Oberflächentechnik Energieeinsparungen beim Lackieren gehen weiter

Autor Stéphane Itasse |

Beim Lackieren lässt sich noch viel Energie einsparen, auch wenn das Verfahren schon länger im Fokus steht. Findige Ingenieure entwickeln dafür weitere Neuheiten, die die Ressourceneffizienz weiterbringen. Und auch andere Oberflächenverfahren bieten Potenzial.

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50 % weniger Erdgas und 27 % weniger Strom verbraucht die neue BMW-Lackiererei im Werk München – was zeigt, dass die Energieeffizienz noch nicht ausgereizt ist.
50 % weniger Erdgas und 27 % weniger Strom verbraucht die neue BMW-Lackiererei im Werk München – was zeigt, dass die Energieeffizienz noch nicht ausgereizt ist.
(Bild: www.guenterschmied.com)

Nach Berechnungen des Fraunhofer-IPA entfallen allein auf das Lackieren ungefähr 50 % der Energie, die überhaupt zur Herstellung eines Produktes notwendig ist. Und doch sind noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um den Energieaufwand zu senken. So hat es beispielsweise BMW im Werk München geschafft, in der Ende Mai neu eröffneten Lackiererei den Stromverbrauch um 27 % zu reduzieren, den Erdgasverbrauch und die CO2-Emissionen sogar um etwa 50 % (siehe MM 24/2017). Der Automobilhersteller erreicht dies unter anderem durch einen neuartigen Lack ohne Füller und eine Trockenabscheidung, die ohne Wasser und Chemie auskommt.

Auch die Anlagenhersteller treiben ihre Bemühungen immer weiter. So hat der Lackieranlagenbauer Dürr Anfang August ein neues Trocknungskonzept namens Eco-In-Cure vorgestellt, bei dem Automobil-Karosserien von innen nach außen aufgeheizt und wieder abgekühlt werden. Dazu blasen Düsen mit hohen Wurfweiten über die Windschutzscheiben-Öffnung in das Innere der Karosserie. Energie sparend ist auch das Beheizungskonzept mit meine zentralen Wärmetauscher. Anstelle lokale Wärmetauscher einzusetzen, wird in den Umluftaggregaten jeder Zone zentral erwärmtes Umluftheizgas beigemischt. Diese Art der Umluftregelung ist laut Hersteller variabler und präziser, reduziert Druckverluste und senkt den elektrischen Gesamtenergiebedarf um 25 %.

Präzise Luftsteuerung erhöht Energieeffizienz beim Lackieren

Für Lackierkabinen hat Dürr ein System zur Zu- und Umluftsteuerung mit der Bezeichnung Eco-Smart AC bereits im Einsatz. Es passt zehn Mal pro Sekunde den Sollwert automatisch an die Außenbedingungen an und koordiniert die unterschiedlichen Stellgrößen. Eine Software ermittelt Energiepotenziale, die sich gegenseitig aufheben können, bereits im Vorfeld und sorgt dafür, dass die einzelnen Sollwerte energetisch optimiert ausgegeben werden. Der indische Automobilhersteller Mahindra & Mahindra kann damit vor allem in Anlaufzeiten und bei extremen Witterungsbedingungen den Energieverbrauch senken, wie Dürr mitteilt.

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Ein drittes Beispiel, wie sich die Energieeffizienz steigern lässt, findet sich in Lackzerstäubern des Bietigheimer Anlagenbauers. In der Zerstäubergeneration Eco-Bell 3 für elektrostatische Applikationen setzt Dürr seit vergangenem Jahr eine verbesserte Turbine ein, die das Glockenteller-Lenkluftring-System antreibt. Wie es heißt, können mit den neuen Turbinen bis zu 40 % der Druckluft eingespart werden. Besser designte Schaufeln und Düsen sorgen dafür, dass weniger Druckluft und damit weniger Energie benötigt wird.

Nebenaggregate bieten ebenfalls viel Potenzial zum Stromsparen

Auch in den Nebenaggregaten von Lackieranlagen steckt noch Potenzial für mehr Energieeffizienz. So hat es der Anlagenbauer Lutro in einem Werk für Abfallsammelfahrzeuge des Herstellers Zoeller im polnischen Rekowo-Górne geschafft, 50 % der Energie in Spritzkabinen einzusparen. Gelungen ist dies durch eine Wärmerückgewinnung mit Kreuzstrom-Wärmetauschern. Die bedürfen laut Lutro zum Betrieb keiner Sekundärenergie, haben einen hohen Wirkungsgrad und sind einfach instandzuhalten. In der Lüftungstechnik konnte Zoeller hohe Energieeinsparungen durch frequenzgesteuerte Ventilatoren erzielen.

Ein weiterer wichtiger Trend zur Materialeffizienz ist das elektrostatische Lackieren. Dabei wird eine Gleichspannung zwischen Werkstück und Spritzpistole angelegt und dadurch ein elektrisches Feld erzeugt. Verlassen Lackpartikel die Pistolenmündung, werden sie elektrostatisch aufgeladen und folgen den Linien des elektrischen Feldes. Die gleichpolig geladenen Lackteilchen stoßen sich während des Fluges gegenseitig ab, was den Sprühstrahl homogen macht, und setzen sich auch homogen auf der Werkstückoberfläche ab. Lackteilchen, die bei anderen Verfahren am Werkstück vorbeifliegen würden, werden durch dessen Anziehungskraft zum Werkstück umgelenkt.

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