Automatisierung Maschinelles Lernen verändert die Abläufe in der Fabrik

Autor / Redakteur: Reinhard Kluger / Frauke Finus

Damit Maschinen und Anlagen effizienter produzieren können, muss aus vorhandenen Daten spezielles Wissen werden. So ziehen die Maschinenbauer künftig mit den Data Scientists an einem Strang. Denn nur so lassen sich Prozesse weiter automatisieren.

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Wenn zwei Welten verschmelzen: Maschinelles Lernen verändert die Abläufe in der Fabrik.
Wenn zwei Welten verschmelzen: Maschinelles Lernen verändert die Abläufe in der Fabrik.
(Bild: ©sdecoret - stock.adobe.com)

Es gilt als das Zauberwort schlechthin, das die Prozesse in der Fertigung vereinfachen und beschleunigen kann und ein neues Zeitalter der Produktivität einläuten soll: KI, die Künstliche Intelligenz, die auch artifizielle Intelligenz (AI) heißt. In ihrer Ausprägung als „Maschinelles Lernen“ ist diese Software längst Bestandteil im Alltag, sie erobert zunehmend aber auch die Fabriken.

Maschinelles Lernen (ML) erschließt der Automatisierung neue Möglichkeiten und spürt brachliegende Optimierungspotenziale auf: mit prädiktiver Wartung und beim Steuern von Prozessen, zur Detektion von Anomalien an Maschinen und Anlagen sowie von Werkstücken, bei kollaborativ arbeitenden Robotern, in der automatisierten Qualitätskontrolle und beim Optimieren des Fertigungsablaufs in Maschinen. ML, so sagt es Katharina Zweig, Informatikprofessorin an der TU Kaiserslautern, sei „eine Sammlung von Methoden, die in Daten der Vergangenheit nach Mustern sucht, die für die Zukunft Vorhersagen erlauben“.

Klassisches Engineering hat bald ausgedient

Maschinelles Lernen verändert vermehrt die Art und Weise, wie Maschinen konstruiert werden. Lösungen zum Erledigen konkreter Aufgaben muss man nicht mehr, wie bisher, in einen Algorithmus überführen, sondern das System soll die Handlungsanweisung eigenständig erlernen. Damit aber die Modelle bessere oder performantere Lösungen bieten, muss der gewünschte Algorithmus anhand beispielhafter Prozessdaten erlernt werden.

Ganz einfach ist es nicht, maschinelles Lernen in die Automatisierung zu integrieren, denn verschiedene Herausforderungen sind dabei zu meistern: Eine offene Schnittstelle für Data Science, das Verfahren, das aus Daten Wissen macht, muss über mehrere Frameworks hinweg vorhanden sein und so die Interoperabilität sichern. „Nur wenn ML einfach und ohne Spezialwissen nutzbar ist, lässt es sich in vorhandene Softwarestrukturen integrieren“, erklärt Dr. Fabian Bause, Produktmanager Twincat bei Beckhoff. „Damit der Anwender eine optimale Zuverlässigkeit der gelernten Algorithmik erhält, sind Lösungen bei Nichteignung zu ändern oder gänzlich zu verwerfen. Denn viele maschinelle Lernverfahren weisen inhärente Ungenauigkeiten auf, die man in der Praxis berücksichtigen muss. Die verwendeten Lernverfahren müssen robust sein, das heißt, sie müssen mit wenigen und verrauschten Daten umgehen können.“

Neuronale Netze arbeiten deutlich effizienter

Und weil Lösungen transparent und beweisbar sein sollten, gilt: Je komplexer die Anforderungen sind, desto wichtiger ist es, die verwendeten Algorithmen auch zu verstehen. Ein weites Feld noch für die Forschung!

Wie eine praktische und erfolgreiche Integration von ML in eine echtzeitbasierte Steuerung aussehen kann, das verdeutlichte Beckhoff auf der Hannover Messe 2019 anhand eines Demonstrators zu Twincat Machine Learning: Dabei ist zwischen zwei XTS – ein lineares Transportsystem (eXtended Transport System) mit Movern zur Aufnahme von Werkstücken – ein Fließband platziert. Jeweils zehn XTS-Mover lassen sich nach und nach auf Markierungen des Fließbandes synchronisieren und für eine Strecke von einem Meter parallel zur jeweiligen Markierung fahren. Dann koppeln sie aus und bewegen sich für die nächste Synchronfahrt wieder an den Anfangspunkt des Bandes. Das Ergebnis im direkten Vergleich verdeutlicht: Das mit einem klassischen Verfahren gesteuerte XTS zeigt insbesondere während des Auskoppelns und kurz vor dem erneuten Aufsynchronisieren einen hohen Verschleiß- und Energieverbrauchswert, weil es hierbei stark beschleunigen oder abbremsen muss. Das zweite XTS hingegen, trainiert mit einem speziell auf diese Anwendung zugeschnittenen neuronalen Netz, arbeitete deutlich effizienter, denn es erzeugt „weichere“ Bewegungsprofile, es verteilt also die für die Synchronisation notwendige Dynamik über einen größeren Bereich des XTS.

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