Prüftechnik Die Computertomographie durchblickt die Additive Fertigung
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Mit der zerstörungsfreien Prüfung per CT lassen sich auch Rückschlüsse für die Konstruktion von additiv gefertigten Bauteile ziehen. Visiconsult zeigt dies anhand eines per SLM gefertigten Bauteils.

Die Verfahren der Additiven Fertigung (AM, additive manufacturing) sind vielfältig und unterscheiden sich stark voneinander. Ebenso unterschiedlich sind die Arten von Fehlern, die auftreten können, wie Poren, Risse, Einschlüsse, Delaminationen, fehlende Verschmelzung, Hinterschneidungen oder eingeschlossenes Pulver, um nur einige zu nennen. Mit fortschrittlicher AM-Technologie muss die Qualitätskontrolle der AM-Teile erhöht werden, um deren strukturelle Integrität sicherzustellen. Ein Verfahren der Additiven Fertigung ist das selektive Laserschmelzen von Metallen (SLM). Dieses Verfahren basiert auf der Herstellung von Komponenten aus Metallpulvern mit Korngrößen von 10 bis 45 µm. Übliche Diskontinuitäten, die in metallischen AM-Teilen dieses Verfahrens beobachtet werden, sind mangelhafte Verschmelzungen (Fusionsdiskontinuitäten), Schrumpfungsporositäten, Gasporositäten, Rissbildungen, thermische Verformung, Verzug und Quellung. Ein Mangel durch Fusionsdiskontinuitäten tritt auf, wenn eine neu abgeschiedene Pulverschicht nicht ausreichend erwärmt und wiederum geschmolzen wird. Dies verhindert die Verschmelzung der neuen Schicht mit der darunterliegenden festen Schicht. Die Schrumpfungsporosität ist eine Diskontinuität, die auftritt, wenn das Material die Umwandlung von Flüssig- zu Festphase durchläuft. Zu den identifizierbaren Merkmalen der Schrumpfungsporosität gehört ein länglicher Hohlraum, der sekundäre Dendriten-Arme im Hohlraum enthält.
Im SLM-Prozess tritt ein Teileverzug auf, da sich im Bauteil Restspannungen aufbauen. Dies führt zu Verzerrungen in der Teilegeometrie, da die Spannung nachlässt, wenn das Teil von der Bauplatte entfernt wird. Risse in Bauteilen, die durch SLM-Prozesse hergestellt werden, können aufgrund der Empfindlichkeit des Materials auftreten. Dies ist auf die Ausfällung von Sekundärphasen oder das Erstarren der Risse bei den hohen Erstarrungsraten zurückzuführen, die in AM-Prozessen beobachtet werden. Auch nach dem Postprocessing sollten AM-Teile, zumindest während der Prototypenphase geprüft werden.
Röntgen für den Blick ins Innere
CT-(Computertomographie-)Systeme bilden außer den Oberflächenstrukturen auch das komplette Innere eines Prüfkörpers ab. Bei einem CT-System können vier Hauptkomponenten betrachtet werden: die Röntgenquelle, der Detektor, die Probenmanipulation und ein Rekonstruktions-/Visualisierungssystem. In den meisten Fällen werden Quelle und Detektor fixiert, während sich die Probe im Röntgenstrahl dreht, um den erforderlichen Satz von Projektionen zu erhalten.
Die Röntgenquelle erzeugt die Röntgenstrahlen, die das Bauteil durchdringen. Der Zweck des Detektors besteht darin, die einfallenden Röntgenstrahlen in ein elektrisches Signal umzuwandeln, das mit herkömmlichen elektronischen Techniken verarbeitet werden kann.
Während eines CT-Scans werden viele Röntgenbilder in regelmäßigen Abständen (Projektionen) aufgenommen, während der Manipulator das Bauteil dreht. Je mehr Projektionen aus unterschiedlichen Winkeln aufgenommen werden, desto feiner ist der CT-Scan. Im Anschluss werden diese Röntgenbilder zu einem CT-Scan evaluiert, das heiß es wird ein Volumen errechnet.
Typisch beim SLM: Mangelhafte Verschmelzung
Eine typische Fehlerart ist die mangelhafte Verschmelzung. Sie entsteht, wenn das Pulver in einer oder mehreren Schichten nicht richtig erhitzt wurde. Ursache ist hier meist eine fehlerhafte Parametrierung des Druckers, die zu Schwankungen der Leistung des Lasers führen. Diese Fehler sind nach dem Drucken von außen nicht sichtbar, da der Laser zunächst einen Konturpfad abfährt, bevor das innenliegende Volumen geschmolzen wird.
Für eine Untersuchung verwendete Visiconsult zwei Zugproben mit verschiedenen Parametersätzen. Das Günther-Köhler-Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung in Jena hat die Proben mit dem SLM-Verfahren aus AlSi10Mg-Pulver und dem Standard-Parametersatz für Aluminium mit 325-W-Laserleistung hergestellt. Eine Probe wurde als Referenz verwendet. Bei der zweiten Probe wurde die Laserleistung für vier Schichten auf 225 W reduziert. Der fehlerhafte Bereich wurde bereits in den 2D-Projektionen sichtbar. Betrachtet man die Schnittbilder des CT-Volumens, kann man das unvollständig geschmolzene Pulver in der Seitenansicht mit dem Auge vom umgebenden Material unterschieden. Die Draufsicht zeigt, dass auch in der Referenzprobe einige Poren vorhanden sind, die in kleinerer Anzahl und Größe auftreten. Noch aufschlussreicher ist eine Porositäten-Analyse des CT-Volumens. Die Software visualisiert die erkannten Poren in Abhängigkeit vom Porenvolumen mittels einer Farbskala. Die 3D-Ansicht zeigt die Form, Ausdehnung und Position der Poren im Inneren des Volumens. Mit dieser Analysemethode ist es möglich, statistische Daten über die Porengröße und -anzahl zu erhalten.
Dieses Ergebnis zeigt, dass es mit CT und anschließender Porositätsanalyse möglich ist, beispielsweise fehlerhafte Prozessparameter bei der Additiven Fertigung nachzuweisen, die zu mangelhafter Verschmelzung führen.
Weitere Fehler durch Postprocessing
Bereits eingangs erwähnt, sollte eine Werkstoffprüfung von AM-Teilen auch nach der Herstellung und nach dem Postprocessing oder dem Veredeln erfolgen. Visiconsult fand in einer Untersuchungskooperation mit dem Unternehmen Hirtenberger und dem Günther-Köhler-Institut aufschlussreiche Punkte heraus. Gegenstand der Untersuchung waren diverse additiv gefertigte Düsen. Der erste CT-Scan erfolge direkt nach der Herstellung, die Oberflächen wiesen hohe Rauheiten auf. Im Anschluss erfolgte das Hirtisieren als Veredelungsverfahren. Für eine glatte Oberfläche wurde ein Teil der Oberfläche chemisch abgetragen. Mit dem bloßen Auge betrachtet und der bloßen Hand erfühlt, wirkte das Ergebnis gelungen.
Der im Anschluss durchgeführte zweite CT-Scan offenbarte jedoch zwei neu entstandene Mängel. Zwar war die Oberfläche nun glatt, doch durch das Abtragen erfolgten zwei nachteilige Umstände. Zum einen wurden vorher nicht kritische Poren geöffnet. Zum anderen entsprach die neue Geometrie der Düse nicht mehr dem der geplanten Konstruktion, was durch eine Soll-Ist-Analyse mit dem CT-Scan und der CAD-Datei erkennbar wurde.
Jedes Herstellverfahren hat seine Tücken, die es zu finden gilt, damit Lösungen erarbeitet werden können. Insbesondere mit CT-Scans wird das Fehlerfinden beschleunigt. Wer sich den AM-Herausforderungen schnell und offen stellt, kommt als erstes seinem Qualitätsziel näher. Nicht das Weglassen eines Missglückten Veredelungsverfahren wird die Lösung sein. Sondern die Schlussfolgerung, dass CAD-Daten die vielen Faktoren der Herstell- und Veredelungsverfahren mit einberechnen müssen. Im Falle des Hirtisieren genügt das Hinzufügen einer weiteren Materialschicht im CAD.
* Chelen Jonas arbeitet im Marketing von Visiconsult in 23617 Stockelsdorf, Tel. (0451) 29 02 86-0
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