Manipulator Licht Mehr Leistung durch die richtige Beleuchtung

Redakteur: Andrea Gillhuber

Mit Licht sinkt und steigt die Stimmung und die Produktivität. Und durch Licht lässt sich beides manipulieren. Nicht nur die Wissenschaft beschäftigt sich mit dieser Tatsache, auch Industrie und Wirtschaft haben das Licht als Manipulator entdeckt.

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Lichtwecker für messbar sanftes Aufwachen: 30 Minuten vor der Weckzeit erhöht er nach und nach die Beleuchtungsstärke, simuliert so einen Sonnenaufgang.
Lichtwecker für messbar sanftes Aufwachen: 30 Minuten vor der Weckzeit erhöht er nach und nach die Beleuchtungsstärke, simuliert so einen Sonnenaufgang.
(Bild: licht.de)

Frühlingsgefühle oder Winterdepression – in beiden Fällen spielt das Licht eine große Rolle. Im Frühling fühlt man sich durch die wieder helleren und längeren Tag fitter, ist besser gelaunt und der eigene Antrieb steigt, während im Winter eher gegenteilige Aspekte auftreten. Die „dunkle Jahreszeit“ empfinden viele Menschen eher als psychisch belastend und ermüdend. Der Mensch und auch seine Körperfunktionen sind an den Tagesablauf und an die Jahreszeiten gebunden. In diesen Zyklen ändert sich auch das individuelle Befinden und die Leistungsfähigkeit der einzelnen Personen; es gibt individuelle Hoch- und Tiefpunkte.

Warum dies so ist, haben Wissenschaftler erst vor wenigen Jahren wirklich herausgefunden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren nur zwei Rezeptoren bekannt beziehungsweise in der Wissenschaft anerkannt: Zapfen und Stäbchen. Erstere sind für das Farbsehen verantwortlich, die lichtempfindlicheren Zäpfchen ermöglichen das Sehen auch bei geringer Beleuchtung. Diese beiden Rezeptoren sind für die Bilderkennung zuständig.

Erst im Jahr 2002 entdeckten Forscher einen dritten Lichtrezeptor: Diese fotosensitiven Ganglienzellen in der Netzhaut haben keinen Einfluss auf die Funktion der Bilderkennung selbst, sondern sind eigenständig lichtempfindlich und enthalten ein besonderes Fotopigment, das Melanopsin. Dieses reagiert verstärkt auf die Blauanteile im Licht, welche über den Tag hinweg variieren. Damit dienen die Melanopsinrezeptoren der Regelung des Tag-Nacht-Rhythmus, sprich: dem circadianen Rhythmus. Dieser läuft in Zyklen von rund 24 Stunden ab, wird im Allgemeinen als „innere Uhr“ bezeichnet und bestimmt zudem den Schlaf-Wach-Rhythmus.

Blaues Licht – gut oder böse?

Der variierende Blauanteil im Licht beeinflusst über diese Ganglienzellen den Hormonhaushalt des menschlichen Körpers. Gegen Abend, wenn der Anteil an blauem Licht abnimmt, steigt der Melatoninwert im Blut und der Organismus fährt herunter; während dieser Phase regenerieren sich die Zellen. Gegen Morgen produziert die Nebennierenrinde das Stresshormon Cortisol und regt somit den Stoffwechsel an. Der steigende Blauanteil im Licht sorgt dafür, dass die Melatoninproduktion unterdrückt wird – der Mensch wird aktiv. Zum späten Nachmittag hin wiederholt sich der Kreislauf.

Cortisol und Melatonin wirken antizyklisch: Morgens produziert der Körper Cortisol. Gegen 9 Uhr ist es im Blut maximal konzentriert, fällt über den Tag dann kontinuierlich ab. Die Melatoninproduktion setzt erst am Abend wieder ein. Um 3 Uhr nachts ist der Melatoninspiegel am höchsten.
Cortisol und Melatonin wirken antizyklisch: Morgens produziert der Körper Cortisol. Gegen 9 Uhr ist es im Blut maximal konzentriert, fällt über den Tag dann kontinuierlich ab. Die Melatoninproduktion setzt erst am Abend wieder ein. Um 3 Uhr nachts ist der Melatoninspiegel am höchsten.
(Bild: licht.de)

So weit die Theorie und die Intention der Natur. Durch künstliche Lichtquellen wird dieser Kreislauf jedoch beeinflusst. Die höchste Empfindlichkeit der Ganglienzellen liegt in etwa bei einer Wellenlänge von 460 nm; sie werden daher von Lichtquellen mit hohen Blauanteilen, sprich: mit hoher Farbtemperatur, besonders angeregt. Vor allem kaltweiße Lichtquellen mit einer Farbtemperatur ab 6500 K regen an. Studien belegen, dass kühlweißes oder auch bläuliches Licht am Abend zu Schlafstörungen führen kann.

Das künstliche Licht verzögert die Melatoninproduktion und der Mensch kann schlechter einschlafen und schläft weniger tief. Dabei ist es unerheblich, ob das Licht von einer Leuchte oder einem elektronischen Gerät erzeugt wird. Smartphone- und Tablethersteller haben darauf reagiert. So hat beispielsweise Apple mit dem Systemsoftware-Update iOS 9.3 einen Nachtmodus bereitgestellt. Mit der sogenannten Night-Shift-Funktion wird der Blaulichtanteil des Displays in den Abendstunden verringert. Der Filter kann entweder individuell nach Start/Stopp-Uhrzeit eingestellt werden oder aber über die aktuelle Geo-Position „von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang“. Auch im aktuellen Samsung S8 wurde der Blaulichtfilter als Standardfunktion mit aufgenommen. So beeinflussen exzessive Smartphonenutzer durch zu viel Handykonsum vor dem Schlafengehen nicht mehr ihre Schlafqualität.

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Weckerhersteller nutzen für sich den gegenteiligen Effekt: Sogenannte Lichtwecker simulieren einen Sonnenaufgang und wecken den Schlafenden so sanft durch die Änderung der Lichtverhältnisse auf. Dadurch fühlt man sich entspannter und aktiver.

Blaulicht im Wellenlängenbereich zwischen 400 und 500 nm stellt zudem ein potenzielles Risiko einer fotochemischen Schädigung der Netzhaut dar. Aus diesem Grund haben das VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut und der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. eine Broschüre veröffentlicht, in der sie über die sogenannte Blaulichtgefährdung als Teil der optischen Strahlungsbewertung von Lichtquellen und Leuchten informieren, welche zurzeit noch nicht in allen Beleuchtungsnormen berücksichtigt sind. Für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen ist dies vor allem im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz von großer Bedeutung, denn die Europäische Union hat mit der „Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Exposition gegenüber künstlicher optischer Strahlung während der Arbeit“ eine rechtliche Grundlage geschaffen.

Der Branchenverband ZVEI beschäftigt sich auch darüber hinaus mit dem Thema und hat deshalb das Portal „„licht.de“ auf die Beine gestellt, welches umfangreiche technische und wissenschaftliche Informationen rund um das Thema Licht bereitstellt. Hier gibt der Verband auch Empfehlungen für eine optimale Ausleuchtung von Büro- und Industriearbeitsplätzen im Rahmen der Norm DIN EN 12464-1.

So weit die Hintergrundinformationen und die direkten Auswirkungen von Blaulicht auf die körperliche Gesundheit.

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