Kampf gegen das Kunststoffdilemma Wie die Kreislaufwirtschaft möglich wird
Kunststoffmüll landet oft in der Umwelt, was diesen wichtigen Werkstoffen zu Unrecht in Misskredit bringt. Die Hersteller von Kunststoff verarbeitenden Maschinen und Recyclingtechnik arbeiten an der Lösung des Problems.
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Wir schreiben das Jahr 2020. Der Maschinenbau leidet unter Handelsstreitigkeiten, zunehmendem Protektionismus und dem Strukturwandel in der Fahrzeugindustrie. Der ganze Maschinenbau? Nein, die Kunststoffmaschinenhersteller stemmen sich gegen den Trend und alle schlechten Prognosen.
Eine Tonne Kunststoffabfall sind es pro Kopf
„Kunststoff hat eines der größten Umweltprobleme geschaffen, für das der Maschinenbau aber überzeugende Lösungen hat“, sagt Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des VDMA-Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen (KUG). Auch der europäische Branchenverband Euromap glaubt: „Kreislaufwirtschaft hat das Potenzial, in der Branche das Ruder herumzureißen.“
Vieles spricht dafür. Denn Kunststoff hat ein Kreislaufproblem: Seit 1950 wurden weltweit etwa 9 Mrd. t produziert, rund 6 Mrd. t davon sind mittlerweile zu Abfall geworden, aber nur 10 bis 15 % werden stofflich recycelt. Die Politik reagiert auf diese Schieflage und die öffentliche Debatte um den Kunststoffmüll. In ihrer Kunststoffstrategie schreibt die EU-Kommission vor, dass ab 2030 alle Kunststoffverpackungen auf dem Markt recycelbar sein müssen. Hersteller und Verbände haben gegenüber der EU zugesagt, bis 2025 rund 10 Mio. t Rezyklate bereitzustellen – derzeit sind es erst etwa 3 Mio. t. Auch in Deutschland bläst der Wind schärfer: Ab 2022 müssen 63 % der Kunststoffverpackungen werkstofflich verwertet werden. Bis 2018 lag die gesetzliche Quote nur bei 36 %.
Dazu kommt, dass ehemals große Abnehmer wie China seit Kurzem den Import der meisten Kunststoffabfälle verbieten. Selbst das Basler Übereinkommen, das weltweit den Export gefährlicher Abfälle streng reglementiert, prüft derzeit, ob verunreinigter und unsortierter Kunststoffmüll als „gefährlich“ eingestuft werden soll. Die Folge: Große Kunststoffverbraucher wie Europa, Deutschland oder auch die USA müssen sich künftig weitaus mehr als bisher um die Verwertung ihrer Altkunststoffe im eigenen Land kümmern.
Höhere Recyclingquoten gegen politischen Druck
„Es muss viel passieren und es muss schnell passieren“, bringt es Reifenhäuser auf den Punkt. Die Befürchtung der Branche liegt auf der Hand: Wenn die Industrie nicht deutlich mehr Kunststoff recycelt, könnte die Politik den Werkstoff weiter beschränken. „Dann verlieren die Firmen unserer Industrie ihr Geschäft“, sagt Dr. Gerold Breuer, Leiter von Marketing & Business Development bei der Erema Recyclingmaschinen und Anlagen GmbH. Lange Zeit glaubten viele, dass sich Kunststoffrecycling nur lohnt, wenn der Ölpreis hoch ist. Dieses Grundgesetz wankt. „Wir müssen uns heute in der gesamten Wertschöpfungskette als Unternehmen präsentieren, die nachhaltig arbeiten. Der Preis spielt da nicht mehr die alles entscheidende Rolle“, ist Uwe Wagner, Geschäftsführer der Pallmann Maschinenfabrik GmbH & Co. KG, überzeugt.
Um Kreisläufe zu schließen, braucht es dreierlei: eine bessere Trenn- und Sortiertechnik, denn Kunststoffabfälle bestehen – anders als Glas, Papier oder Metall – aus chemisch sehr unterschiedlichen Polymeren und vielfältigen Rezepturen. Außerdem treten sie oft mit anderen Werkstoffen im festen mechanischen Verbund auf. Zum zweiten werden Kunststoffmaschinen benötigt, die Sekundärkunststoffe so verarbeiten können, dass die Endprodukte in Aussehen, Eigenschaften und Funktionen mit Neuware auf Augenhöhe sind. Und nicht zuletzt gibt es großen Bedarf an intelligenten Recyclingprozessen, die Rezyklate mit definierten und reproduzierbaren Eigenschaften liefern – nur dann können Stoffkreisläufe wirklich geschlossen werden.
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