Getriebeentwicklung Einfacher Austausch von Getriebedaten mit REXS

Ein Gastbeitrag von Benjamin Abert

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Bei der Getriebeentwicklung wird unterschiedlichste Software eingesetzt, doch die Daten lassen sich untereinander oft nicht austauschen. Mit dem Datenmodell REXS lässt sich dieses Problem beheben. Jetzt ist die neue Version erschienen und sie schafft eine allgemeine, umfassende und freie Beschreibung von Getriebestrukturen.

Mit REXS ist eine umfassende Beschreibung von Getriebestrukturen möglich – unabhängig von herstellerspezifischen Datenformaten.
Mit REXS ist eine umfassende Beschreibung von Getriebestrukturen möglich – unabhängig von herstellerspezifischen Datenformaten.
(Bild: FVA)
  • Mit REXS lassen sich Daten zwischen den verschiedenen Softwaretools in der Getriebeentwicklung austauschen. Das minimiert Fehler beim Datenaustausch und spart Zeit.
  • Mit dem neuen Release stehen zudem weitere Möglichkeiten zur Verfügung, beispielsweise die Modellierung von Welle-Nabe-Verbindungen oder das Abbilden generischen Punktewolken.
  • Für Anwender eignet sich REXS als standardisierter Datencontainer für digitale Zwillinge.

In modernen Getriebeentwicklungsprozessen werden viele Arbeitsschritte mithilfe von Simulationswerkzeugen digitalisiert. Dies führt dazu, dass Getriebemodelle in zahlreichen, verschiedenen Softwaretools erstellt werden. In der Regel sind die verwendeten Programme nicht kompatibel, müssen aber mit den gleichen Daten, wie beispielsweise Zähnezahl oder Achsabstand, arbeiten. Die Folge: zeitaufwendige, manuelle Dateneingaben und ein hohes Risiko, Simulationen mit veralteten Daten durchzuführen.

Eine Lösung für diese Probleme bietet der „Reusable Engineering Exchange Standard“ („REXS“). Dies ist ein frei zugängliches parametrisches Datenmodell, das es allen beteiligten Tools ermöglicht, Modelldaten auszutauschen. Die Modellerstellung in den einzelnen Werkzeugen entfällt und minimiert dadurch Fehler beim Datenaustausch sowie den Aufwand bei der Modellerstellung zwischen verschiedenen CAE-Tools.

Die neue Version 1.4 wurde am 01.11.2021 veröffentlicht. Sie unterstützt nun den Austausch neuer Modelldaten zwischen Programmen. Auf diese Weise lassen sich jetzt neue Komponenten abbilden und automatische Workflows über verschiedene Simulationstools hinweg realisieren. Mit dem neuen Release wird ein wichtiger Meilenstein in Richtung Unabhängigkeit von herstellerspezifischen Datenformaten gesetzt. „REXS 1.4 schafft eine allgemeine, umfassende und freie Beschreibung für Getriebestrukturen“, so Dr. Moritz Keuthen, Leiter Modellierung und Simulation bei der FVA GmbH.

Folgende Erweiterungen sind im neuen Release enthalten:

  • Generische Abbildung von Punktewolken zur Modellierung von FE-Netzen,
  • Modellierung der Geometrie und Tragfähigkeit von Welle-Nabe-Verbindungen,
  • Einführung einer Komponente, die den Tragfähigkeitsnachweis nach FKM auf verschiedenen Maschinenelementen ermöglicht,
  • mögliche Base64-Kodierung.

Was ist REXS?

Die standardisierte Datenschnittstelle REXS wird seit 2017 im Auftrag der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) unter der Lizenz CC-BY-SA-4.0 entwickelt. An der Entwicklung sind sowohl Forschungsinstitute, wie das Institut für Maschinenelemente und Maschinenkonstruktion der TU Dresden, das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und die Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebesysteme (FZG) der TU München als auch führende Unternehmen der Antriebstechnik, wie zum Beispiel die Schaeffler AG, die SEW-Eurodrive GmbH & Co KG und die ZF Friedrichshafen AG, beteiligt. Gemeinsam haben sie REXS mit dem Ziel entwickelt, Daten entlang der Value Chain auszutauschen und anzureichern, sodass ein digitaler Zwilling des Antriebs entsteht.

Weitere Informationen zu REXS

Generische Abbildung von Punktewolken

Eine der wesentlichen Neuentwicklungen ist die generische Abbildung von Punktewolken. Ein möglicher Anwendungsfall der Punktewolken sind FE-Netze. Sie bestehen in der Regel aus Knotenpunkten und einer Zuordnung, welche Knoten miteinander verbunden sind.

Modellierung von FE-Netzen unabhängig von proprietären Schnittstellen.
Modellierung von FE-Netzen unabhängig von proprietären Schnittstellen.
(Bild: FVA)

In REXS werden diese FE-Knoten über eine Punkteliste und die Elementstruktur über eine Elementliste abgebildet. Während die Punkteliste eindeutige Knoten-IDs und die Koordinaten der Knoten enthält, werden in der Elementliste die Typen der FE-Elemente (z. B. Hex-Element 20 Knoten), die Elementstruktur und die Element-IDs abgelegt. Durch diese Modellierung wird zwischen den Punkten, den Elementstrukturen und den Daten (z. B. Spannungen) unterschieden. Diese Trennung ermöglicht, dass eine Vielzahl von Daten auf demselben Netz darzustellen.

Weitere Anwendungsfälle für die neuen Strukturen sind die Übertragung von Zahngeometrien, 3D-Lastverteilungen verschiedener Verzahnungen und Zahnfußdaten.

Beschreibung von Welle-Nabe-Verbindungen

Außerdem wurde REXS um eine allgemeine Beschreibung von Welle-Nabe-Verbindungen ergänzt. Im Fokus standen geometrische Beschreibungen und das Anlegen der Attribute für die Tragfähigkeit nach Norm. Folgende Verfahren stehen zur Verfügung:

Maschinenelement Geometrie Tragfähigkeit
Pressverbindungen - DIN 7190, DIN 743
Passfederverbindungen DIN 6885 DIN 6892, DIN 743
Evolventische Passverzahnung DIN 5480 -

Verfügbare Beschreibungen für Welle-Nabe-Verbindungen

Tragfähigkeitsnachweis nach FKM

Die FKM-Richtline stellt einen Betriebsfestigkeitsnachweis auf dem aktuellen Stand der Forschung zur Verfügung. Im Unterschied zur DIN 743 kann die FKM-Richtlinie auf beliebige Bauteile und mit Nennspannungen oder örtlich aufgelösten Spannungen angewendet werden. Daher ist die Modellierung in REXS über einen sogenannten FKM-Auswertepunkt gelöst, der an bestehende Komponenten über eine Assembly-Relation angehängt wird. Die Komponente kann an Kerbstellen, Welle-Nabe-Verbindungen und FE-Baugruppen angehängt werden.

Base64-Codierung

Für die verschiedenen Programmiersprachen existieren Bibliotheken, die die Base64-Codierung und Decodierung übernehmen. Seit Version 1.4 bietet REXS die Möglichkeit, seine Daten Base64-zucodieren. Dadurch werden die Dateigröße um bis zu 75 Prozent reduziert sowie Schreib- und Ladezeiten um bis zu 80 Prozent verringert.

Was ist Base64-Codierung?

Um Daten in eine lesbare (ASCII-)Zeichenfolge umzuwandeln und damit beispielsweise per E-Mail verschicken zu können, gibt es bereits seit langem das Verfahren Base64. Der Name leitet sich einfach ab, denn in der Base64-Codierung stehen 64 Zeichen zur Verfügung.
Die Base64-Codierung ist inzwischen Standard bei der effizienten Übertragung großer Datenmengen.

Einsatz in kommerziellen und firmeninternen Softwaretools

REXS wird schon heute von einer Vielzahl von CAE-Tools verwendet. Die Simulationssoftware FVA-Workbench als Vergleichsimplementierung unterstützt alle Versionen im Im- und Export. Mit dem Release der FVA-Workbench 7.0 wird auch REXS 1.4 unterstützt. „Damit wird die FVA-Workbench zum Datenspender für den digitalen Zwilling in der Antriebsentwicklung“, erklärt Norbert Haefke, Geschäftsführer der FVA GmbH.

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Nicht nur bei kommerziellen Berechnungsprogrammen wird die Schnittstelle verwendet. Auch die interne Berechnungslandschaft von Getriebeherstellern, wie die der ZF Friedrichshafen AG, baut für die automatisierten Berechnungen auf den freien Standard auf. „REXS ermöglicht es uns, Antriebsstränge und Komponenten aus verschiedenen internen Tools einheitlich zu beschreiben und zu verarbeiten. Hierdurch ergeben sich für uns Synergien, beispielsweise auch im Zusammenhang mit der FVA-Workbench “, so Klemens Humm, Leiter der Verzahnungsentwicklung, ZF Friedrichshafen AG.

Austausch von Daten zwischen Softwaretools

Wie der standardisierte Austausch von Getriebedaten zwischen Berechnungsprogrammen funktioniert, illustrieren die folgenden Videos. Beim Datenaustausch zwischen der FVA-Workbench und AVL Excite werden alle geometrischen Daten übertragen. Die Berechnung kann direkt mit dem neuen Programm weitergeführt werden, ohne dass dieselben Daten noch einmal eingegeben werden müssen.

REXS wird maßgeblich durch die Anforderungen des Wälzlagerherstellers Schaeffler AG mitgestaltet. Zudem unterstützt auch Schaefflers eigene Berechnungssoftware Bearinx REXS als Datenschnittstelle. Somit ist ein einfacher Austausch von Schaeffler-Modellen mit Kunden und deren Weiterverarbeitung in Bearinx möglich. „REXS ist ein wichtiger Schritt in Richtung neuer, digitaler Geschäftsmodelle und eignet sich als standardisierter Datencontainer für digitale Zwillinge“, erklärt Stephan Evert, Leiter der Entwicklung von Lageranalyse-Tools im Bereich R&D Bearing der Schaeffler Technologies AG & Co KG.

Für den einfachen Einstieg stehen Beispieldatensätze in der REXS-Version 1.4 zur Verfügung. Exportierte Datensätze können mit dem kostenfreien Werkzeug validiert werden. Auf diesem Weg lässt sich Spezifikationskonformität einfach nachweisen und sicherstellen, dass die REXS-Dateien auch in anderen Programmen verwendet werden können.

* M. Sc. Benjamin Abert ist Leiter der Abteilung Beratung & Service bei der FVA GmbH in 60528 Frankfurt am Main, Tel. +49 69 66031991, benjamin.abert@fva-service.de

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