Leichtbau Flexibles-Breiten-Reduktionswalzen – Flexibilität von Anfang an

Von Franziska Aign, Peter Groche und Reiner Kopp

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Lastangepasste Träger mit in Profillängsrichtung veränderlichen Querschnitten gelten als ein Schlüsselelement des Leichtbaus und damit der Ressourcenschonung. Das neue Verfahren Flexibles-Breiten-Reduktionswalzen (FBR) könnte zukünftig bereits in der Produktionsphase Material einsparen.

Herstellbare Profilgeometrien aus breitenvariablen Blechzuschnitten.
Herstellbare Profilgeometrien aus breitenvariablen Blechzuschnitten.
(Bild: TU Darmstadt)

Während der Herstellungsphase der lastangepassten Träger steigt der Abfallanteil im Vergleich zu Trägern mit konstanten Querschnitten. Dies könnte durch eine Reduzierung des erforderlichen Halbzeuggewichts durch das FBR vermindert werden. Die Anwendungsmöglichkeiten und Verfahrensgrundlagen des FBR werden im Folgenden erläutert.

Anwendungsspezifische Profile mit veränderlichem Querschnitt

Eine wichtige Klasse von Strukturbauteilen aus Blech bilden Längs- und Querträger aus Stahl oder NE-Werkstoffen. Sie kommen neben dem Karosserierohbau im Bahn-, Schiffs- und Flugzeugbau, bei Tragwerksstrukturen im Bauwesen, in der Raumfahrt, bei Regalsystemen bis hin zu Strommasten zum Einsatz. Mit der steigenden Forderung an einen effizienten Umgang mit Energie und Rohstoffen rückt der Leichtbau in den Fokus. Ein Beispiel dafür ist der Markt für den Karosserie-Leichtbau, für den von 2012 bis 2025 eine Verfünffachung prognostiziert wird (Quelle: Beitrag „Markt für Karosserie-Leichtbau verfünffacht sich bis 2025“ von Christiane Brünglinghaus, erschienen bei Springer Professional, 18.10.2013). Ein wichtiges Leichtbauprinzip ist die Verwendung belastungsangepasster Bauteile wie flexibler Profilbauteile, bei denen Blechdicke, Profilhöhe oder -breite variieren. Sie bergen weitere Vorteile wie eine Bauraumoptimierung oder Funktionsintegration. Zur Herstellung flexibler Profile werden die Fertigungsverfahren Tiefziehen, Gesenkbiegen gepaart mit Fügeprozessen oder verschiedene flexible Rollformverfahren eingesetzt. Auf letztere wird im Folgenden kurz eingegangen.

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In der industriellen Anwendung werden derzeit hauptsächlich konventionelle Profilierverfahren mit konstanten Querschnitten eingesetzt. Mit zunehmender Bedeutung des Leichtbaus geht der Trend hin zu anwendungsspezifischen Profilen mit veränderlichem Querschnitt. Das flexible Rollformen wird bereits für Lkw-Fahrwerkslangträger eingesetzt. Auch im Karosserierohbau sind flexible Profile zum Beispiel als Rahmen- und Trägerkomponenten oder Stoßfänger denkbar. Weitere Verfahren, wie das flexible Spaltprofilieren und das flexible Rollsicken wurden im Forschungsumfeld am Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen (PtU) der TU Darmstadt entwickelt. Die genannten Verfahren ermöglichen die Herstellung von Profilfamilien mit entlang der Längsachse höhen- oder breitenveränderlichem Querschnitt. Auf eine weitere Gewichtseinsparung durch flexibles Walzen der belastungsangepassten Dickenverteilung wird in diesem Beitrag nicht eingegangen.

Es kann festgehalten werden, dass die flexiblen Profilierverfahren eine hohe erreichbare Flexibilität beziehungsweise Produktindividualisierung unter Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Fertigungsprozesses ermöglichen. Die genannten Verfahren zur Herstellung von breiten- oder höhenvariablen Profilen besitzen ein gemeinsames Merkmal: Als Halbzeug ist ein breitenveränderlicher Blechzuschnitt erforderlich. Zugeschnitten wird heute durch Scher-, Wasserstrahl-, Laserschneiden oder mit einem Rollmesser. Dabei entstehen erhebliche Mengen an Verschnitt. Gesucht ist daher ein flexibles Walzverfahren, das ein Zuschneiden überflüssig macht beziehungsweise drastisch reduziert und somit Leichtbau und Ressourceneffizienz verbindet. Ein solches Walzverfahren erlaubt die kontinuierliche Fertigung individualisiert breitenveränderlicher Bänder. Das bedeutet eine Flexibilität vom Anfang der Prozesskette an. Das nachfolgend vorgestellte Flexible-Breiten-Reduktionswalzen könnte diese Möglichkeit schaffen.

Anpassung der lokalen Bandbreiten – Grundlagen des neuen Verfahrens

Das Grundprinzip des FBR: Im ersten Stich wird an einem dickeren Halbzeug (Bramme, Stab) mittels eines flexiblen Stauchgerüstes ein vorher berechnetes Dickenprofil eingewalzt. Dieses Dickenprofil erhält man durch inverse Modellierung ausgehend von dem gewünschten Breitenverlauf in der fertigen Platine und der notwendigen Stichabnahme vom Ausgangsquerschnitt bis zum fertigen Bandquerschnitt. Das Ausgangsformat (Quadrat, Rechteck) muss so gewählt werden, dass der gewünschte Breitenverlauf in der fertigen Platine entsteht.

In Vorversuchen hat sich gezeigt, dass zum Einstellen eines Breitenprofils eine ausreichende Band- oder Brammendicke notwendig ist, damit beim Warmwalzvorgang die Inhomogenitäten bei den Formänderungen durch Querfluss in den folgenden Stichen ausgeglichen werden können. Durch das Warmwalzen wird ein Warmband mit etwa 5 mm Banddicke erzeugt. Danach wird dieses Warmband durch Kaltwalzen auf die gewünschte Enddicke abgewalzt. Dabei muss über eine Vorsteuerung die einlaufende variable Bandbreite bei der Walzenbiegung berücksichtigt werden. Insofern ist also ein mehrstufiger Prozess notwendig, bestehend aus dem FBR und dem Warmlängswalzen mit gesteuerter Walzenbiegung.

Die Prozesskette FBR und anschließendes Umformen durch Tiefziehen oder flexible Profilierverfahren eröffnet neue Möglichkeiten für ressourceneffizienten Leichtbau. Besondere Vorteile liegen in Anwendungsgebieten, in denen größere Band- beziehungsweise Blechdicken verlangt sind und veränderliche Breiten der Träger Vorteile hinsichtlich Gewicht und Funktionserfüllung bieten. Zahlreiche Träger aus dem Fahrzeug-, Schiff- und Stahlbau genügen diesen Kriterien. Ob die technologischen Vorteile nutzbar sind, wird wesentlich von der Verkettung der Einzelprozesse abhängen. Die Vorteile bezüglich Flexibilität und Ressourcenschonung gehen einher mit der Notwendigkeit einer vorausschauenden Planung und einer strikten Umsetzung der Prozesskette.

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Das neue flexible Walzverfahren zur Produktion von Stahl- und NE-Bändern mit unterschiedlicher Bandbreite folgt dem Trend, mit flexiblen Fertigungsverfahren Produkte umweltfreundlicher und energiesparender herzustellen. Der Logistik- sowie der Steuer- und Regelungsaufwand sind dabei sicher höher als bei der konventionellen Herstellung von Bändern konstanter Breite. Die rasanten Entwicklungen im Bereich der Steuerungs- und Regelungstechnik sowie der digitalisierten Logistik dürften aber in Zukunft die Entwicklung derartiger nachhaltiger Umformverfahren unterstützen.

Mehr Effizienz im Presswerk

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