Mathematik hilft Produktion Münsteraner Forscher optimiert die Produktionsplanung
Viel Produktionsprozesse sind komplex. Die optimale Planung der Fertigung gelingt irgendwann nicht mehr im Kopf. Ein Doktorand der FH Münster entspannt die Lage aber mit einem neuen Planungsprogramm.
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Damit eine gewünschte Stückzahl an Bauteilen termingerecht angefertigt ist, muss eine Produktion reibungslos funktionieren. Problematisch ist das immer dann, wenn Rüstzeiten, zum Beispiel durch einen Werkzeugwechsel, oder Stillstände durch Reinigungsarbeiten notwendig sind. Wann der „richtige“ Zeitpunkt für die jeweiligen Stopps ist, wird oft aus dem Bauch heraus entschieden – das ergibt aber nicht immer ein optimales Ergebnis.
Hobb Holzveredelung aus Bad Bentheim war das irgendwann klar, und man wollte eine technische Automatisierungslösung einführen. Dazu wandte sich hobb an den Fachbereich Maschinenbau der FH Münster. Dort stieß die Anfrage bei Prof. Dr.-Ing. Dieter Scholz auf offene Ohren. Der Experte holte daraufhin David Stalinski ins Boot. Der 29-Jährige Student entwickelte daraufhin ein System, das hobb inzwischen erfolgreich einsetzt. Nicht zuletzt wurde das Ganze auch noch zum Thema seiner Promotion, um in Zukunft nicht nur Holzverarbeitern zu mehr Effizienz in der Produktion zu verhelfen.
Mit mathematischer Optimierung lässt sich viel Rechenaufwand sparen
„Hobb Holzveredelung schneidet im täglichen Betrieb Holzwerkstoffplatten zu und beschichtet diese mit Dekormaterialien und Echtholzfurnier. Deshalb müssen die Maschinen immer wieder aufwendig gereinigt und umgerüstet werden – das dauert“, wie Stalinski erfahren hat. Der hobb-Geschäftsführer Franz Nitsche wollte deshalb die Rüstzeiten besser planen, um so die Produktion zielgerichteter steuern zu können. Um zu unterstützen, ist Stalinski nach Bad Bentheim gefahren, um den Produktionsprozess vor Ort zu analysieren.
Es galt die Fragen, welche Maschinen dort arbeiten, wie viel hergestellt wird und welche Termine wichtig sind, zu klären. Stalinski sammelte also in dieser Hinsicht alle relevanten Daten und widmete sich dann der mathematischen Optimierung derselben.
„Um ein ideales Ergebnis zu erhalten, müsste ein Algorithmus eigentlich alle möglichen Ansätze miteinander vergleichen“, merkt Stalinski an. Dazu jedoch sei ein jahrelanger Rechenaufwand mithilfe hochmoderner Computer nötig. Das kann sich aber in vielerlei Hinsicht keiner leisten. Also wird nur der Teil der möglichen Lösungen ausgewertet, der aber das größte Potenzial in Richtung Endergebnis verspricht – genau das nennt man mathematische Optimierung“, erklärt Stalinski.
Immer wissen, welches Produkt auf welcher Anlage am besten laufen soll
Basierend auf seinen so gewonnenen Erkenntnissen schrieb er für hobb ein Programm, das dort später installiert wurde und nun jede halbe Stunde den Produktionsplan optimiert. „Es zeigt an, wann welche Maschine umgerüstet werden muss und welche Produkte am besten auf welcher Maschine in welcher Reihenfolge gefertigt werden sollten“, erklärt der Doktorand aus Münster. Für eine möglichst transparente Kommunikation sorgten zwei große Bildschirme, die alle Pläne stets aktuell präsentieren. Franz Nitsche resümiert zufrieden. „Wir haben das System von David Stalinski seit einigen Monaten im Einsatz und sehen, dass es sehr gut funktioniert.“
Das Programm soll in Zukunft anwendungsflexibler werden
Stalinski selbst, heißt es, hatte Glück, dass sein Programm weit vor der Pandemie fertig geworden ist und installiert werden konnte. Den Sachverhalt aus dem Projekt setzt er nun in seiner Dissertation auf eine abstrakte Ebene, wie zu erfahren ist. „Ich will die hohe Bedeutung meines Programms für die allgemeine Ablaufplanung darstellen“, lässt er wissen. Forschungsaktivitäten in diesem Bereich seien zwar nicht neu, denn es gebe viele verschiedene Ansätze und Methoden, aber nicht alle seien für jeden Produktionsprozess geeignet. Um das zu erreichen, ist schon noch Entwicklungsarbeit notwendig, um praxistaugliche Lösungen zu erhalten, sagt Stalinski.
Wenn aus Leidenschaft ein vielversprechender Lebensweg wird
Als sehr zufrieden mit der Arbeit seines Schützlings äußert sich auch Prof. Scholz: „Herr Stalinski hat ein Programm geschrieben, das neu und mathematisch wirklich sehr komplex ist. Trotzdem wird damit die praktische Aufgabenstellung bei hobb hervorragend gelöst. Das kriegt nicht jeder hin!“
Spaß am Programmieren und Interesse an der Informatik hatte Stalinski schon als Schüler. Als er dann Maschinenbau an der FH Münster studierte, blieb er dieser Leidenschaft treu: „Ich habe mich zwar nicht auf Maschinenbauinformatik spezialisiert, aber viel mit Simulationen beschäftigt. Auch dafür braucht man Programmierkenntnisse.“
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