Corona So hielten sich Maschinenbauer in der Krise über Wasser
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Die Krise stellte viele Unternehmen vor ungeahnte Herausforderungen. Wer bestehen wollte, musste Wege finden, damit umzugehen.

Anfang 2020 schien Corona aus deutscher Sicht noch in weiter Ferne. Mit der Zeit rückte das Virus aber immer weiter in unser Blickfeld. Zuerst traten Störungen in internationalen Lieferketten auf. Mit dem Lockdown wurde dann auch die Produktion im eigenen Unternehmen schwieriger. Dann war flexibilität und schnelles Handeln gefragt. Die folgenden drei Beispiele zeigen, wie Maschinenbau-Unternehmen mit den Problemen umgegangen sind und in der Krise handlungsfähig blieben.
Lieferketten brachen weg, Aufträge gingen weiter ein
Boge Kompressoren, ein mittelständisches Familienunternehmen in vierter Generation, wurde von den Auswirkungen der Corona-Krise auf die Branche und deren Zulieferer direkt zu Beginn der Pandemie getroffen. Nacheinander sind die Lieferketten aus Asien und Europa komplett weggebrochen. Gleichzeitig gingen jedoch weiterhin durchgehend Aufträge ein, da zu jeder Zeit weltweit Märkte aktiv waren.
Eine Herausforderung, die der Kompressorspezialist gelöst hat, indem die Zusammenarbeit mit Lieferanten teils neu und viel breiter aufgestellt wurde. „Das hat uns für die Zukunft aber auch eine neue Sicherheit gebracht“, sagt Ina Rockmann, Leiterin Marketing Services bei Boge. „Wir sind neue und verlässliche Partnerschaften eingegangen, die uns die schwierige Phase erleichtert haben. Man lernt sich nicht nur schneller und intensiver kennen, sondern weiß auch, auf wen man sich langfristig wirklich verlassen kann.“
Flexibilität haben auch die Mitarbeiter beim Umgang mit dem Homeoffice bewiesen, ebenso wie mit digitalen Meetings und Vertriebsgesprächen. Daraus zieht das Unternehmen ein positives Learning: Die etwas unpersönlichere Atmosphäre eines Onlinemeetings führt im Gegenzug dazu, dass viele Gespräche effizienter ablaufen. Zudem lassen sich mehrere Teilnehmer digital wesentlich spontaner zusammenbringen als zu einem realen Treffen.
Das steigere wiederum die Effizienz insgesamt. Einen weiteren Vorteil sieht der Maschinenbauer in seiner Spezialisierung innerhalb der Branche. Da es nicht in jedem Land weltweit einen Hersteller von Kompressoren gibt, sind die Exporte auf einem konstant hohen Niveau. Es zeichnet sich ein Trend ab, nach dem die Kunden weltweit noch mehr als zuvor bereit sind, für Qualität und schnelle Verfügbarkeit einen angemessenen Preis zu zahlen.
Durch Fernwartung Infektionsrisiken vermeiden
Schwarze Robitec aus Köln produziert Rohrkaltbiegemaschinen, die etwa in der Automobilindustrie, der Energiebranche sowie im Schiffbau und der Offshore-Industrie Anwendung finden. Herausfordernd waren zu Beginn der Corona-Krise vor allem die Reisebeschränkungen: Die Machbarkeit von Dienstreisen im In- und Ausland stand völlig infrage, die Informationslage änderte sich täglich. Das stellte das Unternehmen bei der Umsetzung etlicher parallel laufender Projekte in unterschiedlichen Stadien weltweit vor organisatorische und logistische Herausforderungen – von der Maschineninbetriebnahme bis zur sonst üblichen Vorabnahme mit Kunden in Köln.
Der Maschinenbauer reagierte, indem er unter anderem seine Onlineservices weiter ausbaute, berichtet Heike Ahlers, Leiterin Vertrieb & Marketing bei Schwarze Robitec. Standardmäßig sind die Rohrbiegemaschinen Industrie 4.0 fit und die Voraussetzung für den kontaktlosen technischen Support aus der Ferne war damit bereits geschaffen. Diese Möglichkeiten der Fernwartung nutzten die Servicetechniker nun verstärkt und lösten viele Servicefälle ganz ohne Infektionsrisiko.
Auch die nötigen Schutzmaßnahmen setzte der Maschinenbauer um: Personal- und Einsatzpläne wurden angepasst, Abstands- und Hygieneregeln implementiert, viele Mitarbeiter zogen in kürzester Zeit ins Homeoffice um. Was einerseits schnelles Handeln und große Flexibilität erforderte, brachte andererseits auch Positives mit sich: „Als die Situation für uns konkret wurde, haben alle im Unternehmen mitgeholfen und zusammengearbeitet. Das hat unseren Teamgeist noch weiter gestärkt – darauf sind wir stolz“, sagt Heike Ahlers. Auch die Beziehung zu Kunden wurde noch intensiver, der Draht zu vielen Partnern im digitalen Homeoffice wesentlich enger.
Mit Blick auf die eigenen Lieferketten spürte auch Schwarze Robitec die auf der ganzen Welt auftretenden Verzögerungen. Dass trotzdem kein Termindruck entstand, ist dem besonderen Fertigungskonzept zu verdanken, das sich in der Pandemie bewährt hat: „Wir sind mit einer eigenen Produktion hier in Deutschland und einem großen Ersatzteillager stark vertikal integriert. Das macht uns in einer Situation wie der aktuellen zunächst einmal unabhängig von Lieferanten.“
Renaissance der Lagerhaltung
Item Industrietechnik mit Sitz in Solingen fertigt Systembaukästen für industrielle Anwendungen. Für den Maschinenbauer war unter anderem die Absicherung der Lieferketten eine der großen Herausforderungen in der Coronakrise. Grundlage dafür, dass es zu keiner Zeit Engpässe gab, war die eigene Vorratshaltung. Die Nähe zum Lieferanten und eine krisenfeste Lagerbestandsführung werde in vielen Unternehmen eine Renaissance erleben, prognostiziert daher Item-Geschäftsführer Stephan Buchmann.
Intern war vor allem die entsprechende Organisation der Arbeitsweise mit Aufwand verbunden: die Möglichkeit von Homeoffice, neue Schichtmodelle in Produktion und Logistik sowie die Umstellung der IT für das digitale Arbeiten. Das hat auch die Kommunikation mit den Kunden grundlegend verändert. Statt persönlicher Beratungsgespräche vor Ort setzte das Unternehmen auf Videotelefonie, ergänzt durch virtuelle Produkt- und Lösungspräsentationen. Die Mitarbeiter im Vertrieb profitierten von einer aktuellen Medienausstattung und können nach einem anfänglichen Training die Kunden nun digital bei der Anwendung von Item-Produkten unterstützen.
Optimierungspotenzial sieht der Maschinenbauer bei der aktuellen Netzanbindung: „Wir werden auch dann weiter auf digitale Kommunikation setzen, wenn der persönliche Besuch wieder gefahrlos möglich ist. Nicht ausschließlich, aber zusätzlich. Und dafür benötigen wir eine hohe Leistungsfähigkeit der Infrastruktur“, sagt Buchmann. Er berichtet, dass das Arbeiten im Homeoffice aufgrund des fehlenden Austauschs unter Kollegen und der geringeren Konzentration auf terminorientierte Projekte nicht in jedem Fall eine Verbesserung der Zusammenarbeit bewirkt habe. Trotzdem ist er überzeugt: „In Zukunft wird es erheblich mehr hybride Arbeitsplatzmodelle als vor der Krise geben.“
Chancen für Administration und Vertrieb in beschleunigter Digitalisierung
Langfristige Chancen für die Administration und den Vertrieb von Maschinenbauunternehmen liegen insbesondere in der Beschleunigung der Digitalisierung und dem damit einhergehenden Wandel zur neuen Kundenbeziehung, Wissensvermittlung und Prozessorganisation. Diese Erfahrungen gilt es zu nutzen. Dazu gehört auch der Umgang mit flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodellen. Indem sie den Austausch auf das Wesentliche beschränken und zeitintensive Anfahrten obsolet machen, werden virtuelle Treffen zukünftig fester Bestandteil geschäftlicher Beziehungen sein. Was die Auswirkungen der Corona-Krise Maschinenbauern aber vor allem zeigen, ist eines: Wer auf „rollende Lager“ und „Just-in-time“-Belieferung setzt, steht im Falle gestörter Lieferungen vor einem großen Problem. Besonders wer auf eigene Ersatzteillagerung setzt und stark vertikal integriert ist, hat in der Krise einen großen Wettbewerbsvorteil. Fest steht: Gerade jetzt ist es Zeit, die wichtigsten Prozesse im eigenen Betrieb neu zu bewerten und zu restrukturieren.
* Marion Ziegler ist Account Manager und Content Strategist bei Additiv PR in 56410 Montabaur, Tel. (02602) 95 09 91 4, mz@additiv-pr.de
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