Zweimal verdaut Vom Tisch in die Turbine – Speisereste treiben Flugzeuge an
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Essensreste und andere biologische Abfälle können in anderweitig Nutzbares verwandelt werden. Etwa in Flugzeugtreibstoff. Wie das geht, weiß das Fraunhofer-IKTS aus Dresden.

Genauer gesagt, packt man dabei aber nicht den Bratwurstzipfel oder Pommesüberbleibsel in den Treibstofftank, sondern man macht dabei aus alten Fetten und Ölen aus dem Gastronomiesektor Biogas. Daraus kann man Diesel oder Kerosin machen. Dafür gibt es auch schon eine spezielle, sogenannte erweiterte, Biogasanlage, die vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie in Thallwitz bei Leipzig gebaut wurde. Jetzt stehe der Schritt an, mit dem das Biogaskonzept mit einem Unternehmen aus Leipzig in den Industriemaßstab skaliert werden soll, mit dem Ziel eine Anlage zu schaffen, die mehrere Hundert Liter Syntheseprodukte pro Stunde herstellen kann.
Aus einem bescheidenen Ziel wurde etwas Größeres
Wie sich die Forscher erinnern, war das ursprünglich Ziel zu Beginn der Arbeit eher bescheidener Natur. Denn das Entwicklungskonsortium wollte die Biogasanlagen lediglich resilienter gegen Marktschwankungen und Einspeisevergütungen machen. Das sollte geschehen, indem man sie zusätzlich für die Wachsproduktion ausrüstet. Die Idee war, dass, wenn es sich wegen ungünstiger Preise gerade nicht lohnt, Biogas zu verstromen, die Betreiber mit etwas zusätzlicher Technik einfach auf biogene Wachse umschwenken können. Diese ließen sich an die Kosmetik- und Schmiermittelindustrie verkaufen, wie das IKTS erklärt. Während des Entwicklungsprozesses habe sich das Konzept aber um zusätzliche Möglichkeiten erweitert, die auch die Netzdienlichkeit fördern. Netzdienlich sind einzelne oder mehrere elektrische Anlagen (Erzeuger, Verbraucher oder Speicher), mit denen die Netzkosten bei Bedarf reduziert werden können. Um diese Ansätze in der Praxis zu erproben und eine Pilotanlage zu bauen, haben sich das IKTS, die TU Bergakademie Freiberg und die TU Dresden mit Ökotec-Anlagenbau, Sunfire und DBI Gas- und Umwelttechnik zu einem Entwicklungsverbund zusammengetan.
So rüstet man Biogasanlagen auf Syntheseprodukte um
Ökotec-Anlagenbau stellte seine bereits existierende Biogasanlage zur Verfügung. Dort wurden ein zusätzlicher Reformer, ein Fischer-Tropsch-Reaktor und ein Elektrolyseur installiert, wie es weiter heißt. Zuerst leitet die so erweiterte Anlage Biogas und Wasserdampf in den Reformer, der daraus Synthesegas erzeugt. Das ist ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Das Fischer-Tropsch-Aggregat wandelt das Synthesegas dann um in Methan, flüssige Kohlenwasserstoffe und Wachs. Das Methan wird gleich wieder in den Prozess zurückgeleitet, um den Anlagenpark zu heizen. Übrig bleiben im Verhältnis 50:50 das Wachs und die Flüssigprodukte. Letztere können dann in Raffinerien zu synthetischem Diesel oder Kerosin weiter aufbereitet werden.
Als alternative und zusätzliche Quelle für das Synthesegas ist auch noch ein Container mit dem erwähnten Elektrolyseur angedockt. Der wird dann zugeschaltet, wenn wenig Biogas verfügbar ist, oder besonders viel Strom durch Lieferspitzen aus Solar- oder Windkraftwerken angeboten wird. Der Elektrolyseur zerlegt den Wasserdampf und das Kohlendioxid in Wasserstoff und Kohlenmonoxid – macht daraus also auch Synthesegas. Er sichere folglich die kontinuierliche Versorgung der Fischer-Tropsch-Syntheseanlage ab, die nur dann richtig effizient arbeite, wenn es immer genug Synthesegas gebe.
Eine so aufgerüstete Biogasanlage hat also mehrere Hebel, um auf Marktschwankungen zu reagieren. Der Betreiber kann das Biogas entweder weiter verstromen, wenn die Stromabnahmepreise hoch sind. Und wenn sie niedrig sind, schwenkt er auf die Produktion von biogenem Wachs und synthetischen Kraftstoffen um. Gibt es viel Strom aus erneuerbaren Energien, schaltet er den Elektrolyseur zu.
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