Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen EZRT Ein Computertomograph für jedes Unternehmen
Bisher waren Computertomographen für viele Unternehmen nicht bezahlbar. Eine Neuentwicklung eines Institutes ermöglicht es nun auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, die industrielle Röntgentechnik für sich zu nutzen.
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Auf dem World Congress on Non-Destructive Testing 2016 in München hatte das Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik eine Weltpremiere im Gepäck: Gemeinsam mit seinen Projektpartnern stellten die Forscherinnen und Forscher die One-Click-CT-Anlage Valu-CT vor. Das System erstellt zwei- oder dreidimensionale Röntgenaufnahmen mit nur einem Knopfdruck – ohne jegliches Vorwissen des Anwenders. Der Prototyp erzeugte bereits großes Aufsehen. Inzwischen hat das System die Marktreife erreicht und befindet sich in Produktion.
Funktional und einfach zu bedienen
Moderne Spiegelreflexkameras verfügen über zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten und einen Programmmodus, mit dem Anfänger ohne jegliches Vorwissen technisch gute Fotos machen können. Ein ähnliches Ziel verfolgt das Fraunhofer-EZRT mit der One-Click-Computertomographieanlage, die gemeinsam mit den Unternehmen VJ Technologies und Erhardt + Abt entwickelt wurde. Der Preis der neuen Valu-CT liegt laut Thomas Stocker, Leiter der Gruppe Produktmanagement am Fraunhofer-EZRT deutlich unter den üblichen Preisen industrieller Computertomographen. So seien auch kleine und mittelständische Unternehmen in der Lage, die industrielle Röntgentechnik für sich einzusetzen.
Voller Funktionsumfang trotz einfachster Bedienung
Das bestmögliche Ergebnis aus einer Röntgenaufnahme herauszuholen, ist eine Wissenschaft für sich. Es gibt vieles zu beachten und noch mehr einzustellen. Dies nimmt das One-Click-CT-System dem Anwender nahezu komplett ab: Eine nutzerfreundliche Bedienoberfläche bietet dem User Einflussmöglichkeiten in Form von voreingestellten Programmen, ohne ihn mit irrelevanten Optionen zu überfordern. Das System ist in der Lage, aus Hunderten Einzelbildern ein 3D-Modell zu rekonstruieren. Die Komponenten der Valu-CT sind optimal aufeinander abgestimmt: Die Röntgenröhre arbeitet mit einer Leistung von 500 W bei einer Spannung von 200 kV zusammen mit dem Detektor mit einer Auflösung von 200 µm.
3D-CT beseitigt alle Zweifel
Die wichtigste Aufgaben industrieller Röntgentechnik ist das Auffinden von Fehlern und Defekten. Um diese zumeist unsichtbaren Makel tief im Materialinneren sichtbar zu machen, reicht es in vielen Fällen aus, zweidimensionale Röntgentechnik einzusetzen. Dabei emittiert eine Röntgenquelle Röntgenstrahlung, die Objekte durchdringen kann. Die Strahlung wird in Abhängigkeit vom Material des Prüfobjekts (Dichte, Absorption) und dessen Wandstärke abgeschwächt. Auf der gegenüberliegenden Seite der Quelle sammelt ein Detektor die einfallende Strahlung ein und erzeugt ein Schattenbild. Die Grauwerte der Schattenbilder eines Bildpunkts sind somit ein Maß für die Wandstärke, die der Röntgenstrahl auf dem Weg von der Röntgenquelle zu diesem Pixel durchdrungen hat. Defekte, wie zum Beispiel ein Lufteinschluss, zeichnen sich durch eine im Vergleich zur direkten Umgebung geringere Absorption ab. Die Vorteile einer solchen Radioskopie liegen auf der Hand: Dadurch, dass nur ein einziges Röntgenbild aufgenommen wird, nimmt der Prüfvorgang nur wenige Sekunden in Anspruch. Sollte das Bauteil keinerlei Auffälligkeiten aufweisen, kann es sofort weiterbearbeitet werden.
Grenzen der 2D-Röntgenprüfung
Allerdings können anhand eines 2D-Röntgenbilds weder Form, Größe noch exakte Lage eines Defekts im Objekt bestimmt werden. Daher führt jeder gefundene Fehler aus Sicherheitsgründen zwangsläufig zur Aussortierung des Bauteils, denn der Fehler könnte eine kritische Größe oder Form an einer sicherheitsrelevanten Stelle im Objekt besitzen. Somit führen auch Defekte, die beispielsweise in einem Objektbereich liegen, der in einer Nachverarbeitung noch abgetragen wird, aufgrund der fehlenden Lageinformation dazu, dass das Bauteil aussortiert wird.
3D-Röntgencomputertomografie beseitigt alle Zweifel
Die dreidimensionale Röntgencomputertomographie (3D-CT) ermöglicht es, ein Objekt mit all seinen innen liegenden Strukturen zu erfassen. Sowohl die Form und Größe als auch die Lage von Defekten im Bauteil können mithilfe der 3D-CT sehr genau bestimmt werden. Bei der 3D-CT werden aus unterschiedlichen Richtungen mehrere Röntgenbilder, sogenannte Projektionen, erzeugt. Anders als bei CT-Geräten im medizinischen Bereich wird das Objekt bei industriellen CT-Systemen, so auch bei der Valu-CT, auf einem Drehteller fixiert und zwischen Röntgenröhre und Detektor platziert. Während der Rotation des Objekts um die eigene Achse werden die Projektionen aufgenommen.
Zahlreiche Anwendungen sind möglich
Zusätzlich zum bisher beschriebenen Einsatzzweck der präzisen Fehlerortung eignet sich das System ebenso für viele gängige Anwendungen moderner Röntgentechnik, wie etwa das Reverse Engineering oder die Vollständigkeitsanalyse. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen der produzierenden Industrie profitieren von der Valu-CT: Das System wurde nach Angaben von Markus Eberhorn, Entwickler am Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik, im Labor umfangreichen Tests unterzogen. Leicht durchstrahlbare Bauteile aus CFK oder Aluminium, wie sie oft im Automobilbau vorkommen, dienten als Probekörper. Dabei seien sowohl die Prüfergebnisse als auch die Datenqualität stets auf einem hohen Niveau gewesen.
* Thomas Kondziolka ist Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen, Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT in 90768 Fürth, Tel. (09 11) 5 80 61-76 11, thomas.kondziolka@iis.fraunhofer.de
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