Blue-Card-Flop Es wird eng! Deutschland fehlen nicht nur Fachkräfte
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Seit August 2012 gibt es die Blue Card in der EU. Hochqualifizierte Fachkräfte sollte sie ermuntern, einzuwandern, was heute wichtiger wäre als je zuvor. Doch die Bilanz ist ernüchternd.

Nach 10 Jahren Praxistest fällt die Bilanz des modernisierten Einwanderungsgesetzes zumindest beim deutschen Mittelstand ernüchternd aus, muss der Bundesverband Der Mittelstand BVMW zugeben. Was also eigentlich die deutsche Wirtschaft unterstützen sollte, erweise sich leider als Flop. Nur 70.000 Fachkräfte arbeiteten Ende 2021 aufgrund der Blue Card in Deutschland. Das Gesetz und der dahinterliegende Einwanderungsprozess funktionieren einfach nicht, so die Vermutung. Und speziell für KMU sei es immer noch mehr als umständlich, Arbeitskräfte zu sich nach Deutschland zu holen.
Deutschland gehen leider generell die Arbeitskräfte aus
Leider hapert es in Deutschland nicht länger nur daran, Fachkräfte zu begeistern. Generell gingen uns die Arbeitskräfte aus, wie der BVMW registrieren muss. Noch nie sei der Mangel an Personal so spürbar gewesen wie jetzt. Insgesamt gibt es jetzt rund 1,7 Millionen offenen Stellen, die in Deutschland im Moment ausgeschrieben sind. Seit Jahrzehnten habe es die Politik versäumt, eine konsequente Fachkräftestrategie aufzubauen, um den Arbeitskräftebedarf zu sichern, die die deutsche Wirtschaft zum Erhalt ihrer Leistungsfähigkeit dringend braucht. Nach über zwei Jahren Pandemiebewältigung, die die Lage zusätzlich verschärft hat, sieht mittlerweile über die Hälfte der Unternehmen im Arbeitskräftemangel ein erhebliches Geschäftsrisiko, merkt der Bundesverband an.
Der Mittelstandsverband fordert den Gesetzgeber vor diesem Szenario auf, Konsequenzen aus der schleppenden Entwicklung und den mangelnden Effekten zu ziehen, und die im Gesetz formulierten Anforderungen schnellstens zu vereinfachen. Die Einwanderung aus der EU nach Deutschland lief bisher zwar gut, doch brauche man nun dringend eine aktivere Einwanderung aus Drittstaaten. Nach übereinstimmenden Berechnungen werden insgesamt jährlich bis zu 400.000 Zuwanderer gebraucht, um in Anbetracht des demografischen Wandels den Arbeitsmarkt stabil zu halten, doch mit den derzeitigen Einwanderungsmodalitäten ist das kaum zu stemmen, heißt es.
Ausländische Qualifikationen müssen anerkannt werden
Ein wichtiger Meilenstein zur weiteren Öffnung des Arbeitsmarktes für ausländische Bewerber war bereits die Abschaffung der Vorrangprüfung sowie das Streichen der Beschränkung auf Engpassberufe oder Mangelberufe, wie der Verband erinnert. Nun muss auch der Prozess der Anerkennung von im Ausland erworbenen akademischen und vor allem beruflichen Abschlüssen vereinfacht werden, so die Forderung. Das deutsche duale Ausbildungssystem gilt europaweit und international als einzigartig, was gut und wichtig sei. Aber in diesem Fall sei es den ausländischen Bewerbenden teilweise unmöglich, einen gleichwertigen Abschluss vorzulegen. Die schwierige Anerkennung der erworbenen Abschlüsse mache eine Einwanderung nach Deutschland im Grunde für jeden ausländischen Bewerber uninteressant. Aber auch für die Wirtschaft müssten die Anforderungen des Einwanderungsgesetzes vereinfacht werden, damit sich eine Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte rentiere. Aktuell ist ein Hochschulabschluss sowie ein konkretes Arbeitsplatzangebot mit einem Bruttojahresgehalt von mindestens 56.400 Euro Voraussetzung für den Erhalt der Blue Card. Für KMU aber, die auch einfache Arbeitsbereiche besetzen wollen, sei das nicht zu bezahlen. Dieses Gehaltsniveau helfe auch nicht, Stellen im Dienstleistungsgewerbe oder im Handwerk zu besetzen. Der Verbandsvorsitz spricht sich auch dagegen aus, fehlende Deutschkenntnisse als Hinderungsgrund für die Ausstellung der Blue Card aufzuführen, denn seiner Meinung nach kommt es vorrangig auf die fachspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten an. Sprachkurse könnten auch parallel zur Einarbeitung erfolgen.
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Ohne Einwanderungserleichterung geht die Wirtschaft zugrunde
Ferner erwartet der deutsche Mittelstand, dass sich Deutschland im Ausland bei der Anwerbung von Arbeitskräften professioneller aufstellt. Was fehlt, seien funktionierende Auslandsvertretungen, Visastellen und Ausländerbehörden mit einfachen, schlichten und vor allem schnellen Verfahrensabläufen. Auch mehr Ausländerbehörden mit englischsprachiges Personal in Deutschland selbst seien vonnöten, um die Fachkräfteverfahren überhaupt beschleunigen zu können. Wenn, mahnt der Mittelstandsverband, Deutschland sich nicht endlich als attraktives Einwanderungsland positioniert und weiterhin stur an langwierigen und undurchschaubaren Prozessen festhält, dann wird nicht nur die mittelständische Wirtschaft darunter leiden, weil die Zukunft des ganzen Wirtschaftsstandortes sehenden Auges aufs Spiel gesetzt wird.
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