Elektromotor Statormaterial optimal ausnutzen

Autor / Redakteur: Thomas Stäuble und Thomas Weber / Stefanie Michel

Sollen immer mehr Elektroautos auf unsere Straßen kommen, dann muss sich die Produktion von Elektromotoren entsprechend auf die hohen Stückzahlen einstellen – und kostengünstig fertigen können. Ein Schritt in diese Richtung ist die Segmentierung der Statorpakete.

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Bild 1: Mit mehr und mehr gefertigten Elektrofahrzeugen müssen auch die Produktionsprozesse überdacht werden. Eine Herausforderung ist es, kostengünstige Elektromotoren zu entwickeln.
Bild 1: Mit mehr und mehr gefertigten Elektrofahrzeugen müssen auch die Produktionsprozesse überdacht werden. Eine Herausforderung ist es, kostengünstige Elektromotoren zu entwickeln.
(Bild: Ralf Grömminger Fotografie)

Der Stator eines Elektromotors besteht aus vielen einzelnen Elektroblechen, welche aufeinandergestapelt und miteinander zum Blechpaket verbunden werden. In die Nuten dieses Blechpaketes werden die Kupferwicklungen eingelegt, welche das Magnetfeld erzeugen. Die Anforderungen an dieses Blechpaket entstehen bei der Auslegung der Motoren, aber auch beim Design des Gehäuses, wo das Blechpaket schließlich eingebaut wird. Die Segmentierung liefert neue Ansätze, wie diese Blechpakete effizient hergestellt werden können.

Doch warum sind solche Überlegungen überhaupt erforderlich? Trotz aller Probleme wächst der Markt der Elektromobilität stetig. Das Angebot an erhältlichen Personenwagen nimmt Jahr für Jahr zu und entsprechend steigen die produzierten Mengen. Damit einher gehen Veränderungen in der Produktion von Elektromotoren (Bild 1), denn die hohen Stückzahlen für die Automobilindustrie erfordern kostengünstige und wertschöpfungsoptimierte Produktionsverfahren. Die Herausforderung besteht darin, kostengünstige Elektromotoren mit hoher Effizienz und Qualität zu entwickeln und in der Serie zu produzieren. Zum einen bewirkt eine höhere Effizienz direkt eine größere Reichweite des Automobils, zum anderen sind die Qualitätsstandards der Automobilindustrie uneingeschränkt zu erfüllen.

Segmentierung des Statorpaketes steigert die Materialausnutzung

Wurden früher Stator und Rotor oft aus demselben Blechstreifen im Folgeschnittverbund ausgestanzt und zu einem Paket aufeinandergestapelt, so ist dies heute kaum noch möglich. Die Anforderungen hinsichtlich Festigkeit, Magnetisierbarkeit und Eisenverluste sind oft so verschieden, dass unterschiedliche Elektrobleche für Rotor und Stator zum Einsatz kommen. Somit kann der ausgestanzte Innendurchmesser des Statorbleches nicht für den Rotor weiterverwendet werden, sondern fällt als Abfall aus.

Damit stellt sich die Frage nach Materialverbrauch und -ausnutzung, werden doch mit den steigenden Stückzahlen riesige Mengen Material verschoben und recycelt. Heute kommt daher oft die Segmentierung oder Einzelzahnfertigung des Stators zum Einsatz. Mit dieser Technik wird nicht mehr der gesamte Stator aus einem Blech gestanzt, sondern Teilsegmente von 30 bis 90° oder einzelne Statorzähne. Diese Segmente werden auf dem Blechstreifen so angeordnet, dass möglichst wenig Abfall entsteht. Damit kann die Materialausnutzung, also das Verhältnis zwischen dem eingesetzten Rohmaterial, dem ausgestanzten Segment und dem nicht mehr verwendbaren Blechabfall, maximiert werden. Dies reduziert die Material- und Logistikkosten deutlich.

Betrachten wir ein Praxisbeispiel: Ein Stator mit Durchmesser 290 mm, 30 Zähnen, einer Blechdicke von 0,30 mm und einer Eisenlänge von 120 mm wiegt etwa 16 kg. Beim herkömmlichen Folgeschnitt mit Vorschub 298 mm werden pro Statorpaket 83 kg Elektroblech benötigt, was einer Materialausnutzung von 19 % entspricht. Wird die Segmentierung mit 60°-Segmenten angewendet, werden 31 kg Rohmaterial pro Stator gebraucht, die Materialausnutzung beträgt 52 %. Der Rohmaterialverbrauch kann mit Einzelzähnen, aus einem Blechstreifen gestanzt, noch weiter auf bis zu 19 kg pro Stator reduziert werden (Bild 2), was einer Materialausnutzung von 84 % entspricht. Die jährliche Materialeinsparung kann in einer Serie mehrere Hundert Tonnen ausmachen. Die Walzrichtung des Elektrobleches bleibt immer gleichgerichtet und hat einen positiven Einfluss auf die magnetischen Eigenschaften des Stators. Die Stanzwerkzeuge sind kleine, mehrspurige Komplettschnitt-Werkzeuge und können rasch und kostengünstig hergestellt und eingerichtet werden.

Gebackene Blechpakete erfüllen höchste Anforderungen

Für die Verbindung der gestanzten Bleche empfiehlt sich das Stanzpaketieren oder das Backen. Beim Stanzpaketieren werden die einzelnen Bleche mit Noppen versehen, welche ineinander gepresst werden und so eine mechanische Verbindung zwischen den Blechen herstellen. Stanzpaketierte Blechpakete sind heute weit verbreitet mit bekannten Vor- und Nachteilen.

Für die Segmentierung oder Einzelzahnfertigung empfiehlt sich aber das Backen. Dabei wird Elektroblech verwendet, welches mit einer wenige Mikrometer dicken Backlackschicht überzogen ist. Durch einen kontrollierten Backprozess werden die gestapelten Bleche über Druck, Zeit und Temperatur zu Paketen verbunden. So entsteht eine hochfeste und weitgehend kurzschlußfreie Verbindung der einzelnen Lamellen. Die magnetischen Eigenschaften werden erhalten und unterstützen die Effizienzanforderungen. Das Paket federt nicht auf und es dringt kein Öl zwischen die Lamellen ein. Ein solches Blechpaket kann höchste Anforderungen erfüllen. Mit Backlack können somit hochpräzise Blechpakete mit höchster Festigkeit (Bild 3) hergestellt werden. Leider wird auch heute noch zu oft die Komplexität der Auslegung der Stator- und Rotorbaugruppe auf Basis der verschiedenen technischen Anforderungen unterschätzt.

Nur eine frühzeitige Einbeziehung aller Aspekte garantiert, dass schlussendlich ein Elektroblechpaket entsteht, das auf den Anwendungsfall zugeschnitten ist und das Optimum in Bezug auf Kosten, Qualität und Effizienz erreicht. Dabei geht es um Fragen der Mechanik zu Temperaturbereich und -ausdehnung, Toleranzen, Passung im Gehäuse, Festigkeit, Fliehkräfte, Drehmomentsicherung und dergleichen. Weiter müssen die magnetischen Eigenschaften wie Blechgüten und -dicken geklärt sein ebenso wie Fragen zu Qualität, Kosten, Rohmaterialverfügbarkeit, Logistik. Eine Rolle spielen zudem alle Parameter im Fertigungsprozess wie Materialausnutzung oder Kurzschlüsse, die jeweils Einfluss auf die gesamte Baugruppe haben.

Serientauglichkeit der Herstellung von Blechpaketen bewiesen

Die Herausforderungen in der serienmäßigen Herstellung durch Backen sind heute sehr gut beherrschbar. Dazu gehören die Klebefähigkeit und der Klebezustand des Backlackes, Lackaustritt und Toleranzen. Durch die geeignete Wahl von Geometrie und Werkzeugen für das Backverfahren wird die Einhaltung der vorgegebenen Toleranzen sichergestellt. Bereits laufende Großserien zeigen, dass alle diese Aspekte auch in der Massenproduktion kostengünstig beherrschbar sind, die richtige Expertise vorausgesetzt.

Die Segmentierung ist eine wichtige Technologie für die Verbreitung der Elektromobilität. Neben dem offensichtlichen Vorteil der höheren Materialausnutzung kommen viele zusätzliche Vorteile im Bereich der magnetischen und mechanischen Eigenschaften zum Vorschein. Durch eine frühe Auseinandersetzung mit den Blechpaketen in der Baugruppe Stator oder Rotor kann die Segmentierung viele Vorteile einbringen. Dadurch wird die gesamte Baugruppe auf den Anwendungsfall optimiert. Die Umsetzung in der Serie ist mehrfach erprobt. MM

* Thomas Stäuble ist CEO, Thomas Weber ist CTO bei der SWD AG Stator- und Rotortechnik in 5026 Densbüren (Schweiz)

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