Materialprüfung Materialeinschlüsse in Gusseisenkomponenten charakterisieren
Fraunhofer-Forscher ist es nach eigener Aussage gelungen, ein Prüfverfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe sich Materialeinschlüsse wie Dross in Bauteilen aus Gusseisen detektieren, abbilden und charakterisieren lassen. Ziel ist es, bewerten zu können, ob der detektierte Dross die Belastbarkeit der Komponente so beeinträchtigt, dass er entfernt werden muss.
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Windkraftanlagen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Sie sollen über Jahre hinweg zuverlässig Strom erzeugen. Ihre Bauteile muss die eisenverarbeitende Industrie stabil, ressourcenschonend und kosteneffizient produzieren. Jedoch lassen sich Werkstoffungänzen wie Materialeinschlüsse (Dross) beim Guss oft nicht vermeiden. Diese können jedoch die Belastbarkeit von Komponenten aus Gusseisen mit Kugelgraphit deutlich herabsetzen.
Ziel: Nacharbeit an Bauteilen gering halten
„Im Gegensatz zu anderen Werkstofffehlern wie Hohlräume im Bauteil gibt es bislang kein Konzept zum sicheren Umgang mit Dross“, sagt Dr. Christoph Bleicher vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt. Der Wissenschaftler ist seit Anfang 2015 Konsortialführer des Projekts Unver-Dross-en. Dessen Ziel ist es, von der üblichen Forderung nach Drossfreiheit abzusehen – und somit auf die aufwändige Nachbearbeitung zu verzichten. Denn bisher gehen die Gießereien auf Nummer sicher: Sie entfernen den Dross großzügig und geben ausschließlich drossfreie Produkte zur Anwendung frei. Da sich der Fehler bevorzugt an der Gussteiloberfläche oder wenige Zentimeter unter der Gusshaut befindet, wird das Rohgussteil in aufwändiger Handarbeit abgeschliffen.
„Wir müssen Herstellern und Anwendern ein fundiertes Bemessungskonzept an die Hand geben, mit dem sie Dross-Grad und -Art bewerten können. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP erarbeiten wir deshalb ein experimentell abgesichertes Dross-Festigkeitsklassen-System“, so Bleicher.
Keine Regelmäßigkeit in der Drossverteilung
Den Fraunhofer-Experten soll es nun gelungen sein, ein Prüfverfahren zu entwickeln, mit deren Hilfe sie Dross detektieren, abbilden und charakterisieren können: Sie nutzen die mechanisierte Ultraschallprüfung, um die Verteilung dreidimensional abzubilden und zu vermessen. Mit magnetischen und elektromagnetischen Methoden prüfen sie zudem bearbeitete Bauteiloberflächen. Hierbei scannen sie nicht nur – wie sonst üblich – die Gießunterseite ab, sondern auch die drossbehaftete Oberseite. „Mit unserer zerstörungsfreien Prüftechnik haben wir jeweils 500 x 500 x 200 mm große Quader vermessen. Wir stellten fest, dass die Drossverteilung in den Prüflingen extrem unterschiedlich ist. Der Werkstofffehler breitet sich teils sehr großflächig an der Oberfläche aus und reicht von nur wenigen Millimetern bis hin zu einer Tiefe von mehreren Zentimetern“, berichtet Fabian Weber vom Fraunhofer-IZFP. „Eine Regelmäßigkeit lässt sich nicht ableiten“, ergängt der Wissenschaftler. Das heißt, dass auch in Zukunft jedes Bauteil einzeln untersucht werden muss. Mit den Informationen der zerstörungsfreien IZFP-Prüftechnologien kann der Hersteller jedoch erforderliche Nacharbeiten gering halten.
Nächster Schritt: Festigkeit klassifizieren
Im zweiten Projektschritt werden die Daten des IZFP für Betriebsfestigkeitsbewertungen genutzt. Hierzu entnehmen die Forscher des LBF aus den angelieferten Prüflingen positionsgenau jeweils 150 x 35 mm große Schwingproben. „Auf Basis von statischen und zyklischen Prüfmethoden ermitteln wir Festigkeitskennwerte für die unterschiedlichen Erscheinungsformen. Hierzu spannen wir die Probe in einen unserer Prüfstände ein, ziehen diese auseinander und drücken sie wieder zusammen. Insgesamt jeweils bis zu zehn Millionen Mal. Solche Versuche laufen rund zehn Tage lang“, erläutert Bleicher. Insgesamt sind während der dreijährigen Projektlaufzeit rund 500 Schwingfestigkeitsversuche vorgesehen.
Bis Ende 2017 wollen die Forscher herausfinden, ob und inwieweit drossbehaftete Proben bei Belastung schwächer werden und bei Maximallast womöglich versagen. Bekannt ist, dass Dross zu Rissbildungen führt, was die zyklische Beanspruchbarkeit des Bauteils stark reduziert. „Dennoch reichen solche Gusseisenbauteile für andere Anwendungen völlig aus“, sagt Bleicher. „Künftig bieten wir ein Konzept zum sicheren Umgang mit dem Werkstofffehler in der Bauteilauslegung, -herstellung und -freigabe von Großgusskomponenten aus Gusseisen mit Kugelgraphit. Und zwar nicht nur für Windenergieanlagen, sondern für den gesamten Anlagen- und Maschinenbau“, ist sich der Wissenschaftler sicher.
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