Mikrokosmos Neuartige Mikroantriebe nutzen Licht und Wärme
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Weil in der Mikrowelt nicht immer alles so läuft, wie wir es im Alltag kennen, hält sie viele Chancen bereit, um Neues zu entdecken. Diesmal klappte es auf dem Gebiet der Antriebstechnik.

Mit der Strömungsmechanik in miniaturisierten Systemen beschäftigt sich Juniorprofessorin Clarissa Schönecker (Bild), die an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) das Fachgebiet Mikrofluidmechanik leitet. Zur Zeit untersucht man in diesem Sektor, ob und wie sich auf Miniaturebene mithilfe von Licht respektive Abwärme gerichtete Bewegungen in Flüssigkeiten erzeugen lassen. Das soll die Grundlage werden, um Mikrosystemantriebe aus der Taufe zu heben. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gibt dafür eine Gesamtsumme von 1,9 Millionen Euro aus, wie es weiter heißt.
Mikroantriebe funktionieren anders
In der Mikrowelt herrschen besondere physikalische Gesetze, sagt Schönecker. Ein Beispiel ist etwa, dass je kleiner eine Rohrleitung ist, ihre Oberfläche im Verhältnis zum Innenraum ansteigt. Deshalb wirken sich Oberflächeneffekte wie etwa Reibung stärker aus. Das erklärt, warum Antriebskonzepte aus unserer Makrowelt in Mikrosystemen nicht funktionieren, heißt es. Deshalb müsse man eine andere Denkweise lernen.
„Wir beschäftigen uns dabei mit zwei unterschiedlichen Strömungsszenarien in Mikrosystemen“, sagt Schönecker. Zum einen mit der Flüssigkeitsbewegung, wie sie relativ zu einer Oberfläche entsteht. So, wie sie etwa bei Pumpvorgängen in Rohrleitungen erforderlich ist. Zum anderen erproben die Forscher verschiedenste Transportvehikel, die sich relativ zu einer ruhenden Flüssigkeit bewegen sollen – also quasi wie ein Boot. Über derartige Mikroschwimmer werde in der Forschungsgemeinschaft schon viel diskutiert, weil sie unter anderem zum Stofftransport in miniaturisierten Anwendungen dienen könnten.
Superhydrophobe Oberflächen treiben an
Um einen Antrieb der Strömung in Mikrokanälen zu ermöglichen, nutzt Schönecker mit ihrer Arbeitsgruppe bestimmte Festkörper. Das sind spezielle Strukturen mit sogenannten superhydrophoben (äußerst wasserabweisenden) Oberflächen. Mit ihnen gelingt, unterstützt durch ein spezielles geometrisches Design, zugeführte Wärme so zu verteilen, dass sich die Flüssigkeit in Bewegung setzt. Die Strömungsbewegung entsteht dann, indem der sich ausprägende Temperaturgradient die Oberflächenspannung der Flüssigkeit verändert, wobei sich eine Zugwirkung entfaltet, wie es heißt. Das soll zum Verständnis dazu beitragen, wie sich Pumpbewegungen in einem mikrotechnischen System umsetzen ließen. Vorstellbar sei beispielsweise, dass so künftig die Abwärme von einem elektrisch betriebenen Bauteil dazu dienen kann, eine Kühlflüssigkeit strömen zu lassen.
Neuartige Mikroboote brauchen keine Chemie
Was die Mikroschwimmer betrifft, so untersucht Schönecker auch Licht respektive Wärme, um Bewegungen zu verursachen. Gegenstand der Forschung sind aktuell noch Miniaturvehikel, an denen eine chemische Reaktion abläuft, um sie in Bewegung zu versetzen. „Das heißt, die Minitransporter sind abhängig von einem Treibstoff, der entweder auf der Wasseroberfläche schwimmt, oder den sie selbst mit sich führen müssen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Ihr Forschungsansatz brauche aber keine Chemie, betont Schönecker. Stattdessen veränderten die Mikrotransporter mit dem eigenen Aufwärmen die Oberflächenspannung der Flüssigkeit, in der sie schwimmen, lokal. Das verleiht ihnen – nach dem gleichen Prinzip wie oben – den nötigen Antrieb. Es gilt auch zu klären, welches Design es bringt, dass die Mikroschwimmer gerichtete Bewegungen ausführen und wie sie sich am besten steuern lassen. Dazu wird auch ein Konfokalmikroskop mit Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie-Funktion angeschafft.
In ersten Versuchen mit miniaturisierten Thermobooten sowie mit weiteren asymmetrisch strukturierten Partikeln konnten man unter Licht- beziehungsweise Wärmeeinwirkung bereits Bewegungen nachweisen, so die Forscherin zusammen.
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