Retrofit Beim Maschinen-Retrofit steht die Sicherheit im Fokus
Nach jahrzehntelang getaner Arbeit trennen sich Maschinenbauer ungern von ihren Maschinen. Bevor diese entsorgt werden, bietet sich das sogenannte Retrofitting – bei der richtigen Instandhaltungsstrategie – oftmals als wirtschaftlichere Alternative an.
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Weil das Produkt Service sich erst direkt beim Kunden entwickelt, steht und fällt der Erfolg mit seiner Mitwirkung“, beschreibt Günther Eller, Leiter der Geschäftseinheit „Customer Service“ der Schweizer Starrag Group den Idealzustand.
Wie dabei eine langjährig erfolgreiche Geschäftsbeziehung entsteht, zeigt die enge Zusammenarbeit der RWE Power Aktiengesellschaft in Frechen (bei Köln) mit der Dörries Scharmann Technologie GmbH (DST) aus Mönchengladbach, einem Unternehmen der Starrag Group. Das RWE-Technikzentrum besitzt vier Bohrwerke von DST: zwei Scharmann WFT sowie eine Scharmann FB 100 aus den 1970er-Jahren und eine Scharmann Heavycut, Baujahr 1983. „1996 begannen wir zusammen mit DST mit der ersten Generalüberholung und Modernisierung“, sagt Willi Spelter, langjähriger Mitarbeiter der mechanischen Fertigung und heutiger Projektleiter für Instandhaltung unter anderem von Werkzeugmaschinen.
Schaden an Führungsbahnen brachte das Retrofit auf den Plan
„Ein großes Retrofit stand dann 2013 bei den beiden WFT wegen eines kapitalen Schadens an den Führungsbahnen an. Zu ihrer Erneuerung mussten die Ständer und Spindelkästen demontiert werden.“ Die Experten des RWE-Technikzentrums holten DST nicht nur wegen der guten Erfahrungen ins Boot. „Uns war klar, dass wir dieses Projekt nur mit dem Maschinenhersteller würden machen können“, meint Spelter rückblickend. „Wir mussten sehr tief in die Substanz der Maschinen eingreifen“, ergänzt Thomas Pfeiffer, Fachleiter produktorientierte Instandsetzung. „Hinzu kam, dass wir sie nicht lange entbehren konnten und dass wir das Projekt absolut sicher abschließen mussten. Und das geht nicht ohne den Hersteller, der über alle Dokumentationen verfügt.“
Jeder Retrofit-Schritt wurde bewertet, begründet und gerechtfertigt
Mit Dörries Scharmann entstand zunächst eine Instandhaltungsstrategie, bei der die Bohrwerke im ersten Schritt in Baugruppen eingeteilt wurden. „Wir haben die über 100 Baugruppen in einer Mindmap dargestellt und farblich markiert“, erklärt der Projektleiter. Grün stand für einwandfrei, gelb für „Zustand noch nicht klar“ und rot für Reparatur oder Ersatz. Anhand dieser Analyse erstellte DST einen Realisierungsplan mit Kostenvoranschlägen. „RWE hat eine bis ins Detail gehende Analyse erwartet, die für unsere Projektierer schon eine Herausforderung war“, erinnert sich Hans Jeschke, Direktor Service bei Dörries Scharmann Technologie. „Wir mussten jeden anzugehenden Retrofit-Schritt bewerten, begründen und rechtfertigen – bis hin zu den zukünftigen Risiken. Aber es war die richtige Vorgehensweise.“ Auf Basis dieser gemeinsamen detaillierten Analyse war eine für beide Seiten risikoarme kommerzielle Vertragsgestaltung möglich, was die Beauftragung beschleunigte. „Wir dachten auch über den Kauf neuer Maschinen nach“, sagt Spelter. „Für Retrofit sprach schließlich nicht nur der Preis, sondern auch, dass wir die solide Grundsubstanz weiter nutzen wollten.“
Tag für Tag mit den Maschinen umgehen muss Bereichsingenieur Uwe Herrmann, der auf die stabile Bauweise der älteren Scharmann-Maschinen nichts kommen lässt. „Meine Erfahrungen mit den mehrmals instandgesetzten und generalüberholten Produktionsanlagen sind sehr gut“, betont Herrmann. „Ich bin mir sicher, dass sich auch in 15 oder 20 Jahren ein wiederholtes Retrofit lohnt.“
Die mechanische Werkstatt bearbeitet im Schnitt zur gleichen Zeit rund 2500 RWE-Instandhaltungsaufträge und darüber hinaus in zunehmendem Umfang Komponenten für unternehmensexterne Kunden. Die Experten in Frechen steigen daher ungern auf neue Maschinen um, denn das Bearbeiten ständig wechselnder Bauteile in meist kleinsten Losgrößen funktioniert bestens auf den bewährten Produktionsanlagen mit ihren bekannten Parametern und Einsatzmöglichkeiten.
„Wir sind alle hier im Technikzentrum Instandhalter für die Fördertechnik, die RWE in den Braunkohle-Tagebauen im rheinischen Revier betreibt“, erläutert Fachleiter Pfeiffer. „Das prägt uns bis zum letzten Handgriff.“ Der Reparatur- und Instandsetzungsbetrieb sei daher sehr dynamisch. „Wir entscheiden oft erst am Donnerstag, was am Wochenende auf einer Maschine gefertigt wird“, sagt Pfeiffer. „Wir erwarten daher auch von einem externen Instandhalter entsprechend flexible, schnelle Reaktionen.“ Wegen dieser schwierigen Randbedingungen setzt das Technikzentrum bei den Bohrwerk-Retrofits auf die akribisch geplante Vorgehensweise, bei der viele technische Varianten durchgespielt werden.
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