Modernisierung Digitalstrategie: So funktioniert es

Von Gary Huck

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Etliche Unternehmen haben beim Thema Digitalisierung weiterhin Probleme. Dabei wird das Thema immer wichtiger. Und so schwer muss es auch gar nicht sein.

Bei der Digitalisierung ist es ähnlich wie beim Treppensteigen: Wer eine Stufe nach der anderen nimmt, hat die besten Chancen, sicher ans Ziel zu kommen.
Bei der Digitalisierung ist es ähnlich wie beim Treppensteigen: Wer eine Stufe nach der anderen nimmt, hat die besten Chancen, sicher ans Ziel zu kommen.
(Bild: ©takasu - stock.adobe.com)

Die Verbindung ist gut, Ton und Bild laufen flüssig. Das ist bei einem Teams Call mit die Hauptsache. Plötzlich unterbricht ein nur allzu familiär wohlbekanntes Rattern das Gespräch. „Meine Kinder drucken gerade Schulsachen aus“, sagt Peer Heinlein, Inhaber und Geschäftsführer des Mailingdienstes Mailbox.org. Heinlein ist außerdem Inhaber der Heinlein Support GmbH. Das Unternehmen ist seit Ende der 1980er-Jahre im IT-Bereich tätig. Am Anfang der Corona-Pandemie haben solche Szenen noch für ein Schmunzeln gesorgt. Jetzt, Ende April 2021, gehören sie zum Alltag.

In diesem Moment kommt die Szene sogar ganz gelegen, denn sie ist ein gutes Sinnbild für den Anlass des Teams Calls: Es geht um Digitalisierung. „Meine Kinder drucken sich ihre Arbeitsblätter aus, füllen sie aus und scannen sie dann wieder ein. Da wird ein eigentlich analoger Prozess nur digital ergänzt“, führt Heinlein aus.

Die Probleme, die das deutsche Bildungssystem hat, gibt es auch in der Industrie. Trotz eines Digitalbooms während der Pandemie und einem seit den frühen 2010er-Jahren andauernden PR-Hypes um Industrie 4.0 tun sich viele Unternehmen noch schwer mit der Digitalisierung. Was können sie tun, um es sich leichter zu machen?

Zuerst Prozesse analysieren

„Wenn man statt ein Fax zu schicken, jetzt eine E-Mail schreibt, dann ist das auch irgendwie Digitalisierung. Aber der Aufwand ist der gleiche. Der Prozess wird nicht überdacht“, erklärt Stephan Scheer, Country Manager DACH beim Software-as-a-Service-Dienstleister Efecte. Der erste Schritt bei der Digitalisierung sollte der Blick auf die Prozesse sein. Das kostet Zeit. Und direkt lässt sich daraus noch kein Erfolg ziehen. Trotzdem lohnt es sich. Denn sobald eine Tätigkeit, die am Tag dutzendfach ausgeführt wird, um ein Vielfaches effizienter ist, macht sich das auch finanziell bemerkbar.

Nicht jeder wird damit glücklich sein. Denn ändern sich Prozesse, müssen sich die Mitarbeiter anpassen. Möglicherweise werden manche Stellen sogar obsolet. So etwas kann immer ein Nebeneffekt von Veränderung sein.

Wenn die Prozesse analysiert wurden, müssen konkrete Projekte folgen. Aber wo fängt man an? Laut Stephan Scheer bietet es sich an, mit hochvolumigen Prozessen zu starten. Digitalisiert man diese, sieht man schnell erste Erfolge. Solche Prozesse sind häufig Standardaufgaben. IT-Unternehmen haben dafür normalerweise fertige Tools, die man kaufen kann. Ein Beispiel dafür ist die Dokumentation. Kann man ein papierloses Büro etablieren und alle Dokumente digital abbilden, ist schon viel gewonnen. Mit dieser Basis lassen sich dann auch weiterführende Projekte realisieren.

Konstant und konsequent ans Ziel

Auch Unternehmen, die schon eine solide Basis haben, sollten nicht übermütig werden. Schritt für Schritt, aber konsequent zu arbeiten, ist in vielen Fällen der beste Weg. „Viele Projekte scheitern, weil man gleich den großen Wurf landen will. Dann arbeitet man Jahre daran und wird nicht fertig. Im Endeffekt erreicht man gar nichts. Sobald aber kleine Projekte funktionieren, kann man vielleicht auch den ein oder anderen Zweifler überzeugen“, sagt Heinlein.

Hat man sich für ein oder mehrere Projekte entschieden, muss man sich informieren, wie sich der Plan umsetzen lässt. „Das Angebot der IT-Unternehmen ist wie ein Legobaukasten. Da sucht sich jeder seine Steine aus. Aber daraus muss auch jemand etwas bauen. Und deswegen ist es aus Kundensicht oft schwer, die zueinander passenden Steine zu finden“, meint Florian Rätzer, Technical Sales Manager beim Rechenzentrumsspezialisten Syseleven. Rätzer ist seit 13 Jahren im Cloud-Umfeld tätig und gibt regelmäßig Webinare zu dem Thema.

Das Angebot an Produkten und Leistungen aus der IT-Branche ist groß und wächst kontinuierlich. Sich bei der Auswahl dann einfach auf das modernste einzuschießen, ist aber nicht unbedingt der richtige Weg. Heinlein begründet: „Der Status quo in der eigenen Firma und der Stand der Technik liegen teilweise drei bis vier Schritte oder Generationen auseinander. Man sollte lieber etwas Abgehangenes, Etabliertes nehmen, was möglicherweise vor drei oder vier Jahren das Neueste vom Neuen war.“ Aktuelle Produkte sind nicht unbedingt schlecht. Aber genau wie bei einem Neuwagen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es noch die ein oder andere Kinderkrankheit gibt. Unerfahrenere Anwender könnten sich so zusätzliche Probleme ins Haus holen.

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Digitalisierung ist auch eine Frage der Kultur

Nun ist die Digitalisierung nicht nur eine Frage der Planung und Technik, sondern auch eine Frage der Kultur im Unternehmen. Der Impuls muss von der Führungsriege des Betriebs kommen. Die Geschäftsführung muss dementsprechend Verständnis für das Thema haben. Unternehmen, deren Kerngeschäft auf die IT ausgelegt ist, tun sich dabei leichter. Aber auch traditionellere Betriebe können Projekte umsetzen. Die Kompetenz ist oft sogar schon da. Die eigene EDV-Abteilung hat normalerweise das nötige Wissen. Gerade in kleineren Unternehmen hat der ITler aber möglicherweise noch einige andere Pflichten und nicht die Zeit, an Digitalisierungsprojekten zu arbeiten. Da sind Führungskräfte gefragt. Wenn sie Ressourcen umverteilen und Aufgaben zumindest zeitweise neu zuweisen, schaufeln sie bei den entsprechenden Personen die nötige Zeit für neue Projekte frei. Wer das konsequent und konstant umsetzt, entwickelt sich weiter.

Der Anfang der Pandemie war ein guter Indikator dafür, was man erreichen kann, wenn man es einfach angeht. Zugegeben, da wurde die Notwendigkeit aus der Not geboren. Das Ergebnis war trotzdem bemerkenswert. Noch in den ersten Monaten des Jahres 2020 war in vielen Betrieben Homeoffice kein Thema. Kurz darauf war es plötzlich normal. Und es hat gut funktioniert. Nun muss sich zeigen, was wir daraus gelernt haben.

„Es wird in manchen Bereichen auch digitale Rückschritte geben. Manche wollen Digitalisierung vielleicht nicht. Aber andere leben sie weiter und entwickeln sich damit auch nach der Pandemie noch. Wer das nicht macht, wird irgendwann den Anschluss verlieren und nicht mehr hinterherkommen. Ein Rückschritt wäre die falsche Richtung. Denn dann wird man abgehängt,“ resümiert Rätzer.“

In drei Schritten digitaler werden

Prozesse analysieren: Digitalisierung sollte nicht um ihrer selbst willen betrieben werden. Das Ziel ist, Arbeitsabläufe zu verbessern. Der erste Schritt eines Digitalisierungsprojekts sollte immer eine Analyse der Prozesse im Unternehmen sein. Daraus kann man ableiten, welcher Arbeitsablauf digital abgebildet effizienter oder preiswerter wird.

Realistische Ziele setzen: Gerade wenn ein Betrieb noch nicht über viel Erfahrung bei der Digitalisierung verfügt, sollten die Ziele etwas konservativer gesetzt werden. Ein zu ambitioniertes Projekt, das lange dauert, Ressourcen verschlingt und schlussendlich scheitert, ist kontraproduktiv. Gehen Sie lieber Schritt für Schritt vor. Unternehmen, die kontinuierlich und konsequent an Digitalprojekten arbeiten, sehen schneller erste Erfolge. So bleibt man motiviert und kann möglicherweise sogar Zweifler überzeugen.

Die richtige Kultur schaffen: Digitalisierung funktioniert am besten, wenn sich möglichst viele Mitarbeiter darauf einlassen. Die Impulse müssen aus der Chefetage kommen, aber die Belegschaft muss die Projekte umsetzen. Wenn sowohl die Geschäftsführung als auch die Angestellten offen für Neues sind und Veränderungen unterstützen, klappt es auch mit der Digitalisierung besser.

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