Molekularforschung Sandwich-Moleküle aus Seltenen Erden sichern digitale Zukunft

Redakteur: Peter Königsreuther |

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeiten Wissenschaftler am Aufbau neuartiger Molekülstrukturen, die Speichermedien und Displays auf ein neues Performance-Level heben könnten.

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Neue Molekülstrukturen aus dem atomaren Baukasten: Schematische Darstellung eines sogenannten Sandwich-Komplexes (nur ein möglicher Aufbau davon) mit einem aus verschiedenen Elementen zusammengesetzten unteren Ring. Zwischen den Ringen sitzt ein Metallatom. Die KIT-Forscher arbeiten dabei mit mit Seltenen Erden, heißt es. Die so aufgebauten Moleküle könnten perspektivisch als neuartige molekulare Materialien für leistungsfähigere Speichermedien oder Displays dienen.
Neue Molekülstrukturen aus dem atomaren Baukasten: Schematische Darstellung eines sogenannten Sandwich-Komplexes (nur ein möglicher Aufbau davon) mit einem aus verschiedenen Elementen zusammengesetzten unteren Ring. Zwischen den Ringen sitzt ein Metallatom. Die KIT-Forscher arbeiten dabei mit mit Seltenen Erden, heißt es. Die so aufgebauten Moleküle könnten perspektivisch als neuartige molekulare Materialien für leistungsfähigere Speichermedien oder Displays dienen.
(Bild: KIT)

Seltene Erden sind durch ihre besonderen Eigenschaften Bestandteil vieler Hightech-Produkte, sagt das KIT, wo man an neuen Einsatzmöglichkeiten dieser Elemente arbeitet. Das damit beschäftigte Forscherteam stellt dabei sogenannte Sandwich-Komplexe mit Seltenen Erden her, welche als neuartige molekulare Materialien gelten, die leistungsfähigere Speichermedien oder Displays bedeuten können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert, wie es weiter heißt, diese Pionierstudie mit 500.000 Euro als Reinhart-Koselleck-Projekt.

Der Ring-Metallatom-Ring-Aufbau beeinflusst die Eigenschaften

Sandwich-Komplexe sind nach Beschreibung der KIT-Forscher chemische Moleküle, deren Eigenschaften noch weitgehend unbekannt sind. Die Verbindungen bestehen aus zwei Ringstrukturen, zwischen denen ein einzelnes Metallatom quasi „eingeklemmt“ ist, heißt es. Vereinfacht sehen die Komplexe also aus wie winzige Sandwiches. Um zu erforschen, ob die Moleküle als innovative Grundlage für zukünftige Materialien geeignet sind, stellen Professor Peter Roesky, Leiter des Lehrstuhls für anorganische Funktionsmaterialien am Institut für Anorganische Chemie (AOC) und sein Team im Labor unterschiedliche Varianten der Sandwich-Komplexe her, so das KIT. Als Metallatome in der Mitte der Verbindungen verwenden die Experten eben verschiedene Elemente aus der Gruppe der Seltenen Erden. Diese Versuchsmoleküle unterscheiden sich außerdem in der Art ihrer Ringstrukturen, heißt es weiter.

So bestehen die Ringe sowohl aus Kohlenstoff als auch aus einem variablen Anteil weiterer Elemente (angedeutet durch den zweifarbigen unteren Ring im Bild). Die Forscher experimentieren dabei auch mit verschiedenen Ringgrößen. Im Projekt soll die Größe und die Beschaffenheit der Ringe systematisch variiert werden, um die Zusammenhänge zwischen Wirkung und Struktur des jeweiligen Aufbaus zu erkennen, sagt das KIT. „Wir untersuchen dabei, welchen Einfluss die Struktur der Sandwich-Komplexe auf ihre physikalischen Eigenschaften hat“, erklärt Roesky. Insbesondere erforsche man dabei auch Magnetismus und Lumineszenz der Moleküle.

Mehr Kapazität für Speichermedien möglich

Bisher, merken die Forscher an, sind Seltene Erden in der Regel in Festkörpermaterialien integriert, welche in Hightech-Produkten zum Einsatz kommen – etwa in LED-Leuchten, Handy-Displays oder Magneten von Windrädern. Mit der Herstellung der von Roeskys Forschergruppe geplanten molekularen Verbindungen mit Seltenen Erden verfolge der Lehrstuhlleiter also einen Ansatz, der in der Anwendung bisher kaum berücksichtigt wurde.

Im Idealfall könnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Beispiel Moleküle erhalten, die sich wie winzige Magnete verhalten – sogenannte Einzelmolekülmagnete. Eines Tages könnten die neuartigen Komplexe dafür genutzt werden, um Speichermedien herzustellen, die bei gleicher physischer Größe wesentlich höhere Speicherkapazitäten als heutige Medien dieser Art haben, glaubt man am KIT. Roesky und sein Team experimentieren außerdem mit Elementen der Seltenen Erden, die heute bereits in Leuchtstoffen enthalten sind. Denn mit Sandwich-Komplexen, die diese Elemente enthalten, könnten später etwa optimierte Displays hergestellt werden. „Unser Projekt dient dazu, das Grundlagenverständnis für diese neuartigen Stoffe zu schaffen“, merkt Roesky dazu an.

Risikobehaftete Projekte werden besonders gefördert – aber selten!

Weil die Wissenschaftler mit ihrem Projekt Pionierarbeit leisten, ist der Erfolg nicht unbedingt garantiert, schränkt das KIT ein. Über Reinhart-Koselleck-Projekte fördert die DFG aber gezielt solch risikoreiche Vorhaben und gibt etablierten Forschern damit die Möglichkeit, innovative Ideen umzusetzen, für die es noch kaum Grundlagen gibt, heißt es. Über alle Fächer hinweg genossen in Deutschland 2019 lediglich acht schlaue Köpfe eine Reinhart-Koselleck-Projektförderung, betont das KIT. Mit Roesky ist es das erste Mal einem Wissenschaftler des KIT gelungen, diese finanzielle Unterstützung zu erhalten. Die Mittel, die auf fünf Jahre ausgelegt sind, können dabei frei eingesetzt werden.

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