Laserauftragschweißen Premiere! Türken machen Highspeed-Laserauftragschweißen mobil

Von Nikolaus Fecht

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Das Fraunhofer-ILT in Aachen hat mit EHLA und Highno-Düse eine superflotte Möglichkeit zum Laserauftragschweißen entwickelt und etabliert. Nun hat es auch in der Türkei überzeugt.

Hier wird eine Bremsscheibe per Highspeed-Laserauftragschweißen vom Fraunhofer-ILT (Prozess EHLA) veredelt. Bilsing Automation macht das Verfahren jetzt auch noch mobil.
Hier wird eine Bremsscheibe per Highspeed-Laserauftragschweißen vom Fraunhofer-ILT (Prozess EHLA) veredelt. Bilsing Automation macht das Verfahren jetzt auch noch mobil.
(Bild: Fraunhofer-ILT)

Das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen EHLA kommt nicht nur in Deutschland, China, Argentinien, Großbritannien, in den Niederlanden, sondern auch in der Türkei gut an. Für die Innovationen des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und seinen Industriepartnern entschied sich das türkische Tochterunternehmen von Bilsing Automation, das mit EHLA und der neuen Spezialdüse Highno neue Märkte erobern will.

Laserauftragschweißen mit 30 km/h schlägt Hartverchromung

Nur nichts überstürzen! Dieser Rat trifft besonders auf die Entwicklung komplexer, technischer Prozesse zu. So hat das Fraunhofer-ILT seit 2012 das extrem schnelle Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen EHLA intensiv erforscht und weiterentwickelt, bei dem der Laser die Pulverpartikel bereits oberhalb des Schmelzbades aufschmilzt. Das relativ schnelle und prozesssichere Verfahren, das mit einer Geschwindigkeit von bis zu 500 m/min ressourceneffizient und zugleich wirtschaftlich 25 bis 250 µm messende Schichten aufträgt, hat sich bereits als zuverlässige Alternative zum Hartverchromen bewährt. Seitdem erobert das Verfahren ständig neue Anwendungsgebiete und dabei auch weitere Branchen.

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Anwendungserfolge stehen und fallen mit dem Düsensystem

Das jüngste Highlight ist die 3D-EHLA-Anlage, bei der die Bauplattform extrem schnell parallelkinematisch von drei Linearantrieben mit stillstehendem Laserbearbeitungskopf bewegt wird. Doch der Serieneinsatz erfordert eine neue Düsentechnik, die sich leicht auswechseln lässt, damit Anwender prozesssicher, präzise und höchst zuverlässig mit EHLA arbeiten können. Dazu zunächst ein Blick auf die bisher üblichen Düsen: Beim Laserstrahlauftragsschweißen (LMD) kommen je nach Anwendungsfall verschiedene Pulverdüsen zum Einsatz. Bei schwer zugänglichen Bereichen hat sich die laterale Pulverdüse bewährt, die den Pulverstrahl seitlich in den Laserstrahl lenkt. Richtungsunabhängig arbeitet dagegen die koaxiale Pulverdüse, die einen konusförmig gebündelten Pulver-Gas-Strahl erzeugt. Sie eignet sich vor allem für die Integration in automatisierte Anlagen zum Beschichten und zur Additiven Fertigung.

Neue Koaxialdüse schafft ring- respektive konusartigen Pulverauftrag

Doch EHLA stellt besondere Anforderung an die Qualität von Pulverzuführdüsen: Um die Partikel im Strahlengang des Lasers aufzuschmelzen zu können, ist eine genaue Einstellung der Partikelflugbahnen und -geschwindigkeiten erforderlich. Selbst kleine Abweichungen der Pulverströmung beeinträchtigen das Ergebnis. Das äußert sich etwa in unzureichender Schichtdicke oder Schichtdefekten. Deshalb hat das ILT zusammen mit dem Unternehmen HD Sonderoptiken für die Lasertechnik aus Aachen eine koaxiale Düse namens Highno (High Quality Powder Nozzle) entwickelt, die einen ring-, beziehungsweise konusförmigen Pulver-Gas-Strahl mit einem genau definierten Abstand sehr präzise auf das Werkstück lenken kann. Die Präzision führt in Abhängigkeit der Anwendung zu Pulverwirkungsgraden von bis zu 95 %. Die Düsenspitzen werden aus einer für diese Anwendungen bewährten Kupferlegierung klassisch gefertigt und anschließend ultrapräzisionsbearbeitet.

Monolithischer Düsenaufbau erlaubt minutenschnelle Wechselzeiten

Die koaxiale Pulverdüse besteht aus einem Düsenkörper sowie einem monolithisch aufgebauten Pulverspitzenmodul mit zwei konusförmigen Kegeln, die über einen definierten Spalt zwischen Innen- und Außenkonus das Pulver führen. Aufgrund des neuen Fertigungsprozesses besitzen beide Kegel die gleichen Formtoleranzen, so dass die bei anderen Düsen sonst übliche aufwendige Justage nach dem Wechsel entfällt. Der Anspruch an die Oberflächenqualität ist dabei sehr hoch, damit die Strömung gezielt eingestellt werden kann. Sowohl das Spaltmaß als auch die Verschleißbeständigkeit der Düse lassen sich je nach Kundenwunsch und Applikation individuell anpassen, sagen die Forscher. Positive Nachricht kommt vom Teamleiter Matthias Brucki aus der Gruppe „Laser Material Deposition - Coatings & Functional Layers“ am ILT: „Die Highno-Düsen sind wegen ihres monolithischen Aufbaus in ein bis zwei Minuten ohne Qualitätseinbußen umrüstbar. Die neue Düse ist seit diesem Jahr in Serie.“

Dank Erfahrung zum Subunternehmer der Turkish Airlines

Gute Erfahrungen mit EHLA und der neuen Düse machte bereits die Bilsing Automation Tic. Ltd. Şti. aus Bursa, die als türkische Tochter der Bilsing Automation GmbH aus Attendorn nicht nur flexible Greif- und Handhabungstechnik sondern auch Umformwerkzeuge herstellt. Über das Laserhärten von Werkzeugen und dem LMD in Sachen anspruchsvoller Bauteile aus Titan Ti-6Al-4V für die Flugzeugindustrie baute sich ein langjähriger Kontakt zum Fraunhofer ILT auf. „Mittlerweile sind wir zum Subunternehmer von Turkish Airlines aufgestiegen, der auch O-Ringe aus Titan für Landefahrwerke mit dem Verfahren repariert“, erklärt der Geschäftsführer Salih Ersungur nicht ohne Stolz. Das Interesse für die Innovationen aus Aachen wuchs, und schließlich führte das Unternehmen EHLA ein, mit einem kleinen, aber interessanten Unterschied:

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Roboterunterstütztes EHLA-Verfahren hat viele Vorteile

Es rüstete bei dem türkischen Spezialisten jedoch nicht eine Drehmaschine um, sondern bestückte einen fahrbaren Roboter mit Laserstrahlquelle, EHLA-Bearbeitungskopf und Pulverzufuhrsystem. So entstand eine mobile EHLA-Station, die testhalber bei einer CNC-Drehmaschine eines anderen Unternehmens zum Einsatz kam. „Ich habe auf ihr eine Bremsscheibe auf dem Backenfutter montiert“, berichtet Ersungur (siehe Aufmacherbild) „Den Roboter haben wir dann im Prinzip so positioniert und programmiert, dass er nahezu synchron mit der Drehmaschine arbeitet“, erklärt Ersungur weiter. Bereits der erste Testlauf hat funktioniert. Und im Vergleich zum herkömmlichen Laserauftragschweißen gibt es glattere Oberflächen, die weniger bis keine Nacharbeitung erfordern.

Die Analyse der Beschichtungstests überzeugten den Geschäftsführer, nun langfristig das EHLA-Verfahren als Dienstleistung in der Türkei und weiteren von ihm betreuten Ländern anzubieten – etwa als Alternative zum umstrittenen Hartchromatieren mit Chrom(VI). Ersungur: „Ich sehe sehr gute Chancen im Schiffsbau, Offshore-Bereich und in der Luftfahrt.“

Die Highno-Düse macht das Ganze noch flotter und sicherer

Jetzt besitzt das Unternehmen auch die neue Highno-Düse. „Die wechselbaren Düsenspitzen der neuen Düsengeneration sind mit drei Schrauben befestigt, die sich lösen lassen, um dann eine andere Düsenspitze einzusetzen“, beschreibt der Geschäftsführer die Vorzüge der neuen Düsentechnologie. „Das Verfahren läuft dank der Highno-Düse prozesssicherer und schneller ab, außerdem sinken die Rüstzeiten.“ Ein per EHLA beschichtetes Bauteil befindet sich allerdings noch nicht im Einsatz. Ersungur vermarktet die Kombination EHLA und Highno als neues Alleinstellungsmerkmal nicht nur exklusiv in der Türkei, sondern blickt dabei auch nach Südafrika, Rumänien und Russland.

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