Porträt Erleuchtung im Verkehr

Autor / Redakteur: Rebecca Hornung / Simone Käfer

18 Jahre bevor Carl Benz das Patent für das erste Benzinauto einreichte, regelte in London bereits eine Ampel den Verkehr. Heute ist sie aus dem Straßenverkehr nicht mehr wegzudenken und feiert dieses Jahr ihr 150. Jubiläum.

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Die erste Ampel Deutschlands regelte ab 1924 den Verkehr am Knotenpunkt Potsdamer Platz.
Die erste Ampel Deutschlands regelte ab 1924 den Verkehr am Knotenpunkt Potsdamer Platz.
(Bild: adobe stock)

Mit rund 10.000 Flugblättern informierte der Londoner Polizeipräsident 1868 die Bevölkerung der Millionenstadt über ein neues Konstrukt an der Kreuzung Great George Street und Bridge Street, das für großes Aufsehen sorgte. Direkt vor den Houses of Parliament wurden vor 150 Jahren am 10. Dezember 1868 die „Street Crossing Signals“ an einem knapp sechs Meter hohen Signalmast aufgestellt. Sie sollten von nun an Ordnung in das Verkehrschaos aus Pferdekutschen und Fußgängern bringen.

Die Idee dahinter kam von Eisenbahningenieur John Peake Knight (1828 bis 1886), der sich vor allem mit Verbesserungen im Eisenbahnwesen befasste. Die hohe Anzahl an registrierten Verkehrsunfällen auf der Straße brachte den Erfinder außerdem ins Nachdenken darüber, wie man den Verkehrsknoten sicherer machen könnte, sodass vor allem die Abgeordneten unbeschadet ins Regierungsgebäude kamen. Inspiriert vom Schienenverkehr, befestigte Knight am oberen Ende des Masts zwei Eisenbahn-Signalflügel, deren Winkel ein Polizist manuell vom Boden aus verstellen konnte. Standen die zwei Flügel im 45°-Winkel zum Mast, bedeutete dies, dass die Kutschen vorsichtig in die Kreuzung hineinfahren konnten. Waren sie horizontal eingestellt, musste alles, was Räder hatte, stehen bleiben und die Fußgänger konnten sicher die Kreuzung überqueren. Der Mast funktionierte also wie ein vergrößerter Polizist, dessen Arme durch zwei Signalflügel ersetzt wurden. Nachts konnte man die Flügel schlecht sehen, weshalb zu dieser Tageszeit eine Gaslampe in den Farben Rot und Grün leuchtete. Diese Farben bewährten sich auch schon im Schienenverkehr als Signalfarben und bedeuteten den Fahrern bei Grün „freie Fahrt“ und bei Rot „Stopp“.

Explosives Ende gefolgt vom Neuanfang

Der Signalmast mitsamt seinen Regeln wurde in der Bevölkerung schnell aufgenommen und akzeptiert. Allerdings sollte sich dieses Konstrukt nicht lange auf der Straße halten. Knapp einen Monat nach seinem ersten Einsatz kam es beim Anzünden der Gasleuchte zu solch einer großen Explosion, dass der diensthabende Polizist sich dabei stark das Gesicht verbrannte. So vielversprechend die Ampel auch war, sie wurde daraufhin sofort eingestampft und fand in London für mehrere Jahrzehnte keine Aufmerksamkeit mehr.

Stop-&-Go mit der Ampel
  • 1868 Am 10. Dezember wird die erste Ampel in London aufgestellt. Die „Street Crossing Signals“ wurden jedoch nach nur einem Monat wieder demontiert.
  • 1912 In den USA wird die erste elektrische Ampel erfunden, aber erst 1914 aufgestellt.
  • 1924 Die erste Ampel Deutschlands regelt am Knotenpunkt Potsdamer Platz den Verkehr.
  • 1933 Nachdem Kopenhagen die erste Fußgängerampel in Betrieb nimmt, ziehen andere europäische Länder nach.
  • 1997 Das Ost-Ampelmännchen erfreut sich zunehmender Beliebtheit und wird zur eingetragenen Marke der Ampelmann GmbH.
  • Nicht so in den Vereinigten Staaten von Amerika. Hier nahm sich der Polizist Lester Wire aus Salt Lake City (Utah) der Idee einer Ampel an, die mit elektrischem Licht funktionieren sollte. 1912 erfand er die elektrische Ampel und konstruierte eine Art Vogelhäuschen, das oben eine rote Glühbirne und unten eine grüne Glühbirne hatte. Tatsächlich aufgebaut wurde die erste elektrische Ampel jedoch erst am 5. August 1914 in Cleveland (Ohio) und entsprach dem Patent von James B. Hoge. Die beiden Leuchten Rot und Grün zeigten den Verkehrsteilnehmern an, wann sie fahren konnten und wann sie stehen bleiben mussten. Die Lichtsignale konnten von Polizisten und Feuerwehrmännern bedient werden, welche zudem mit einem Glockenton vorwarnten, wenn sich das Leuchtsignal änderte: ein Vorgang, der mit zunehmendem Straßenverkehr und Straßenlärm durch ein gelbes Lichtsignal abgelöst wurde und bis heute noch gültig ist.

    Die Ampel kommt nach Deutschland

    Zehn Jahre später, 1924, schaffte die elektrische Ampel auch den Sprung nach Deutschland. Am Potsdamer Platz, dem damals verkehrsreichsten Platz Europas, wurde ein fünfeckiger Ampelturm errichtet. Fünf Hauptstraßen trafen hier aufeinander und sorgten für Chaos. Der Ampelturm brachte Licht und Ordnung – und erregte so viel Aufsehen, dass er eine Zeit lang mit dem Brandenburger Tor als Wahrzeichen mithalten konnte. In einer Höhe von knapp acht Metern überblickte ein Polizist die fünf Straßen und steuerte bis 1936 in der Kabine des Turms die Signale. Heute erinnert ein Nachbau des Ampelturms an die berühmte grüne Lichtanlage und ist auf dem Potsdamer Platz zu bewundern.

    Auch wenn die Ampeln in Europa den Verkehrsteilnehmern zeigten, wo es langging, waren es die Fußgänger, die sich nicht immer so genau an die Vorgaben hielten. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis schließlich eine Ampel speziell für Fußgänger auf den Markt kam. 1933 nahm Kopenhagen die erste Fußgängerampel in Betrieb, zahlreiche Länder zogen kurz darauf nach. Während die USA ihre Fußgängerampeln mit den Worten „Walk“ und „Don’t walk“ versah, entschied sich Deutschland aufgrund der fehlenden Akzeptanz gegenüber diesem System für die Farben Rot und Grün. Auch die stilisierte Darstellung eines Fußgängers setzte sich in Europa durch.

    Das wohl berühmteste Ampelmännchen ist das Ost-Ampelmännchen. Nach dem Fall der Mauer sollten die kecken Leuchtsymbole mit Hut aus Deutschland verschwinden. Allerdings hatte sich das Ampelmännchen bei Künstlern und Initiativen Freunde gemacht, die dafür kämpften, dass es nach der Wende erhalten blieb. Heute ist es zum Berliner Kultsymbol geworden und bringt die Besucher der Hauptstadt zum Schmunzeln.

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