Digitale Transformation Wie Produktdaten in Sekunden entstehen
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Lassen sich Produkte mit einer Variantenvielfalt von 1032 – das sind 100 Quintillionen – digital abbilden? Und kann man in diesem nahezu unendlichen Lösungsraum die passende Lösung in Sekunden finden? Ja! Der Automatisierungsspezialist Lenze zeigt, wie er es mithilfe von Eplan und German Edge Cloud geschafft hat.

Ab 2016 sollte bei Lenze nichts mehr so sein, wie es war. Gerd Schüler erhielt damals von seiner Geschäftsführung den schlichten Auftrag: „Unser Frontend muss wettbewerbsfähiger und einfacher werden, damit Kunden unsere Produkte und digitalen Services wie selbstverständlich in ihren Workflow integrieren können.“ Es gab nur eine „klitzekleine“ Herausforderung: Einige Produkte von Lenze, einem familiengeführten Automatisierungsunternehmen aus Hameln, und ihre dazugehörigen Stammdaten waren für eine Digitalisierung gar nicht geeignet.
„Mir war sofort klar: Dafür mussten wir neue Wege gehen, die alles infrage stellen“, erzählt Schüler, Senior Vice President Process and Quality Management. Und das taten dann kluge Köpfe aus dem Unternehmen auch, indem sie technologische Grenzen nicht überschritten, sondern gleich ganz außer Kraft setzten; indem sie ein neues digitales Lösungsangebot entwickelten und die Stammdaten einfach von Grund auf neu erzeugten.
Alles in der Cloud
Das Ergebnis ist ein zukunftsfähiger, digitaler Workflow von der Konfiguration zur Bestellung, vom Engineering bis in die Fertigung und den Betrieb der Lenze-Produkte: Alles läuft jetzt über die Cloud statt auf serverbasierten On-Premises-Lösungen mit begrenzten Speicher- und Rechenlösungen. Lenze setzt jetzt auf ausgesuchte Informationseinheiten mit hinterlegten Regelwerken statt auf statische Produktdatenhaltung, bei der ständig neue Datensätze erarbeitet und unzählige Varianten gepflegt werden. Dadurch ist man unabhängig von Plattform-Lösungen einzelner Software-Anbieter geworden, kann jetzt unterschiedliche Zielsysteme sogar nach Wunsch und Bedarf bedienen sowie Informationen intelligent orchestrieren.
Informationen neu aufgebaut – Regelwissen integriert
Der Neustart bei Lenze war weniger eine Frage der IT-Infrastruktur: „An der IT mangelt es nicht. Man kann alles kaufen, was man möchte. Das sind nur Werkzeuge“, sagt Prozess- und Qualitätsmanager Schüler. Schneller würden Anbieter und Kunde nur, wenn man Daten strukturell als Standard verstehe und einen hohen Grad an Wiederverwendung realisiere. Dafür mussten die technischen Produktdaten und SAP-Stammdaten neu aufgebaut, organisiert und strukturiert und so schlank wie möglich gemacht werden.
Doch wie geht man das an? Gerd Schüler stellt klar: „Wenn man eine Antriebseinheit nach technischen Einheiten partitioniert, sie klein macht und strukturell anders verwaltet, wird man schnell. Dann habe ich meine ‚Lego-Bausteine‘, kann die Informationen schnell neu zusammenbauen und verschiedenste Zielsysteme bedienen.“ Kombiniert man das mit Regelwerken und gleicht es mit Variantenkonfigurationen ab, entstehen die Produktdaten in Sekunden für die Entscheidung des Kunden. „Wir selbst müssen als Anbieter gar keine Stammdaten mehr anlegen; wir verwalten und bewirtschaften eigentlich nur die kleinen Bausteine und Regelwerke. Der Rest läuft automatisch.“
Und das schneller als zuvor. Lag zuvor der Aufwand, um einen Datensatz zu generieren, bei durchschnittlich zwei Stunden, braucht es jetzt nur noch zwei Sekunden – ohne dass jemand eingreifen muss. Jeden Monat generieren die Kunden durchschnittlich etwa 10.000 neue Produktvarianten aus einem Lösungsraum von 1032 – das sind 100 Quintillionen – technisch baubaren Datensätzen. „Das bedeutet, dass es mehr Möglichkeiten gibt, Lenze-Produkte individuell auszuprägen, als die Milchstraße Sterne hat“, sagt Schüler: „Es geht also prinzipiell in Richtung unendlich. Daher machte es für uns als Variantenfertiger im Unterschied zu Serienfertigern auch weniger Sinn, alles im Eplan Data Portal klassisch über feste Materialnummern zu hinterlegen.“ Das Eplan Data Portal ist eine cloudbasierte Datenbank für Komponentendaten.
Komponentendaten werden generiert
Die neuen Komponentendaten generiert jetzt der Easy Product Finder (EPF). Der EPF ist ein Online-Tool zur Suche, Konfiguration, Angebotsanfrage und Bestellung von Lenze-Produkten und wird mit technischen Daten mit hinterlegten Regelwerken gefüttert. Dadurch ist eine unendliche Variantenvielfalt möglich, ohne stetig neue Datensätze zu erarbeiten oder zu pflegen. Der zusätzliche Mehrwert für Kunden: komplette Eplan-Datensätze, die sich in Sekunden erzeugen lassen.
Den Betrieb des EPF hat Lenze in eine Cloud ausgelagert, um sich von serverbasierten Plattformen und limitierter Hardware unabhängig zu machen. Der Konfigurator wird in der Cloud von German Edge Cloud (GEC), einer Schwestergesellschaft von Eplan, betrieben. Ein weiterer Vorteil der Cloud-Lösung: Lenze vernetzt seine Produkte mit dem Rest der Welt. Der EPF ist eingebunden ins Eplan Data Portal, das vollumfassende Artikeldaten und Produktkataloge zahlreicher Komponentenhersteller enthält. Wer hier auf Lösungen von Lenze stößt, kann mit einem Klick automatisch von einer Cloud in die andere springen, also von Eplan in die EPF-Umgebung auf der Lenze-Website wechseln.
Mit Produktkonfigurator schnell zum passenden Artikel
„Durch die direkte Anbindung unseres Produktkonfigurators an die neue Eplan-Plattform findet der Kunde sehr schnell sein gewünschtes Produkt. Die Artikelsuche in umfangreichen Listen entfällt, der Kunde bekommt schnell einen passenden Artikel“, erklärt Bernd Spiegel, Leiter Team Process and Data bei Lenze. Ein weiterer Vorteil: Die Pflege der Inhalte des Konfigurators in der Eplan-Plattform wird deutlich einfacher. Außerdem ist der EPF, mit dem komplette Eplan-Datenpakete (EDZ-Datei) für jede Gerätevariante erzeugt werden können, eine spürbare Erleichterung für jeden Konstrukteur.
Die Bereitstellung variantengerechter Komponentendaten ist laut Schüler eine „Basisanforderung unserer Kunden“. Die Eplan-Datensätze müssten daher mit oder vor dem Verkauf der Produkte für das Engineering zur Verfügung stehen. „Wer da nicht mitspielt, wird in Kosten ersticken oder verliert Kunden.“ Denn Fakt sei doch, „dass Daten genutzt und kombiniert werden, um bessere Entscheidungen im Sinne geringerer Lifecycle-Kosten abzuleiten. Das setzt voraus, das Asset exakt zu beschreiben. Dafür ist Eplan die beste Umgebung, weil mit dem Schaltplan jede Beziehung aller Assets in einer Maschine abgebildet ist.“
Schüler erklärt, warum das für Lenze so wichtig ist: „Wir sind bei sehr vielen führenden Maschinenbauern präsent. Diese simulieren Inbetriebnahme, Betrieb, Optimierung und Instandhaltung einer Maschine schon zu dem Zeitpunkt, wo sie physisch noch gar nicht existiert.“ Dafür benötige man für die verschiedenen Engineering-Umgebungen nicht nur digitale Zwillinge, sondern auch begleitende Services, die die Workflows beschleunigen. Dazu zählen Datenaustauschformate zur direkten Nutzung in der Prozessumgebung der Kunden.
Belastbares Regelwerk sorgt für Schnelligkeit
Lenze hat mit dem EPF den technologischen Durchbruch geschafft. „Wir werden daher das komplette Portfolio mit allen Baureihen bis Ende 2023 im EPF aufbauen“, sagt Spiegel, Leiter des Datenteams. „Ich kommissioniere letztlich nur noch viele kleine Informationsbausteine mit ihren Regelwerken, weil das alles testbar, prüfbar und viel einfacher ist. Deswegen sind wir jetzt so schnell.“
Auch intern sei der Effekt enorm: Konfigurationen und Bestellungen durch den Kunden werden im EPF über eine Schnittstelle zu SAP-Stücklisten und Arbeitsplänen automatisch generiert. Das Prinzip sei immer gleich: „Leistungen basieren auf Informationsschlüsseln, die wir zwischen verschiedenen Zielsystemen hin- und herschieben. Egal, in welcher Cloud was liegt: Die Komplexität steigt nur vermeintlich, in Wirklichkeit tut sie es nicht.“ Und das alles wird über eine Cloud-Lösung realisiert: „Tatsächlich haben wir eine belastbare Architektur gefunden. Wir wollten ohnehin keine Lizenzen, wir wollten Verfügbarkeiten. Das ist die richtige Strategie zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Schüler.
Mit der Hosting-Lösung von GEC hat sich Lenze nicht nur von lästigen Limitierungen bei Hard- und Software befreit, sondern die ganzheitliche Umsetzung speziell des EPF in erfahrene Hände gelegt: Schüler ergänzt: „Das hat hervorragend funktioniert, weil das Domainwissen für die Erzeugung der CAE-Daten bei Eplan liegt. Die Experten wissen, wie die Dinge am Ende weiterverarbeitet werden können.“ Und sein Kollege Bernd Spiegel betont: „Eplan hat vieles sehr gut gemacht und ist deutlich weiter als der Wettbewerb. Customizing, Schulung, Reaktionszeiten – alles top. Dass die handelnden Personen bei Eplan gefühlt mittlerweile als Kollegen agieren, ist nicht normal. Das ist bemerkenswert.“
* Ulrich Kläsener ist Fachjournalist bei Mediabridges. Weitere Informationen bei der Eplan Software & Service GmbH & Co. KG
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