Präzisionsbearbeitung Elektrochemisches Abtragverfahren PEM hat das Potenzial für die Serienfertigung

Autor / Redakteur: Markus Gäckle / Frank Fladerer

Das Precise Electrochemical Machining oder PEM (auf Deutsch: präzise elektrochemische Metallbearbeitung) ist ein Verfahren, mit dem hochgenaue Bauteile hergestellt werden können. Nachteile der konventionellen Metallbearbeitung, wie Werkzeugverschleiß, mechanische Belastung, Mikrorisse, Materialbeeinflussung durch Hitze, weiße Schichten oder Entgratungsaufwand, gibt es bei dem derzeit noch recht unbekannten Verfahren nicht.

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Die Entwicklungen neuerer und besserer Metallbearbeitungsverfahren sind getrieben von den stetig steigenden Forderungen nach mehr Präzision, mehr Effizienz (höheren Standzeiten, reduzierter Nacharbeit) und einer besseren Bearbeitbarkeit neuer, hochfester Superlegierungen in der Luft- und Raumfahrttechnik, im Automotive-Bereich, in der Energie-, Mikrosystem- und Medizintechnik. Auch die Entwicklung der PEM-Technologie entsprang dem Wunsch nach höherer Präzision und höherer Effizienz. Erst die elektrochemische Metallbearbeitung ermöglicht das Bearbeiten nahezu aller Metalle, auch von Refraktärmetallen, und Superlegierungen.

Die unerwünschten Nebeneffekte der konventionellen und etablierten Metallbearbeitungsverfahren Funkenerosion, Fräsen und Lasern – wie Mikrorissbildung durch Hitzeintrag, weiße Schichten, mechanischer Stress, Gratbildung, negative Beeinflussung der Materialeigenschaften (Korrosionsbeständigkeit, Härte, Zähigkeit, Magnetismus, Biokompatibilität) entfallen bei der präzisen elektrochemische Metallbearbeitung komplett, weil es sich um ein kontaktfreies und kaltes Abtragverfahren handelt.

Bereits seit den 70er-Jahren finden elektrochemische Verfahren in der Herstellung von Turbinenrädern und Turbinenschaufeln Anwendung (Bild 1 – siehe Bildergalerie). Hier legt man vor allem Wert auf die Materialintegrität auch nach dem Bearbeiten. Das heißt: auf das Fehlen von Mikrorissen und anderen unerwünschten Nebeneffekten. Auch die Bearbeitungsgeschwindigkeiten mittels PEM sind wesentlich höher als bei den konventionellen Technologien.

Als bekannteste Applikation für die präzise elektrochemische Metallbearbeitung sei die Herstellung der Philishave Rasierkappen durch Philips genannt (Bild 2). Erst die PEM-Technik ermöglichte es, dieses hochpräzise Produkt effizient und qualitativ hochwertig herzustellen. Philips begann 1999 mit der Umstellung der gesamten Rasierkappenproduktion.

Prozessumstellung auf präzise elektrochemische Metallbearbeitung verspricht Rationalisierungseffekte

So konnte aus einem aufwändigen, 21 Arbeitsschritte umfassenden Produktionsprozess ein automatischer Vier-Schritte-Prozess werden. Heute werden mittels PEM jährlich etwa 80 Mio. Rasierkappen mit einer Präzision im µm-Bereich hergestellt.

Die präzise elektrochemische Metallbearbeitung, PEM, basiert auf dem elektrochemischen Grundprinzip der anodischen Auflösung, 1832 entdeckt und beschrieben von Michael Faraday: Werden zwei Metallstäbe in eine leitende Flüssigkeit (Elektrolyt) getaucht und eine Gleichspannung zwischen ihnen angelegt, fließt ein Gleichstrom zwischen beiden Stäben.

Der am Pluspol (Anode) angeklemmte Metallstab löst sich langsam auf, während der am Minuspol (Kathode) befestigte Stab sich nicht auflöst. Dieses Prinzip wird auch beim Elektropolieren angewendet.

Der russische Forscher W. Gussev entwickelte basierend auf den Erkenntnissen Faradays 1929 in seinem Labor den ersten elektrochemischen Prozess. In der Zeit zwischen den 30er- und 60er-Jahren wurde in den USA und in Russland weiter an den elektrochemischen Prozessen und deren industrieller Nutzung geforscht.

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