Alu-Konjunktur Deutsche Aluminiumindustrie – Politik sorgt für Ängste
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Der Aluminium-Deutschland e. V. analysierte das Jahr 2021 als recht starkes, für die Branche. Doch Risikofaktoren, wie die explodierten Energiepreise, versauern den Alu-Player eine mögliche süße Zukunft.

Die deutschen Betriebe aus dem Aluminiumsektor haben im Jahr 2021 insgesamt mehr produziert als im Jahr zuvor, soviel ist schon mal klar. Vor allem in Sachen Aluminiumhalbzeuge konnte sich freuen, denn mit rund 2 Millionen Tonnen liefen knapp 10 Prozent mehr Walzprodukte von den Bändern als 2020, heißt es genauer. Die Strangpresswerke in Deutschland erreichten mit einem Output von knapp 610.000 Tonnen einen Zuwachs von stattlichen 20 Prozent, was fast das Allzeithoch aus dem Jahr 2007 bedeutet. Die Rohaluminiumproduktion entwickelte sich mit rund 1 Million Tonnen stabil.
Jedoch machen auch dieser Industriesparte offensichtlich die drastisch angestiegenen Energiepreise zu schaffen, weil sie zu deutlichen Rückgängen bei der Produktion im vierten Quartal 2021 geführt haben (minus 16 Prozent). Der Umsatz der Betriebe erholte sich nach dem Krisenjahr 2020 um rund 23 Prozent deutlich, und erreichte mit einem Wert von 21,7 Milliarden Euro beinahe wieder das Niveau aus dem Jahr 2018. Man dürfe allerdings nicht vergessen, dass die Notierungen für Aluminium an der London Metal Exchange (LME) im Jahresverlauf kräftige Kursanstiege verzeichneten.
Strompreise und Zölle sind kein Grund zur Freude
Dr. Hinrich Mählmann, persönlich haftender Gesellschafter der Otto Fuchs KG, und Präsident von Aluminium Deutschland, merkt an: „Die deutsche Aluminiumindustrie ist trotz eines schwierigen Marktumfelds erneut gewachsen. Das offenbart die Leistungsfähigkeit unserer Branche.“ Damit werde auch die Attraktivität des Leichtbau-Werkstoffs in den Augen der Anwender bewiesen, weil das Metall ein Enabler auf dem Weg in eine klimaneutralere Industrie sei. Nicht zuletzt ist Aluminium relativ leicht zu recyceln.
Auch wenn sich das „Schiff“ der deutschen Aluminiumindustrie im zweiten Pandemiejahr 2021 vergleichsweise gut auf Kurs gehalten habe, müsse man zugeben, dass das Fahrwasser nun deutlich turbulenter werde. Denn durch den jetzt drastischen Anstieg der Strompreise steht die energieintensive Branche vor ernst zu nehmenden Problemen, heißt es. Auch der anhaltende Chipmangel und volatile Abrufzahlen seitens der Abnehmer schieben die überwiegend mittelständischen Unternehmen aus der Aluminiumfraktion teils schon an den Rand ihrer Existenz, heißt es weiter. Auch bescherten die kürzlich ausgesetzten Anti-Dumping-Zölle auf spezielle Alu-Flachwalzprodukte aus China den hiesigen Produzenten einen erheblichen Wettbewerbsnachteil.
Droht Deindustrialisierung statt Dekarbonisierung?
Die pandemie- und marktbedingten Unwägbarkeiten habe man zwar meistern können, wenn auch mit erheblichem Aufwand, doch Sorge bereite vor allem die politische Einflussnahme auf die deutsche und europäische Industrie. Denn die jüngste Energiepreisexplosion, die zwar nicht überraschend kam, ist eine Folge davon, macht Mählmann klar. Angesichts dessen müsse sich die Politik die Frage stellen, ob sich die deutsche Volkswirtschaft bei einem zunehmend relevanten Werkstoff wie Aluminium noch stärker von Importen teils unzuverlässiger Handelspartner abhängig machen wolle.
Die Versorgungsunsicherheit bei kritischen Legierungsmetallen habe darüber hinaus zu großen Belastungen in der gesamten Lieferkette geführt. „Wir stehen zu den Klimaschutzzielen in Deutschland und Europa, können allerdings nicht aus eigener Kraft die Energieerzeugung in Deutschland dekarbonisieren“, konstatiert der Präsident von Aluminium Deutschland. Denn ohne den raschen und entschlossenen Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland und ohne politischen Flankenschutz für die gesamte Industrie, könnte Dekarbonisierung leicht auf Deindustrialisierung hinauslaufen, fürchtet Mählmann. Das könne sicher nicht das politische Ziel sein. Zudem sei dem Klima nicht geholfen, wenn die Produktion gezwungener Maßen in Länder mit deutlich geringeren Sozial- und Umweltstandards abwandere. „Wir haben großes Vertrauen in die neue Bundesregierung, dass das ehrgeizige Projekt ganzheitlich und im Schulterschluss mit der Industrie umgesetzt wird“, lässt der Experte wissen.
Kämpfen, richtig reagieren und hoffen...
Die Aluminiumindustrie blickt dennoch mit Optimismus ins Jahr 2022, wenn auch verhalten. Marius Baader, der Geschäftsführer von Aluminium Deutschland, merkt dazu an: „Die Unwägbarkeiten sind nicht verschwunden, aber wir lernen, besser damit umzugehen. Die gut gefüllten Auftragsbücher bei unseren Kunden aus der Industrie stimmen uns recht positiv.“ Sollten sich Versorgungsengpässe und Chipmangel im Laufe des Jahres auch noch auflösen, dürfte sich die aufgestaute Nachfrage in Umsätze verwandeln und für einen Wachstumsschub sorgen. Aluminium sei nicht zuletzt ein Schlüsselfaktor für die Ziele im Sinne von „fit for 55“ – eine Tatsache, auf die die deutsche Aluminiumindustrie mit Stolz blicke.
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