Generative Design Wie aus einer organischen Struktur eine Schweißkonstruktion wird
Ein Tool für generatives Design erzeugte aus einer schweren Metallpfanne ein leichtes Bauteil mit organischer Struktur. Dieses Teil ließ sich so aber nur additiv fertigen, was hier nicht gewünscht war. Durch Querdenken konnte daraus eine Schweißkonstruktion erstellt werden.
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Mit über 100 Jahren Firmengeschichte und seinen riesigen Anlagen für die Zement-, Stahl-, Gips- und Aluminiumindustrie gehört Claudius Peters sicherlich nicht zu den Firmen, die man sofort mit dem Schlagwort „Digitale Transformation“ in Verbindung bringt. Natürlich war klar, dass man, um wettbewerbsfähig zu bleiben, innovativ sein muss.
Der Digitalisierung kann man sich dabei nicht verschließen und so forciert Thomas Nagel als Chief Digital Officer den Wandel hin zu ganzheitlichen digitalen Lösungen, die den Erfolg seines Unternehmens steigern können: höhere Qualität, schnellere Lieferung, hohe Kundenzufriedenheit und günstige Produktionskosten sind das Ziel. Ein Schlüsselerlebnis hat allerdings den Wandel gebracht und neue Wege in der Produktentwicklung aufgezeigt.
Bauteiloptimierung abseits der gängigen Methoden
Claudius Peters nutzte bereits seit vielen Jahren Autodesk-Software für die Konstruktion, später auch für die Fabrikplanung. Nagel erzählt, dass er damals dachte, man sei im Unternehmen in Sachen Digitalisierung schon recht weit. Bis er zur Autodesk University 2017 nach Las Vegas eingeladen war. „Für mich war das etwas schockierend, weil ich erstmals gesehen habe, was alles möglich ist“, erinnert sich Nagel. Was ihn sehr beeindruckte, war der Einsatz von Generative Design; damit wollte er experimentieren.
Autodesk ermöglichte ihm als einem der ersten, das Generative-Design-Tool in Fusion 360 zu testen. Das nahm Claudius Peters ernst und wählte ein Bauteil aus dem ETA-Kühler, einem effizienten Klinkerkühler der nächsten Generation, der bei der Zementherstellung den Klinker abkühlt. Diese riesige Maschine hatte man vor Jahren mit Inventor entwickelt und das „Test-Bauteil“ war eine bereits konstruktiv optimierte, schwere Metallpfanne, die nun statt 120 kg nur noch 78 kg wog. Nach einem vierstündigen Workshop von Autodesk, der das Konstruktionsteam bei Claudius Peters mit Generative Design bekannt machen sollte, wurde schnell ein Objekt erzeugt, das Nagel heute „Alien Part“ nennt: Es unterschied sich stark von der bereits optimierten Metallpfanne und war nochmals über 30 % leichter. Das erstaunte zunächst, denn es erfüllte alle Rahmenbedingungen. „Das Ergebnis wurde erst mal nur als Experiment gesehen. Das war cool, aber was sollten wir damit?“, erzählt Nagel heute.
Denn ein großes Problem gab es: Man konnte das Bauteil bei Claudius Peters so nicht fertigen, weil das Generative-Design-Tool als Fertigungsmethode nur den 3D-Druck berücksichtigte. Diese Fertigungsmethode ist aber in der Zementbranche zu teuer und damit hätte sich das „Experiment“ Generative Design eigentlich erledigt gehabt. Doch ein junger Konstrukteur aus dem Team war einen Schritt weiter gegangen: Er hat aus dem automatisch erzeugten Modell ein Produkt gemacht, das man mit traditionellen Fertigungsmethoden herstellen kann.
Generatives Design muss nicht additiv gefertigt werden
Zunächst baute er die organische Konstruktion in eine Gusskonstruktion um, die in Zusammenarbeit mit der Gießerei noch optimiert wurde. Später hat sich das Unternehmen entschlossen, daraus eine Schweißkonstruktion zu entwickeln, weil man dann die Metallpfannen selbst produzieren konnte. Im Nachhinein klingt der Weg einfach: „Wir haben das Know-how der Schweißexperten nur durch Querdenken verbunden. Eigentlich ist es das Transformieren von etwas Gesehenem in eine fertigbare Form“, so Nagel. Der Konstrukteur benötigte für den ersten Ansatz nur etwa einen Arbeitstag, der Rest bestand laut Nagel aus Optimierung und Einbindung in die Konstruktion des Klinkerkühlers.
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