „China Market Insider“ berichtet der MM Maschinenmarkt ab jetzt regelmäßig aus dem chinesischen Markt.
(Bild: ©vegefox.com - stock.adobe.com)

Der Markt für flexible, „weiche“ Roboter wächst schneller als andere Branchen, was chinesische Hersteller nun zu einer Aufholjagd gegenüber Japan und Europa anspornt. Die Fortschritte der Chinesen sind graduell und machen nicht immer große Schlagzeilen, doch sie sind real, wie jede Woche aus kleineren Nachrichten zu lernen ist. Das chinesische Robotik-Startup Rokae habe gerade in einer C1-Finanzierungsrunde 100 Mio. chinesische Yuan erhalten (rund 12,3 Mio. Euro), berichtete etwa das chinesische Finanzportal Zhongjintou in der vergangenen Woche. Das Geld des chinesischen Investors Xianghe Capital will der Hersteller eigenen Angaben zur Folge für die „Entwicklung einer neuen Generation von intelligenten, flexiblen und kollaborativen Robotern nutzen“, etwa seiner XMate-Serie, heißt es in dem Bericht. Diese Serie von Robotern von Rokae hat sieben Achsen, zählt also zu dem, was in der Branche gemeinhin als „Soft Robotics“ bezeichnet wird.

China ist weltgrößter Absatzmarkt für Soft Robotics

In dieser Königsdisziplin der Robotik, in der neben besonders flexiblen Greifarmen für die industrielle Fertigung auch weiche, naturähnliche Werkstoffe zum Einsatz kommen, sind japanische und europäische Firmen den Chinesen momentan weit voraus. Während China der weltgrößte Absatzmarkt für solche Roboter ist, wird dieser Markt zur Zeit noch stark von ausländischen, also nicht-chinesischen Firmen dominiert.

Die Industrialisierung mit Industrierobotern habe in China „spät begonnen“, und die in Generationen von Anwendungen „messbare Technologiekluft sei offensichtlich mit Blick auf die vier großen Familien von Industrierobotern von Kuka, ABB, Yaskawa und Fanuc“, heißt es etwa in einer Analyse des Technologie-Fachmediums Zhi Dongxi. Manche Kommentatoren sprechen von einem Rückstand chinesischer Hersteller gegenüber den Japanern und Europäern von bis zu zehn Jahren. Bis zu 80 % der Schlüsselkomponenten von Industrierobotern müsse China derzeit noch importieren, heißt es.

Gleichzeitig trifft jedoch auch zu, dass diese Technologiekluft zwischen China und dem Ausland rasch schrumpft. Und dies gilt auch im Bereich „Soft Robotics“, in dem zum Beispiel die kleine Firma Rokae unterwegs ist. Ein weiteres Beispiel ist die aufstrebende chinesische Firma Wellih Robots, über deren neue „3S Flexible Smart Workstation“ für die Maschinenindustrie MM China, unsere Schwesterpublikation in Peking, gerade berichtet hat.

Chinas Anteil an der Robotik-Industrie von 0 auf 27 % in 6 Jahren

Auch in China ist man laut MM China mehr und mehr der Ansicht, dass flexible Robotik-Anwendungen die beste Lösung sind, um auf globale Trends in der Fertigungsindustrie zu reagieren. „Zigfache Produktvarianten, kleinere Stückzahlen, kürzere Lieferzeiten und fallende Preise“ erhöhten den Druck auf chinesische Hersteller. Anwendungen wie die von Wellih Robots hätten unter anderem deshalb Zukunft, weil zur ihrer Handhabung „keine Erfahrung mit Robotersteuerung erforderlich“ sei, so MM China.

Schritt für Schritt holen die chinesischen Robotik-Hersteller auf, erobern sich größere Teile des heimischen und internationalen Marktes. Die jüngsten offiziellen Daten der Internationalen Föderation der Robotik (IFR) aus dem Jahr 2018 zeigen, dass in China produzierte Roboter weltweit 10 % der Neu-Installationen ausmachten und 27 % der Neu-Installationen in China selbst. Im Jahr 2012, also nur sechs Jahre zuvor, lag der chinesische Anteil an der Robotik-Industrie bei Null.

Für die kommenden Jahre bis 2024 wird dem globalen Markt für „Soft Robotics“ ein robustes Wachstum mit einem durchschnittlichen CAGR von 27 bis 37 % pro Jahr vorausgesagt, je nach Marktforschungsinstitut. Die Coronakrise und von ihr geschaffene Nachfrageschübe etwa in der Lebensmittel- oder fleischverarbeitenden Industrie dürften diesen Trend eher noch verschärfen, nicht bremsen.

Hersteller von Sensorik und Kameras geben neue Impulse

Was besonders im Bereich der flexiblen Robotik nun die Aspirationen der Chinesen anfeuert, sind die Fortschritte chinesischer Konzerne im Bereich Sensorik und Kameras. Anbieter wie Sensetime, Hikvision oder Megvii tauchen in westlichen Medienberichten fast immer in Berichten auf, die vor dem „großen Bruder“ der chinesischen Überwachungs-Technologie warnen. Doch dieselben Firmen sind es auch, die mit ihrer Technologieführerschaft gerade der chinesischen Robotikindustrie neue Impulse geben.

Im fertigenden Gewerbe kommen dabei vor allem flexible Roboterarme mit sechs oder sieben Achsen zum Einsatz, und auf diesen Bereich konzentrieren sich chinesische Robotikhersteller im Bereich „Soft Robotics“ gerade. Auch einer der führenden chinesischen Robotikhersteller, Siasun, ist schon in diesem Bereich unterwegs.

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In anderen Anwendungsbereichen und Industrien, etwa in der Medizin, gibt es zudem vielversprechende Anwendungen für die Roboter aus „weichen“, naturnahen Materialien. In diesem, technisch noch höhere Anforderungen stellenden Bereich der „Soft Robotics“, ist die chinesische Industrie bisher noch nicht sehr breit aufgestellt. Chinesische Forscher aber – etwa an der Universität von Tianjin – entwickeln bereits erste Weichkörper-Roboter. „Mit der Weiterentwicklung von Komponenten der maschinellen Wahrnehmung, sowie der von Algorithmen, verbunden mit staatlicher Förderungspolitik und dem großen Markt, sind die flexible Robotik und maschinelles Sehen eine neue Chance für unsere chinesische Industrie“, schreibt Zhi Dongxi.

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