Ethernet Single Pair Ethernet wird zum neuen Standard für das IIoT
Single Pair Ethernet – oder kurz SPE – ist zur Zeit einer der Megatrends der industriellen Datenübertragung.
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Auf einen Blick
- Single Pair Ethernet (SPE) beschreibt die physischen Schnittstellen zur einpaarigen Übertragung von Daten und Leistung zwischen unterschiedlichen Kommunikationsteilnehmern.
- Das IEEE erarbeitet Normen für unterschiedliche Anwendungen mit Datenübertragungsraten von 10 (802.3 cg), 100 (802.3 bw) und 1000 Mbit/s (802.3 bp) und Leitungslängen von 15 bis 1000 m.
- Zusammen mit Weidmüller, Reichle & De-Massari, Belden, Fluke Networks und Telegärtner entwickelt Phoenix Contact normierte Steckgesichter für IP20- und IP6x-Umgebungen.
Als nicht standardisiertes Softwareprotokoll ist das Ethernet in den 1970er-Jahren zur firmeninternen und lokal begrenzten Übertragung von Datenpaketen in kabelgebundenen Computernetzen (LAN, Local Area Network) entwickelt worden (Bild 1). Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) spezifizierte das Softwareprotokoll sowie den Physical Layer – darunter die physischen Schnittstellen wie Steckverbinder und Kabel – in den folgenden beiden Jahrzehnten aus und legte mit der Einführung unterschiedlicher Protokolle wie 802.4 (Token Bus), 802.5 (Token Ring) und schließlich 802.11 (WLAN) den Grundstein für das heutige Internet.
Parallel dazu entwickelte sich – getrieben durch den verstärkten Einsatz elektrischer Automatisierungstechnik – in den 1980er-Jahren die Feldbustechnik. Der Grundgedanke war der gleiche: Unterschiedliche Kommunikationsteilnehmer sollten geordnet und in einer gemeinsamen Systematik miteinander kommunizieren. Die verschiedenen Feldbusprotokolle wie Interbus, Devicenet oder Profibus dienten aber nicht zur Vernetzung von Computern der Unternehmensebene, sondern zur seriellen oder parallelen Anbindung von Sensoren und Aktoren an die Steuerungs- und Leitebene.
Eine gemeinsame Sprache wurde entwickelt
Letztlich begründete so die parallele Entwicklung der beiden Übertragungsprotokolle die Form der noch heute gültigen Automatisierungspyramide. Die obersten Ebenen repräsentieren lokal begrenzte Computernetze, über die die Produktionsgrob- und -feinplanung erfolgt. Die unteren Ebenen umfassen die Signal-, Daten- und Leistungsübertragung zum Erfassen, Steuern und Regeln des realen Produktionsprozesses (Bild 2).
Die Form der Pyramide ergab sich primär aus der hierarchisch-logischen Anordnung der unterschiedlichen Ebenen. Sie repräsentiert aber ebenso die bisher gültigen Rahmenbedingungen für die industrielle Datenübertragung: hohe Übertragungsraten und geringe Strecken mittels Ethernet, geringe Übertragungsraten und hohe Strecken mittels Feldbus.
Warum nun dieser Exkurs? Das industrielle Ethernet und vor allem das Single Pair Ethernet stellen diese Automatisierungspyramide auf den Kopf. Mit der Entwicklung Ethernet-basierter Protokolle wie Ethernet/IP, Profinet oder Ethercat zog die Echtzeit-Datenübertragung von der Unternehmens- in die Feldebene ein.
Automatisierungspyramide auf den Kopf gestellt
Die physischen Schnittstellen wurden leistungsfähiger, aber auch elektrotechnisch komplexer, weil die Datenübertragung vor Störeinflüssen wie Schmutz, Vibration und elektromagnetischer Strahlung geschützt werden musste. Hersteller von Verbindungstechnik entwickelten deshalb IP6x-geschützte Ethernet-Schnittstellen, um diese gesteigerten Anforderungen der Feldebene zu erfüllen. Für die Spitze der Automatisierungspyramide – die Unternehmens- und Betriebsebene – reichten IP20-Lösungen weiterhin aus.
Anforderungen stiegen beständig
Bislang beschränkten sich die Standardisierungsbemühungen auf stets höhere Datenraten und höhere Anforderungen an die Verkabelungstechnik. Diese Anforderungen wurden durch immer höhere Leistungsklassen in der kupferbasierten Verkabelung – die Categories – festgeschrieben.
Das SPE definiert nicht erneut höhere Bandbreiten oder Übertragungsstrecken, sondern bildet den normativen Rahmen für eine anwendungsgerecht reduzierte Verkabelung. Mit den Standards IEC 63171-2 (IP20) und IEC 63171-5 (IP67) rücken geringere Übertragungsraten von 10 bis 100 MBit/s in den Fokus. Die Datenverkabelung mit nur einem Adernpaar ermöglicht dennoch Übertragungsstrecken von bis zu 1000 m. Damit ermöglicht SPE erstmals Einsatzgebiete und Anwendungen, die das konventionelle Ethernet bis dato nicht zuließ, wie etwa in der Prozesstechnik (Bild 3). Der Vorteil für Anlagenbetreiber: Die Datenverkabelung kann auf Basis des Ethernet-Protokolls durchgängig erfolgen, baugleiche Schnittstellen und Steckgesichter können also in unterschiedlichen Umgebungen verwendet werden.
Vorteilhaft ist auch, dass einpaarige Schnittstellen deutlich kompakter sind als zwei- oder vierpaarige Geräte- und Kabelsteckverbinder. Damit unterstützt SPE den anhaltenden Trend zu kompakten, dezentralen Geräten in der industriellen Automatisierung, der Prozesstechnik, der Gebäudeautomation sowie in Telekommunikations- und Infrastrukturanwendungen. SPE kann also anwendungsneutral zur DNA des Industrial Internet of Things (IIoT) werden.
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