Verschleißschutz Hybridbeschichtung verlängert Lebensdauer im Stahlwerk

Autor / Redakteur: Stéphane Itasse / Stéphane Itasse |

Hitze, Schwingungen oder abrasive Partikel – in Stahlwerken sind Radialventilatoren hohen Belastungen ausgesetzt. Jetzt ist es gelungen, die Lebensdauer der Aggregate mithilfe einer Hybridbeschichtung zu erhöhen.

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In der Stahlindustrie müssen solche Radialventilatoren vor hohen Belastungen geschützt werden.
In der Stahlindustrie müssen solche Radialventilatoren vor hohen Belastungen geschützt werden.
(Bild: TLT-Turbo)
  • Um Radialventilatoren vor abrasiven Partikeln in Stahlwerken zu schützen, sind besondere Verschleißschutzschichten notwendig.
  • Schweißpanzerungen sind weit verbreitet und relativ günstig, beeinträchtigen jedoch mit ihrer Dicke und ihrem Gewicht die mechanischen Eigenschaften der Ventilatoren.
  • Durch die Kombination einer Schweißpanzerung mit einer weiterentwickelten Flammspritzbeschichtung (HVOF) kann die Lebensdauer der Radialventilatoren gezielt gesteigert werden.

Während Vibrationen größtenteils durch Wuchtmaßnahmen vermieden werden können und sich die Temperaturbeständigkeit durch die Werkstoffauswahl und die richtige Dimensionierung der Kühlscheiben erzielen lässt, stellt die Verschleißbeständigkeit für Radialventilatoren oft immer noch eine Herausforderung dar. So wird die Laufzeit eines Radialventilators in Stahlwerken durch die Staubbelastung im Medium, die Partikelgröße und -härte sowie vor allem durch die Partikelgeschwindigkeit bestimmt. Dies war laut eigener Mitteilung der Hauptbeweggrund für TLT-Turbo, um die Laufzeit von Radialventilatoren unter staubbelasteten Umgebungsbedingungen zu erhöhen.

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TLT führte dazu Partikelstrahlverschleißversuche an verschiedenen Materialien und Beschichtungen durch. Dafür nutzte das Unternehmen einen Versuchsstand, auf dem unter einheitlichen Testbedingungen gestrahlt wurde. Durch Messung der Gewichtsverringerung unter einer definierten Sandmenge beziehungsweise Strahlzeit ermittelte TLT winkelabhängige Erosionsraten und damit die Verschleißbeständigkeit der Materialien und Beschichtungen.

Mit einem neuen Materialprüflabor wurde neben den Geräten zur Messung der Gewichtsabnahme und Beschichtungsdicke sowie Mikroskopen zur Oberflächenanalyse auch der Partikelstrahlverschleißprüfstand aufgerüstet. Damit sind Messungen an unterschiedlichen Materialien und bei verschiedenen Strahlgeschwindigkeiten möglich.

Schweißpanzerungen haben auch Nachteile

Schweißpanzerungen an Radialventilatoren (robotergestützte automatische Schweißpanzerung der Verschleißschutzplatten) sind mittlerweile ein weit verbreiteter und standardisierter Prozess und die Quadratmeterpreise sind vergleichsweise günstig. Ein weiterer Vorteil liegt in der direkten Reparierbarkeit lokaler Verschleißschäden an der Panzerung. Durch Erhöhung der Schweißraupenzahl der am stärksten beanspruchten Bereiche kann die Standzeit der Bauteile beziehungsweise der Maschine erhöht werden. Einziges Hindernis bei der Vor-Ort-Reparatur stellt die Zugänglichkeit des Bauteils in der Kundenanlage dar.

Doch die Schweißpanzerung hat auch Nachteile. Beim direkten Panzern von Feinkorn-Baustahl beeinträchtigt die Hitze die mechanischen Eigenschaften des Grundmaterials. In einem rotierenden Bauteil wie dem Laufrad, welches Zentrifugalkräften und Schwingungen ausgesetzt ist, will TLT-Turbo laut eigener Mitteilung keine Beeinträchtigungen der Festigkeitseigenschaften riskieren. Daher werden dort schweißgepanzerte Verbundplatten mittels Lochschweißung, Verschraubung oder Bolzenschweißen – falls vom Kunden ein erneuerbarer Verschleißschutz gewünscht wird – in das Laufrad eingesetzt.

Ein vollständig belastbarer Grundwerkstoff führt zu einem erhöhten Laufradgewicht. Die Schweißpanzerung hat eine Stärke von 3 bis 4 mm, das Grundmaterial der Verbundplatte kann mindestens mit 6 mm angesetzt werden. Aus diesem Grund wird auf dem Laufrad ein Verschleißschutz mit einer Materialstärke von 9 bis 10 mm aufgetragen, welcher die Gesamtdicke der Schaufeln, der Nabenscheibe und mitunter auch der Deckscheibe erhöhen kann. Da die Radialventilatoren des Herstellers unterhalb der ersten kritischen Drehzahl betrieben werden und die Höhe der kritischen Drehzahl neben der Wellensteifigkeit von der Laufradmasse bestimmt wird, bedingt eine Erhöhung der Laufradmasse ebenso eine Erhöhung der Wellensteifigkeit. Dies wird durch einen vergrößerten Wellendurchmesser oder eine Hohlwelle erzielt. Auch größere Lager und Unterbauten können notwendig werden. Daher resultiert ein größeres Laufradgewicht oft in zusätzlichem Gewicht des restlichen Rotors und weiteren Folgekosten.

Flammspritzen bietet neue Möglichkeiten

Ein weiterer Nachteil der Schweißpanzerung liegt in der rauen Oberfläche mit tiefen Rissen. Diese verursachen eine schlechtere Strömungsführung und senken den Wirkungsgrad des Radialventilators. Weiterhin steigt aufgrund der Risse die Gefahr von Anbackungen oder Abplatzungen an schweißgepanzerten Oberflächen. Zudem könnte Korrosion unbemerkt die Schweißpanzerung unterwandern, wenn ein aggressives Medium auf die geschweißte Oberfläche trifft. Im Vergleich zu Dünnschichten gegen Verschleiß hat die Schweißpanzerung eine schlechtere Erosionsrate. Die schwächere Erosionsrate der Schweißpanzerung kann nur teilweise durch ihre größere Dicke – besonders bei steilen Winkeln wie 50 bis 90° – ausgeglichen werden. Die Stärke einer typischen Schweißpanzerung liegt bei 3 bei 4 mm, eine Dünnschicht bei 500 µm.

Seit einigen Jahren sind Dünnschichten in den Fokus der Verschleißschutzforschung geraten. Experimente am Partikelstrahlverschleißprüfstand zeigten, dass insbesondere die Hochgeschwindigkeitsflammspritz-Beschichtungen (HVOF, engl. High Velocity Oxigen Fuel) eine überlegene Erosionsrate aufwiesen. Dies ist eine teurere, aber auch qualitativ bessere Variante des Flammspritzens. Besonders in der Stahlindustrie haben die HVOF-Beschichtungen auch in der Praxis ihre Überlegenheit unter Beweis gestellt und sich inzwischen zunehmend durchgesetzt. Die Tabelle zeigt ein Beispiel zu einer Laufzeitverlängerung durch schrittweisen Einsatz von verschleißbeständigeren Lösungen bis hin zu verschiedenen HVOF-Beschichtungen.

Beispiel der Standzeitverlängerung von Verschleißschaufeln durch HVOF-Beschichtungen
VerschleißschutzDicke [mm]Laufzeit [Monaten]
Herkömmlicher Stahl103
Verschleißbeständiger Stahl106
Verschleißbeständiger Stahl + Schweißpanzerung10 + 29
Verschleißbeständiger Stahl + HVOF-Beschichtung 1 10 + 0,512
Verschleißbeständiger Stahl + HVOF-Beschichtung 2 10 + 0,515
Verschleißbeständiger Stahl + TLT-HVOF H-10110 + 0,5> 18
Quelle: TLT-Turbo

Jedoch zeigten weitere Partikelstrahlverschleißversuche mit neuen chemischen Zusammensetzungen der HVOF-Beschichtungen weiter verbesserte Ergebnisse. Die vielversprechendste Beschichtung ist nun H-106. Zusätzlich zur verbesserten Erosionsrate von H-101 ist auch eine erhöhte Schichtdicke von bis zu 1 mm möglich.

Aufgrund des Preisdrucks bei Radialventilatoren und einer leicht reduzierten Beschichtungsqualität bei großen Schichtdicken ist eine Schichtdicke von 1 mm jedoch nur in kleinen Bereichen und bei extremem Verschleiß zu empfehlen.

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