Außenhandel EU-Mercosur-Freihandelsvertrag soll neue Türen öffnen

Autor Stéphane Itasse

Es war ein Paukenschlag in Zeiten von Protektionismus und Handelskriegen, als die EU und der südamerikanische Mercosur ihre Einigung auf ein Freihandelsabkommen bekanntgaben. Für EU-Unternehmen öffnet sich dadurch ein Markt mit 260 Millionen Einwohnern.

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Der mit Abstand größte Markt im Mercosur ist Brasilien. Doch auch in den anderen Ländern ergeben sich Chancen durch den neuen Freihandelsvertrag.
Der mit Abstand größte Markt im Mercosur ist Brasilien. Doch auch in den anderen Ländern ergeben sich Chancen durch den neuen Freihandelsvertrag.
(Bild: Siemens)

Entsprechend positiv fielen auch die Reaktionen der deutschen Wirtschaft auf das angestrebte Abkommen mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay (Venezuela ist seit 2017 suspendiert) aus. „Der Abschluss hat eine kaum zu überschätzende strategische Dimension in einer zunehmend protektionistischen Welt“, sagte Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Er erwartet: „Vom Abbau der hohen Zollbarrieren werden Unternehmen und Verbraucher auf beiden Seiten massiv profitieren. Jetzt muss es darum gehen, die Details zügig auszuarbeiten und die politische Unterstützung sicherzustellen.“ Bevor der Handelsvertrag als Teil eines umfassenden Assoziierungsabkommens ratifiziert wird, müssen außerdem noch Rechtsförmlichkeitsprüfungen durchgeführt und der Text in alle Amtssprachen der EU übersetzt werden. Unterschriftsreif dürfte das Abkommen damit erst Ende 2020 sein, wie der BDI erwartet.

Freihandelsabkommen ist mehr als ein Symbol

„Angesichts der Hiobsbotschaften für den Freihandel in den vergangenen Monaten ist das Freihandelsabkommen nicht nur ein Symbol, sondern hat das Potenzial, einen großen und interessanten Wirtschaftsraum für die europäischen Maschinenbauunternehmen endlich zu öffnen“, sagt auch Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Bislang waren Länder wie Brasilien aufgrund von Handelsschranken, insbesondere Zöllen von durchschnittlich 14 %, gerade für die mittelständischen Maschinenbauer laut VDMA nur schwer zugänglich. Das Freihandelsabkommen soll jetzt damit Schluss machen und die größte Freihandelszone der Welt schaffen.

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Im Jahr 2018 haben deutsche Unternehmen Maschinenbauprodukte im Wert von 2,6 Mrd. Euro in die Mercosur-Länder exportiert. Der weitaus größte Teil dieser Exporte ging nach Brasilien (1,8 Mrd. Euro). „Nach bisherigem Kenntnisstand sollen 93 % der europäischen Maschinenbauexporte liberalisiert werden, was unter unserer Erwartung liegt. Die Übergangsperiode bis zum vollständigen Zollabbau soll zehn Jahre betragen“, ergänzt Ulrich Ackermann, Leiter der VDMA-Abteilung Außenwirtschaft, auf Anfrage von MM Maschinenmarkt. Im technischen Bereich sollen nach seinen Worten internationale Standards die Grundlage der zukünftigen Handelsbeziehungen bilden. Bei den Konformitätsbewertungen ist vorgesehen, dass im Mercosur die Testergebnisse von EU-Bewertungsstellen anerkannt werden.

EU-Unternehmen erhalten in Mercosur-Ländern bessere Wettbewerbsposition

Das Marktpotenzial durch das neue Freihandelsabkommen hängt für Ackermann von vielen Faktoren ab. So ist zum Beispiel in Brasilien das System an Handelsbarrieren äußerst komplex. Zudem verstärkt sich die Wirkung der Zölle aktuell durch die inländischen Steuern und Abgaben. „In Argentinien könnte das Abkommen einen Schutz gegen nichttarifäre Hemmnisse bieten, wie es sie in Form von Quoten vor 2015 gab. Durch den anstehenden Zollabbau wird der internationale Wettbewerb auf den Mercosur-Märkten zunehmen. Wir hoffen, dass dadurch Europa gegenüber China und USA Marktanteile hinzugewinnen kann“, sagt der VDMA-Außenwirtschaftsexperte. Erhebliche Wachstumspotenziale sieht er auf allen vier Märkten, auch wenn sie sehr ungleichgewichtig sind.

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