Serie International USA: Die Unsicherheit schwingt mit
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Coronapandemie, schwelende Handelskonflikte und eine Präsidentschaftswahl im November. Die USA, Deutschlands wichtigster internationaler Handelspartner, sehen einer turbulenten zweiten Jahreshälfte entgegen.

Bei allem Fokus auf China und dessen kometenhaften Aufstieg zur Wirtschaftsmacht wird manchmal vergessen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika immer noch Deutschlands wichtigster „Kunde“ sind. Im Jahr 2019 exportierten deutsche Unternehmen Waren im Wert von 118,66 Mrd. Euro in die USA, mehr als nach Frankreich oder China.
Die politische Entwicklung, unter anderem durch die US-zentrische Wirtschaftspolitik der Regierung Trump inklusive internationaler Handelskonflikte, und die starken Auswirkungen der Coronapandemie führen mittlerweile aber zu einer großen Unsicherheit dahingehend, wie sich die wirtschaftliche Beziehung zu den USA weiterentwickelt. Grund genug, um die aktuelle Situation im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Deutschland und USA im Vergleich
Getan hat das unter anderem das IIoT-Unternehmen Relayr. Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Forsa hat es jeweils 100 Unternehmen der produzierenden Industrie in Deutschland und den USA dazu befragt, wie sich die Krise auf ihr Unternehmen auswirkt, wie sie mit den Herausforderungen umgehen und wie sie die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung beurteilen. Der Umfrage zufolge, die im Juni 2020 veröffentlicht wurde, spüren 54 % der deutschen Unternehmen negative Effekte der Krise auf ihr Unternehmen, wohingegen in den USA ganze 67 %, also 13 Prozentpunkte mehr als in Deutschland, negative Auswirkungen spüren.
Mehr Einigkeit bestand bei der Frage nach den größten Herausforderungen, die durch die Coronakrise entstehen. Hier gaben 55 % der deutschen und 58 % der amerikanischen Unternehmen den Rückgang neuer Aufträge zu Protokoll. Ähnlich problematisch sehen die Unternehmen in beiden Ländern den Umsatzrückgang (Deutschland: 57 %, USA: 54 %). Interessanterweise gehen die Zahlen bei dem Punkt „Sorge der Mitarbeiter vor einer Covid-19-Ansteckung“ wieder deutlich weiter auseinander. Während nur 44 % der deutschen Unternehmen das als große Herausforderung bezeichneten, waren es in den USA 56 %.
Neben derartigen Befragungen zum Geschäftsklima werden auch Arbeitslosenzahlen häufig als Index für den Zustand einer Volkswirtschaft zu Rate gezogen. Hier muss man von Deutschland aus betrachtet allerdings die deutlichen arbeitsrechtlichen Unterschiede zwischen den beiden Ländern in Betracht ziehen. So herrscht in den USA an der ein oder anderen Stelle die häufig zitierte „Hire-and-fire“-Mentalität, die durch deutlich kürzere Kündigungsfristen möglich wird. Dies führt dazu, dass Unternehmen zwar schneller zu Entlassungen greifen, aber bei veränderten Vorzeichen auch sehr schnell wieder einstellen.
Zweite Jahreshälfte wird die Weichen stellen
In Zahlen ausgedrückt ist die Arbeitslosenquote in den USA im April 2020 auf 14,7 % gesprungen (verglichen mit 3,5 % im Februar). Diese Zahl war aber bereits im Mai wieder auf 13,3 % zurückgegangen. Dennoch bleibt ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosenzahlen zu verzeichnen und man kann davon ausgehen, dass sich diese Zahlen in den letzten Wochen nicht deutlich erholt haben.
Unter anderem vor diesem Hintergrund geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in seinem Wochenbericht Nr. 24/2020 davon aus, dass die Normalisierung der amerikanischen Wirtschaftspolitik vergleichsweise langsam vonstattengehen wird. Dabei spielt neben der unvorhersehbaren Entwicklung der Coronakrise vor allem der unsichere Ausgang der Präsidentschaftswahlen im November eine entscheidende Rolle. In Verbindung mit dem weiter schwelenden Handelskonflikt mit China ging das Institut in dem Bericht davon aus, dass die US-Wirtschaft im laufenden Jahr um 6,9 % schrumpfen und die Wachstumsrate 2021 4,1 % betragen wird.
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