Superlegierungen werden noch widerstandsfähiger

Redakteur: Linda Kuhn

Superlegierungen werden bei hohen Temperaturanwendungen eingesetzt. Werkstoffwissenschaftler haben nun die atomare Struktur der Werkstoffe im Computer nachgestellt. Damit können zukünftig noch robustere Superlegierungen entwickelt werden.

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Mit Atomsondendaten lassen sich Atome innerhalb der Superlegierung aufspüren.
Mit Atomsondendaten lassen sich Atome innerhalb der Superlegierung aufspüren.
(Quelle: J.J. Möller, S. Neumeier, A. Prakash, E. Bitzek)

Superlegierungen sind metallische Werkstoffe, die aus Nickel und Aluminium sowie verschiedenen weiteren Elementen wie Rhenium zusammengesetzt sind. Sie sind für die Herstellung von Turbinenschaufeln, etwa in einem Flugzeugtriebwerk, unverzichtbar. Die Werkstoffe sorgen dafür, dass die Turbinen auch bei Temperaturen bis nahe an ihren Schmelzpunkt stabil bleiben. Dies ist besonders aufgrund der immensen Belastungen durch Fliehkräfte ein Muss.

Forschern der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg um Prof. Dr. Erik Bitzek ist es nun gelungen, die atomare Struktur einer Nickelbasis-Superlegierung exakt im Computer nachzubauen. So können durch Simulationen die Verformungsprozesse in der realen Materialstruktur wiedergegeben und erklärt werden. Die Erlanger Wissenschaftler können sogar detailgetreu simulieren, wie sich bestimmte, linienhafte Kristalldefekte (Versetzungen) in der Nickelbasis-Superlegierung bewegen. Etwa wenn Kräfte auf die Turbinenschaufel einwirken und das Material verformen. Bislang konnten Forscher nur mit idealisierten Strukturen im Computer arbeiten.

Ausscheidungen erhöhen Materialfestigkeit

Um dieses Ziel zu erreichen, nutzten Bitzek und sein Team zunächst Daten vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung, die mithilfe einer Atomsondenmessung ermittelt wurden. Die Messung liefert 3D-Informationen über den atomaren Aufbau der Legierung, kann allerdings lediglich rund zwei Drittel der vorhandenen Atome lokalisieren. Aus den so gewonnenen Daten erzeugten die Forscher mit einer neu am Lehrstuhl entwickelten Software namens Nano-Sculpt atomare Modelle. Diese gaben die exakte Beschaffenheit der Ausscheidungen – Teilchen mit anderer Kristallstruktur und Zusammensetzung, die in den Kristall eingebettet sind – wieder. Daneben wurde auch sichtbar, wie die Nickel- und Aluminiumatome innerhalb der Legierung verteilt sind.

Mit dem Experiment gelang es den Werkstoffwissenschaftlern, die um die Ausscheidungen herum entstehenden Netzwerke von Versetzungen richtig abzubilden und die speziellen Versetzungsstrukturen wirklichkeitsgetreu zu reproduzieren. Diese Strukturen beobachteten zuvor Forscherkollegen vom FAU im hochauflösenden Transmissionselektronenmikroskop. Im nächsten Schritt simulierten Bitzek und sein Team auf Höchstleistungsrechnern Zugversuche an diesen Mikrostrukturen, die aus über 14 Mio. Atomen bestehen. Dabei zeigte sich erstmals detailliert auf einer atomaren Skala, wie die Ausscheidungen und das sie umgebende Versetzungsnetzwerk die Bewegung von Versetzungen behindern und so die Festigkeit des Materials erhöhen.

Beitrag zum Umweltschutz

Mit diesen Erkenntnissen können nun Superlegierungen weiterentwickelt werden, um noch höheren Temperaturen standzuhalten. Dies führt auch zu einem niedrigeren Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß von Triebwerken. Insgesamt neun Arbeitsgruppen der Erlanger Werkstoffwissenschaftler arbeiten an diesem Ziel gemeinsam mit der Ruhr-Universität Bochum und weiteren Forschungseinrichtungen innerhalb des Sonderforschungsbereichs Transregio 103 „Vom Atom zur Turbinenschaufel“. MM

* Weitere Informationen: Prof. Dr. Erik Bitzek, Professor am Lehrstuhl Allgemeine Werkstoffeigenschaften der Universität Erlangen, Tel. (0 91 31) 85-2 75 07, erik.bitzek@fau.de

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