Umformen Von früher Metallbearbeitung bis in die Hochtechnologie

Autor Stéphane Itasse

Umformen Seit die Menschen Metalle bearbeiten, setzen sie dazu Umformtechnik ein. Über die Jahrtausende entstanden dabei zahlreiche unterschiedliche Verfahren, von denen einige auch die heutigen Ansprüche der Massenproduktion und der Spitzentechnologien erfüllen.

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Die Himmelsscheibe von Nebra zeigt, welche umformtechnischen Fähigkeiten die Menschen schon in der Bronzezeit hatten.
Die Himmelsscheibe von Nebra zeigt, welche umformtechnischen Fähigkeiten die Menschen schon in der Bronzezeit hatten.
(Bild: Himmelsscheibe von Nebra / Dbachmann / CC BY-SA 3.0)
  • Die Umformtechnik gehört neben dem Gießen zu den ältesten Metallbearbeitungsverfahren – ihre Anfänge reichen bis in das 8. Jahrtausend vor Christus.
  • Bereits in der Bronzezeit waren alle grundlegenden Schmiedeverfahren bekannt.
  • Mit der industriellen Revolution gelang das Walzen von Stahlblechen. Die Produktion dieses Halbzeugs wurde dramatisch günstiger, die Verwendung stieg.
  • Heute finden sich umformtechnisch hergestellte Teile sowohl in Massenprodukten als auch bei Anwendungen mit hohen Belastungen.

Die Anfänge der Umformtechnik liegen im Dunkeln der Geschichte. Irgendwann gegen Ende der Jungsteinzeit entdeckten die Menschen drei Werkstoffe, die in der Natur gediegen, also in rein metallischer Form, vorkommen: Gold, Silber und Kupfer. Um sie zu nutzen, wurden auch zwei Fertigungsverfahren entwickelt, davon ein umformtechnisches: das Schmieden. Hinzu kam das Gießen.

Die ältesten gefundenen Kupfergegenstände datieren Archäologen auf das 8. Jahrtausend vor Christus; regional war der Beginn der Kupferzeit allerdings sehr unterschiedlich. Der wohl bekannteste Mensch der Kupferzeit ist der als Kältemumie erhaltene Ötzi, der um 3300 vor Christus lebte. Er hatte bei seinem Tod ein fast vollständig erhaltenes Kupferbeil dabei.

Die Menschen konnten das Kupfer zunächst nur durch Hämmern bearbeiten, mit den damaligen Öfen war die Schmelztemperatur von 1083 °C noch nicht erreichbar. Sie kannten allerdings die Technik, Kupfererze zu rösten, um anschließend daraus im Holzkohlenfeuer metallisches Kupfer herauszuschmelzen. Mithilfe von Anthrazitkohle und Blasebälgen wurde später auch die Schmelztemperatur erreicht. Doch die Weiterverarbeitung des Kupfers war lange Zeit schwierig. Beim Hämmern, Schmieden und Treiben wird es im kalten Zustand zwar fester, aber auch härter und spröder und damit brüchiger.

Legierungen machen Metalle härter und fester

Eine Lösung lag darin, verschiedene Metalle zu legieren. Die Menschen nutzten dies, um die Härte und Festigkeit zu beeinflussen. Zunächst verwendeten sie Arsen, bald aber Zinn, um Bronze herzustellen. Anteile zwischen 5 und 10 % Zinn setzten sich durch, da die Bronze einen niedrigeren Schmelzpunkt (um 900 °C) als Kupfer hat, härter und fester ist, sich aber noch bearbeiten lässt. Eine neue Ära, die Bronzezeit, begann: Waffen, Rüstungen oder Werkzeuge wie Beile, Meißel und Hämmer wurden aus dem neuen Werkstoff hergestellt. Auch Gold und Silber wurden abgebaut und unter anderem mittels Pressblechgesenken zu Kunstgegenständen, Schmuck, Folien oder Blattgold verarbeitet.

Bronze weist im Gegensatz zu Kupfer eine sehr gute Gießbarkeit auf, sodass der Bronzeguss zum bevorzugten Fertigungsverfahren wurde. Auch das Gießen von Gold und Silber war bekannt. Erst ab der späten Bronzezeit begann sich das Schmieden von Bronze durchzusetzen.

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Alle grundlegenden Schmiedeverfahren waren bereits damals bekannt: das Recken, Stauchen, Treiben, Stempeln sowie das Feuerschweißen. Bis ins 20. Jahrhundert war das Feuerschweißen die einzige Schweißtechnik. Von den Schmiedewerkzeugen waren verschiedene Hämmer für die Grob- und Feinbearbeitung bekannt sowie Ambosse, Feilen und relativ spät auch Zangen. Früher nutzte man Klemmen und lange Pinzetten aus Bronze zur Handhabung heißer Werkstücke.

Zu welchen handwerklichen Leistungen die Menschen mithilfe der Umformtechnik bereits in dieser frühen Zeit kamen, zeigt beispielsweise die Himmelsscheibe von Nebra. Diese fast kreisrunde, geschmiedete Bronzeplatte mit einem Gewicht von etwa 2,3 kg, einem Durchmesser von etwa 32 cm und einer Stärke von 1,7 mm am Rand bis 4,5 mm in der Mitte ist zwischen 3700 und 4100 Jahre alt und damit die älteste bisher bekannte konkrete Himmelsdarstellung. Forscher nehmen an, dass sie aus einem gegossenen Bronzerohling getrieben und dabei wiederholt erhitzt wurde, um Spannungsrisse zu vermeiden beziehungsweise zu beseitigen. Die Applikationen aus unlegiertem Goldblech sind in Einlegetechnik gearbeitet und wurden mehrfach ergänzt und verändert – schon damals war also das umformende Fügen den Menschen bekannt.

Eisenbearbeitung erhöht Anforderungen an Umformer

Um 1500 vor Christus herum entdeckten die Hethiter das Eisen – das erste von Menschen genutzte Metall, das sich nur im heißen Zustand bearbeiten lässt. Im Gegensatz zu den bis dahin bekannten Metallen muss es aus Erzen erschmolzen werden. Es verdrängte allmählich die Bronze, allerdings wurde sie im antiken Griechenland noch lange für Waffen, Rüstungen oder Werkzeuge benutzt. Auch bei den Werkzeugen gab es im Laufe der Jahrhunderte Fortschritte: Mit Stielhämmern ließ sich das Metall leichter bearbeiten. Allerdings erreichten die damaligen Öfen gerade einmal 1200 bis 1300 °C, blieben also unterhalb der Schmelztemperatur des Eisens von 1538 °C. Damit konnte man zwar das Eisenerz in festes metallisches Eisen und flüssige Schlacke umwandeln, doch Gusseisen und Stahl sowie das Eisengießen gab es noch nicht.

Die Schlacke rann aus dem Ofen heraus, daher kam der Name Rennofen. Zurück blieb ein Eisenschwamm, die Luppe. Die darin noch enthaltenen Schlackenreste wurden durch Hämmern entfernt und die Luppe dabei verdichtet. Das Ergebnis war Schmiedeeisen.

Überraschend wenig Weiterentwicklungen zeigte die Umformtechnik von der Römerzeit bis ins 13. Jahrhundert. Die Verfahren breiteten sich geografisch zwar weiter aus, doch die Ausrüstung beispielsweise einer handwerklichen Schmiede blieb sogar bis heute nur wenig verändert.

Ab dem 14. Jahrhundert gewann die Eisenverarbeitung an Bedeutung. Im 15. Jahrhundert konnten die Menschen mit Wasserkraft angetriebene Stielhämmer entwickeln, später auch Spindelpressen und Pfahlrammen. Diese Maschinen eröffneten völlig neue Dimensionen für das Umformen, jenseits der menschlichen Muskelkraft.

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