Bietergemeinschaften Das Bundeskartellamt sieht genau hin
Vorsicht, wenn Unternehmen gemeinsam bei einer Ausschreibung bieten: Sie können leicht unter Verdacht geraten, eine verbotene Kartellabsprache zu treffen. Ob die Bietergemeinschaft zulässig ist, sollte deshalb in jedem Fall geprüft und die Begründung ausreichend dokumentiert werden.
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Bietergemeinschaften werden von kleineren und mittleren Unternehmen, aber auch unter Beteiligung von Großunternehmen gegründet, um im Rahmen einer Ausschreibung überhaupt ein Angebot abgeben zu können. Sie können aber auch dazu dienen, eigene Kapazitäten zurückzuhalten oder unter Umständen auch eine Kartellabsprache zu tarnen.
Das Bundeskartellamt hat sich jüngst insbesondere mit der kartellrechtlichen Zulässigkeit von Bietergemeinschaften auseinandergesetzt (Abschlussbericht der Sektoruntersuchung Zement und Transportbeton). Das Amt liegt hierbei noch strengere Maßstäbe an als die aktuelle Rechtsprechung. Die Grundsätze gelten für alle Branchen und sind deshalb auch für den Maschinen- und Anlagenbau von Bedeutung.
Überprüfung der kartellrechtlichen Zulässigkeit von Bietergemeinschaften bei öffentlichen und privaten Ausschreibungen
Die Bildung einer Bietergemeinschaft verstößt gegen das Kartellverbot, sofern hierdurch eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt wird. Dann drohen zivilrechtliche Nichtigkeit und hohe Geldbußen der Kartellbehörde. Die Abgabe eines Angebots durch eine kartellrechtswidrige Bietergemeinschaft kann zudem den Straftatbestand einer Submissionsabsprache erfüllen. Haupt-/ Subunternehmerverhältnisse sind nicht anders als Bietergemeinschaften zu beurteilen, sofern die Beteiligten vereinbaren, dass der Subunternehmer kein eigenes Angebot abgibt.
Öffentliche Vergabestellen sind gesetzlich verpflichtet, die kartellrechtliche Zulässigkeit von Bietergemeinschaften zu überprüfen. Bei Anhaltspunkten für deren Unzulässigkeit müssen sie die Bieter auffordern, ihre Gründe für die Bildung der Bietergemeinschaft darzulegen. Die Unternehmen müssen also die Zulässigkeit beweisen. Die Entscheidung, sich als Mitglied einer Bietergemeinschaft an einer Ausschreibung zu beteiligen, unterliegt zwar der Selbsteinschätzung des jeweiligen Unternehmens, die nur beschränkt überprüfbar ist. Die Begründung muss aber objektiv nachvollziehbar und vertretbar sein. Angebote kartellrechtswidriger Bietergemeinschaften dürfen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Private Auftraggeber sind nicht verpflichtet , die Zulässigkeit von Bietergemeinschaften zu überprüfen. Die kartellrechtlichen Grenzen gelten bei privaten Ausschreibungen jedoch ebenso.. Es drohen also ebenfalls die Nichtigkeit des Angebots und Geldbußen, sofern zum Beispiel ein konkurrierender Bieter Anzeige bei der zuständigen Kartellbehörde erstattet.
Uneingeschränkte Zulässigkeit von Bietergemeinschaften nur in engem Bereich
Nach übereinstimmender Auffassung von Rechtsprechung und Bundeskartellamt sind Bietergemeinschaften kartellrechtlich generell nur dann unbedenklich, wenn diese
- zwischen konzernangehörigen Unternehmen geschlossen werden, sofern diese nicht zugleich separate Angebote abgeben, oder
- zwischen auf unterschiedlichen Märkten tätigen Unternehmen geschlossen werden, d.h. diese keine aktuellen oder potentiellen Wettbewerber sind.
Bietergemeinschaften zwischen Wettbewerbern nur im Einzelfall zulässig
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Rechtsfragen in der Industrie 4.0
Auf der Suche nach dem rechten Weg
Bietergemeinschaften zwischen aktuell oder potentiell miteinander in Wettbewerb stehenden Unternehmen sind hingegen nur im Einzelfall zulässig. Rechtsprechung und Bundeskartellamt prüfen dies jedoch unterschiedlich streng.
Einvernehmen besteht nur insoweit, als Dauer-Bietergemeinschaften sowie die explizite „Kopplung“ mehrerer ausgeschriebener Aufträge im Rahmen einer Bietergemeinschaft kartellrechtlich unzulässig sind. Zulässig sein können nur auf einzelne Aufträge bezogene Bietergemeinschaften.
Das Bundeskartellamt fordert darüber hinaus bei Bietergemeinschaften zwischen im Wettbewerb stehenden Unternehmen den Nachweis, dass
- keines der beteiligten Unternehmen im Hinblick auf den konkreten Auftrag aufgrund seiner betrieblichen und geschäftlichen Verhältnisse (z.B. Kapazitäten, technische Einrichtungen, fachliche Kenntnisse) allein leistungsfähig ist und
- die konkrete Zusammenarbeit eine im Rahmen wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Unternehmerentscheidung darstellt und
- erst die Kooperation ein zusätzliches (für sich genommen wirtschaftlich tragfähiges) Angebot ermöglicht.
Das Bundeskartellamt betont, dass die Voraussetzungen für jedes einzelne der beteiligen Unternehmen erfüllt sein müssen. Dies bedeutet, dass Bietergemeinschaften unter Beteiligung von (Groß)unternehmen, die für sich genommen in der Lage wären, ein eigenes Angebot abzugeben, entgegen der Rechtsprechung nicht zulässig sind.
Auch zur Darlegungslast stellt das Bundeskartellamt gegenüber der Rechtsprechung höhere Anforderungen. Die bloße Freihaltung von Kapazitäten für mögliche andere Kunden genügt pauschal nicht als ausreichende Begründung für die Notwendigkeit einer Bietergemeinschaft. Die Unternehmen müssen vielmehr konkret darlegen, inwieweit diese Kapazitäten aufgrund bereits eingegangener Verpflichtungen benötigt werden.
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* Dr. Torsten Uhlig ist Partner und Experte für Kartellrecht bei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare in 45131 Essen, Tel. (02 01) 1 75 66 00, info@kuemmerlein.de
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