Krisenmanagement Zehn-Punkte-Plan für eine vernünftige Rückkehr aus der Pandemie
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert von der Regierung die Rückkehr zur Normalität. Damit das gut klappt, sollte unter dem Motto „Raus aus der Pandemie“ einiges beachtet werden.
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Die Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft liefern für die nächsten Monaten keinen Grund zur Sorge, so der BDI. Viel Unsicherheit registriere man aber mit Blick auf den weiteren Pandemieverlauf. Sorge bereite unter anderem das schleppendes Impftempo in weiten Teilen der Welt. Aber mit den folgenden zehn Vorschlägen, die der Bundesverband jetzt der Bundesregierung ans Herz legt, soll der ganzheitliche Weg der Wirtschaft aus der Pandemieumklammerung relativ reibungslos gelingen.
1. Wiederherstellung des Güter- und Warenverkehrs
In Sachen Reisefreiheit und reibungslosem Güter- und Warenverkehr blickt man momentan auf einen uneinheitlich gewebten Flickenteppich. Besser koordinierte Gesundheitsstandards und -protokolle, um den Reiseverkehr neu zu beleben, könnten Abhilfe schaffen. Deshalb begrüßt der BDI die seit 13. März geltende Einreiseverordnung für Logistik und Güterverkehr. Sie hat einheitliche Regeln und beinhaltet Ausnahmen für Grenzüberschreitungen. Für einen freien Waren- und Güterverkehr aber sollten Grenzübertritte unbürokratischer werden, um noch effizienter abgewickelt werden zu können, so der BDI. Einreiserestriktionen sollten dazu evidenzbasiert abgebaut werden.
2. Ergänzungen zur Testnachweispflicht im Flugverkehr
Der BDI gibt zu bedenken, dass die im Flugverkehr geltenden pauschalen Testnachweispflichten vor Abflug in ein Nichtrisikogebiet zu kompliziert sind. Ein evidenzbasierter Ansatz würde auch dabei helfen. So könnten geimpfte Personen etwa von der Testpflicht entbunden werden, so der BDI. Unterstützend wirken können internationale Vorgehensweisen, wie die „IATA Travel Pass Initiative“. Mit dieser können Dokumente sicher überprüft werden, um festzustellen, ob eine Person reisen darf. Der BDI plädiert in diesem Zusammenhang auf ein Mehr an Luftfrachtkapazität, denn etwa die Hälfte der internationalen Luftfracht würde momentan per Passagierflug abgewickelt.
3. Der international gültige, digitale Impfpass muss her
Wenn die Wiederaufnahme der Normalität funktionieren soll, dann muss nach Ansicht des BDI der Impfstatus einwandfrei und fälschungssicher nachweisbar werden. Nur so gelinge die umfassende Pandemiekontrolle. Digitale Pässe könnten das leisten, sollten aber von der Bundesregierung so schnell wie möglich in die Wege geleitet werden – am besten kostenlos. Auch Reisen in Drittstaaten muss er ermöglichen, betont der BDI. Und der im März initiierte digitale Grüne Impfnachweis sollte über Europa hinaus anerkannt werden können. Auch muss er als politisch-technisches Element so konzipiert werden, dass er die digitalen Impfnachweise anderer EU-Staaten verknüpfen kann.
4. Pandemiebekämpfung durch stärkere Digitalisierung
Die Digitalisierung der Gesellschaft kann die Ausbreitung der Pandemie zumindest verzögern. Aber es fehle an Schnittstellen zwischen Gesundheitsbehörden und an datensicheren Nachverfolgungssystemen, sagt der BDI. Dennoch dürfe der persönliche Datenschutz und gewisse Freiheitsrechte, die man unter normalen Verhältnissen genieße, die Pandemiebekämpfung nicht behindern.
5. Betriebsärzte müssen Hausärzte beim Impfen entlasten
Unternehmen haben nicht nur für Hygiene-, Test- und Homeoffice-Maßnahmen viel Geld ausgegeben. Jetzt unterstützen sie auch die Impfstrategie der Bundesregierung, bei der auch Betriebsärzte und -ärztinnen die Spritze in die Hand nehmen dürfen, sowie den Aufbau betriebsärztlicher Impfstraßen in Deutschland. Bis zum 1. Juni sollen die betroffenen Ärzte in die Strategie eingebunden sein und mit Impfdosen versorgt werden, sobald ab 7. Juni die Impfpriorisierung fällt. Damit sollen Hausärzte entlastet werden. Voraussetzung ist ein Impfkonzept für betriebsärztliche Dienste, das einheitlich umgesetzt werden muss, sowie die gesicherte Zustellung der Impfstoffe, so der BDI.
6. Der normale Geschäftsbetrieb muss wieder aufgenommen werden
Je mehr Personen voll geimpft sind, ums mehr Beschäftigte sollten wieder vom Homeoffice ins normale Büro zurückkehren, meint der BDI. Dazu müssten Bund, Länder und Wirtschaft aber ein klares Stufenkonzept erarbeiten. Danach könnten die Coronaauflagen für die Beschäftigten sukzessive verringert respektive ganz aufgehoben werden. Dabei spiele aber auch wieder der digitale Impfass eine Rolle, der von den Arbeitnehmenden dazu rechtssicher zur Verwendung stehen müsse.
7. Deutschland muss bei internationalen Impfaktionen helfen
Nur durch eine weltweit wirkende Impfkampagne ist der Corona-Virus wirksam in Schach zu halten. Aussetzungen des Patentrechts auf Impfstoffe und der Aufbau neuer Produktionsanlagen würden laut BDI nichts bringen, beziehungsweise zu spät kommen. Sinnvoller, meint der BDI, sei es, wenn die WTO alle Handelsbarrieren durch nationale Exportverbote für Impfstoffe und andere relevante Produkte aufheben würde. Das beschleunige die Produktion und die Versorgung von Entwicklungs- und Schwellenländern könne rascher erfolgen.
8. Alle Coronahilfen bis Ende des Jahres laufen lassen
Die Bundesregierung hat bekanntermaßen ein Maßnahmenpaket geschnürt, um die wirtschaftlichen Einbußen durch Corona zu mildern. Dieses hat wesentlich zur Krisenbekämpfung beigetragen, merkt der BDI an. Diese Hilfsmaßnahmen jetzt zu schnell auslaufen zu lassen, könnte fatal werden. Deshalb sollte es sie, wie die KfW-Maßnahmen und die Großbürgschaftsprogramme oder das Start-up-Programm auch, noch bis Ende Dezember diesen Jahres geben.
9. Investitionsanreize durch Verlustverrechnung und Abschreibung
Von steuerlichen Sofortmaßnahmen haben viele Unternehmen in der Krise profitiert. Zwei Corona-Steuerhilfsgesetze ermöglichten etwa die zeitlich befristete, degressive AfA und eine Erhöhung der Maximalgrenze für den Verlustrücktrag. Doch eine breite Ausweitung der Verlustrechnung blieb aus, wodurch die Unternehmen ihre Liquidität hätten stärken können. Die Gewinne der Vorjahre reichten folglich nicht aus, um die Verluste zu kompensieren. Die Ausweitung der Verlustrechnung und eine Verlängerung der degressiven AfA auch im nächsten Jahr, könnten aber helfen.
10. Pandemieerfahrungen in ein intelligentes Schutzkonzept umwandeln
Jedem dürfte klar sein, dass uns Corona weiter bedroht, oder noch andere Viren auf den Plan treten können – vielleicht mit noch schlimmeren Auswirkungen, wenn zu spät reagiert wird, gibt der BDI zu bedenken. Um es beim nächsten mal besser zu machen, verlangt der BDI einen Pandemie-Schutzplan, aufbauend auf den Erfahrungen der Krise, der Maßnahmen für alle Inzidenzen beinhaltet.
Dabei sollten klare Regeln aufgestellt werden, wann mit welchen Gegenmaßnahmen reagiert werden muss. Hier einige Auszüge:
- Der weitere Ausbau der Melde- und Infrastrukturen zwischen Laboren, Gesundheitsämtern und Teststellen ist nötig;
- eine vernünftige Bevorratung von Hygienesystemen und Desinfektionsmöglichkeiten ist festzulegen;
- Notgüter sollten von Handelsbeschränkungen befreit werden, sobald die WHO den medizinischen Notfall feststellt.
Alle Maßnahmen und Pläne, heißt es weiter, sollten durch eine festgelegte Krisenkommunikation und klare Zuständigkeiten begleitet werden. Auch rät der BDI zum regelmäßigen Üben der Maßnahmen, damit im Ernstfall alles möglichst schnell geht. Das Konzept hierzulande muss dabei kompatibel mit denen der EU sein.
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