Thyristorsteller Customizing macht aus Standardleistungssteller optimierte Lösung

Von Florian Börder *

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Unnötige Funktionen bedeuten zusätzliche Kosten, zum Beispiel bei einem Thyristorsteller für verfahrenstechnische Anlagen. Kundenspezifisch optimiert, spart er zudem Bauraum in der Anwendung.

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In immer mehr leistungselektronischen Anwendungen sind kundenspezifisch zugeschnittene OEM-Steller die Lösung. Das Bild zeigt eine Auswahl.
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In immer mehr leistungselektronischen Anwendungen sind kundenspezifisch zugeschnittene OEM-Steller die Lösung. Das Bild zeigt eine Auswahl.
(Bild: Systemtechnik Leber)

Es gibt einige Herausforderungen, denen Anlagenentwickler bei verfahrenstechnischen Anwendungen derzeit gegenüberstehen. Beispiele dafür sind die steigenden Anforderungen an die Prozessgenauigkeit, die punktgenaue Steuerung von Mehrzonenanlagen und neue, modulare Ansätze im Anlagendesign. Doch einfache Solid-State-Relais von der Stange lassen sich dort nur selten einsetzen.

Umgekehrt bieten parametrierbare Thyristor-Leistungssteller häufig zu viele Optionen, die teuer mitbezahlt werden müssen, ohne sie nutzen zu müssen. Ein kostengünstiger Mittelweg ist die Anpassung von Standard-Leistungsstellern an den jeweiligen Anwendungsfall.

Eine typische Aufgabe an Leistungssteller ist die Wahrung optimaler Ergebnisse bei der Herstellung beziehungsweise Verarbeitung von Kunststoffen, Lacken, Lebensmitteln sowie metallischen und keramischen Materialien durch die Einhaltung exakter Temperaturen. Allesamt Anwendungsfälle, bei denen durch Wärmezufuhr bestimmte chemische oder physikalische Reaktionen ausgelöst werden. Hierbei ist es völlig unwesentlich ob Heizmatten, Heizstäbe, Infrarot- oder Keramikstrahler als Wärmequelle eingesetzt werden; die Wärmemenge muss punktgenau zur Verfügung gestellt werden.

Da jede dieser Heizquellen unterschiedliche physikalische Eigenschaften hat, beispielsweise hinsichtlich Kaltwiederstand oder thermische Trägheit, muss das Regelelement beziehungsweise der eingesetzte Thyristor-Leistungssteller darauf optimiert werden. Dabei kann es beispielsweise notwendig sein, den Laststrom zu überwachen und eine Kombination von Steuerverfahren wie Sanftanlauf, Phasenanschnitt oder Impulsgruppenbetrieb einzusetzen.

Wie funktioniert ein Thyristor-Leistungssteller? Thyristoren beschneiden am Anfang jeder Halbschwingung die Netzspannung, indem er erst nach einer definierten Zeit nach dem Nulldurchgang der Wechselspannung zündet. Dadurch wird der Verbraucher jeweils nur während eines Teils der Sinusschwingung eingeschaltet. Das ist die sogenannte Phasenanschnittsteuerung, mittels derer sich Strom- und Leistungsaufnahme verringern lassen. Thyristor-Leistungssteller werden mit einer Wechselspannung einphasig oder dreiphasig betrieben und durch einen geeigneten Regler angesteuert. So variieren sie die Einschaltzeit der Netzspannung für die gegebene Last.

Um in einer Applikation die komplexen Aufgaben schnell zu lösen, greifen verantwortliche Konstrukteure gerne zu aufwendigen Standard-Thyristorstellern, die eine Vielzahl an Parametrierungsmöglichkeiten bieten, von denen aber nur ein Teil tatsächlich für die Anwendung benötigt wird. Zwar lassen sich die Prozessanforderungen auf diese Weise erfüllen, für die Serienfertigung bedeutet dies aber einen nicht unwesentlichen Mehraufwand durch die vorzunehmende Parametrierung.

Zunehmend ist direkter Einbau in modulare Anlagen gefordert

Eine weitere, neue Herausforderung beim Anlagenbau ergibt sich durch den Trend zur Modularisierung in der Industrie. Diese führt dazu, dass Leistungselektronik verstärkt in die Geräte und Anlagen selbst integriert wird. Mit anderen Worten: viele Komponenten werden vom Schaltschrank in das industrielle Feld verlagert. So sitzt der Thyristorsteller, mit dem beispielsweise ein Strahler betrieben wird, nicht mehr 10 m von diesem entfernt im Schaltschrank, sondern direkt im Strahlergehäuse. Die Vorteile:

  • Die Anwenderfreundlichkeit nimmt zu, während die Schaltschränke proportional dazu immer kleiner und kompakter werden.
  • Die Leistungsregelung erfolgt in unmittelbarer Nähe zur Last – die Kompensation von Leitungslängen entfällt und die Prozessgenauigkeit wird erhöht.
  • Durch die Modularisierung lassen sich Anlagen zudem einfacher skalieren.

Immer öfter ist es für derartige Vorhaben aufgrund der bestehenden Bauraumbeschränkungen nicht möglich, Standardleistungssteller mit den benötigten Leistungsmerkmalen an der gewünschten Stelle unterzubringen – um beim Beispiel zu bleiben: der Leistungssteller ist für den Einbau ins Strahlergehäuse zu groß dimensioniert. In solchen Fällen sind nur kundenspezifisch zugeschnittene OEM-Steller die Lösung. Diese passt der Elektronikspezialist gezielt an den jeweiligen Anwendungsfall an. Je nach Detailtiefe ist die Grundvoraussetzung dafür ein großes Maß an Erfahrung und Produkt-Know-how. Denn Leistungsparameter, Platzvorgaben oder die optimale Kommunikationsschnittstelle unterscheiden sich von Produkt zu Produkt.

Bild 2: Darstellung eines beispielhaften OEM-Leistungsstellers während der Konstruktions- und Entwicklungsphase.
Bild 2: Darstellung eines beispielhaften OEM-Leistungsstellers während der Konstruktions- und Entwicklungsphase.
(Bild: Systemtechnik Leber)

Seit gut zwanzig Jahren optimiert das Nürnberger Unternehmen Systemtechnik Leber eigene Leistungssteller auf die gegebene Anwendung und besitzt seitdem ein stetig wachsendes Produktportfolio mit verschiedenen Leistungsstellern für ohmsche, induktive oder kapazitive Lasten. Ihren Ursprung haben alle in Individualanfertigungen für verschiedene Anwendungsfelder beispielsweise für die Kunststoffverarbeitung, die Drucktechnik oder die Lebensmittelindustrie. Heute werden sie im Bedarfsfall mittels Softwarebausteinen an weitere Anwenderwünsche angepasst – Erweiterungen, von denen künftige Anwender profitieren. Die Bandbreite der Anwendungsfelder, in denen eine solche als Customizing bezeichnete Optimierung besonders großen Nutzen bringt, ist groß.

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Thyristor-Anpassung für Kunststofftrocknung

Gerade bei Trocknungsanwendungen im Bereich empfindlicher Trägermaterialien wie Kunststofffolien werden oft NIR-Strahler eingesetzt. Diese reagieren schnell auf Leistungsänderungen und ermöglichen einen für die Anwendung optimalen Wärmeeintrag. Die Crux: Die Strahler zeichnen sich durch hohe Kaltanlaufströme aus. Aus diesem Grund kommt ein Offset-Betrieb zum Einsatz, bei dem die Lampen zwischen den Prozessschritten mit sehr geringer Leistung betreiben werden. Das schont die Lampen und erhöht die Energieeffizienz.

Bild 3: Der IDT-Leistungssteller ist ein Plug-and-play-System mit optimierten Anschlussklemmen für die einfache Montage der Steuerleitungen.
Bild 3: Der IDT-Leistungssteller ist ein Plug-and-play-System mit optimierten Anschlussklemmen für die einfache Montage der Steuerleitungen.
(Bild: Systemtechnik Leber)

Bei Änderungen in der Prozessgeschwindigkeit, beispielsweise durch Störungen in nachgelagerten Prozessen, kann es aber trotz Offset-Betriebs zu einem zu hohen Wärmeeintrag in die Werkstücke und damit zu Verformungen des Trägermaterials kommen. Um dies zu verhindern, wurde Firmware-seitig ein besonders niedriger Offset parametriert, der sich unterhalb der Werte befindet, die in auf dem Markt verfügbaren Geräten einstellbar sind. Durch diese kundenspezifische Anpassung der Firmware konnte eine Lösung gefunden werden, die eine optimale Abwägung zwischen den Zielen Energieeinsparung, Materialschonung und Prozesssicherheit bietet.

Weniger Parametrieren beim Ansteuern von Kaltleitern

Kaltleiterheizelemente werden häufig in Industrieofenanlagen zur Wärmebehandlungen, zum Schmelzen von Glas, zum Sintern technischer Keramik oder auch in Laboröfen eingesetzt. Sie lassen sich sowohl kontinuierlich als auch intermittierend betreiben und sind so sehr gut für verschiedene Wärmebehandlungsverfahren geeignet.

Allerdings gibt es auch Besonderheiten, die beim Anfahren und im Betrieb beachtet werden müssen, um Beschädigungen der Heizelemente beziehungsweise der Anlage zu vermeiden und die Leistung punktgenau zu regeln. Durch den geringen Kaltwiderstand von Heizelementen, beispielsweise aus Molybdändisilicid, entstünden bei einem einfachen Einschalten sehr hohe Ströme, die bis zum 16-fachen Wert des Nennstroms betragen können. Darüber hinaus werden solche Lasten oftmals mit Transformatoren betrieben.

Bild 4: Der ID-Leistungssteller als Plug-and-play-Variante mit Kühlerkörper für 16 bis 50 A.
Bild 4: Der ID-Leistungssteller als Plug-and-play-Variante mit Kühlerkörper für 16 bis 50 A.
(Bild: Systemtechnik Leber)

Die hohen Anlaufströme, verbunden mit der Induktivität des Transformators, erfordern einen fein abgestimmten Sanftanlauf über das Phasenanschnittverfahren. Nur so werden der Anlaufstrom des Transformators und die hohen Einschaltströme des Heizelements begrenzt. Dies dient sowohl dem Leitungsschutz als auch der Vermeidung von Beschädigungen des Heizelements durch die hohen elektromagnetischen Kräfte, die durch eine übermäßige Strombelastung entstehen.

Gerade beim Betrieb von Kaltleiter-Heizelementen findet aber neben dem Phasenanschnitt auch der Impulsgruppenbetrieb Anwendung. Systemtechnik Leber bietet mit ihren Leistungsstellern hier die Möglichkeit, beide Betriebsarten miteinander zu kombinieren und die Rampenfunktion des Sanftanlaufs an die Anwendung anzupassen. Durch die kundenspezifische Anpassung der Steller entfallen bei der Produktion der Anlagen aufwendige Parametrierungen.

Strahlermodule mit integrierten Leistungsstellern

Woher einen integrierbaren Leistungssteller für ein modulares Strahlersystem nehmen? Mit dieser Frage kam ein Elektronikkomponentenentwickler auf die Leber-Ingenieure zu. Aufgrund der Bauraumbeschränkungen war es in diesem Fall nicht möglich, die für den Schaltschrankeinbau konzipierten Standardsteller zu verwenden. Um die Stärken des modularen Konzepts konsequent ausspielen zu können, waren darüber hinaus die Themen Strommessung zur Diagnose, sowie die Anbindung des Moduls an die übergeordnete Steuerung über eine Bussystem wichtige Themen in der Entwicklung.

Bild 5: 
Die SHP-Leistungssteller haben eine besonders schmale Bauform. Es gibt sie als Plug-and-play-Steller mit bis zu 30 A.
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Die SHP-Leistungssteller haben eine besonders schmale Bauform. Es gibt sie als Plug-and-play-Steller mit bis zu 30 A.
(Bild: Systemtechnik Leber)

In enger Abstimmung mit dem Kunden wurde kostengünstig ein OEM-Steller entwickelt, der beides konnte: hardwareseitig sowohl die Anforderungen an die Baugröße, den Leistungsbereich und an die Schnittstellen erfüllen und softwareseitig durch Verwendung von standardisierten Funktionsbausteinen die benötigten Steuerverfahren bereitstellen. Damit konnte der Steller mit allen geforderten Funktionen direkt in das Gehäuse des einzelnen Strahlers integriert werden.

Kostenoptimierte Anpassung bestehender Serienprodukte

Durch das Customizing wird folglich immer genau der Leistungssteller geliefert, den der Anwender für seinen Fall benötigt. Im Bereich klassischer Anlagenkonzepte auch durch eine optimale Anpassung der Serienprodukte an die Anforderungen der Anlage. Bezahlt werden nur die tatsächlich benötigten Funktionen. Weitere Einsparungen ergeben sich durch das Plug-and-play-Konzept und die damit verbundenen kürzeren Montagezeiten. Reine Softwareanpassungen nehmen dabei nur rund drei Werktage in Anspruch.

Die Möglichkeit der Entwicklung kundenspezifischer Leistungssteller hingegen erschließt vollkommen neue Möglichkeiten im Anlagendesign und kann so den entscheidenden Wettbewerbsvorteil liefern. Das Leber-Ingenieurteam übernimmt dabei so gut wie alle Aufgaben, die im Rahmen des Customizings anfallen: Diese beginnen bei der Konzepterstellung und schießen das Hard- sowie Softwaredesign ebenso ein wie die Zulassung bis hin zur Serienfertigung des Stellers. Von der Auftragsvergabe bis zum ersten Funktionsmuster vergehen dabei in der Regel rund drei Monate.

* Florian Börder ist Experte für Leistungssteller bei Systemtechnik Leber in Schwaig.

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